Toedliche Blumen
sein Körper sich zäh wie Kaugummi anfühlen würde.
Die Ermittlungen benötigten einfach einen neuen Kick, dachte er. Er fühlte sich rastlos, wollte sich nicht immer wieder dasselbe Geleier anhören. Auch wenn sie erst etwas mehr als eine Woche lang an dem Fall gearbeitet hatten, eine verschwindend geringe Zeit für derart komplexe Zusammenhänge.
Er musste nur aufpassen, dass er in seinem plötzlichen Energieschub nichts überstürzte. In seinem Hinterkopf machten sich ganz schwach die Warnsignale bemerkbar. Er hatte schon einmal voreilig gehandelt. Mit einem Pistolenlauf auf sich gerichtet dagesessen und seine Dummheit bitter bereut. Damals hatte er einen hohen Preis zahlen müssen. Nicht nur der Bauchschuss und die Operationen, die darauf folgten, sondern noch dazu das ganze Dilemma, in seinen Beruf zurückzufinden. Den Kollegen wieder in die Augen sehen zu können, Opfern und anderen Menschen in bedrohlichen Situationen gerecht zu werden. Und nicht zuletzt mit sich selber klarzukommen. Obwohl er Hilfe in Anspruch genommen hatte, hatte es eine ganze Weile gedauert, bis er sich wieder sicher fühlte und die Schuldgefühle hinter sich lassen konnte.
Aber jetzt schien es, als sei all das vergessen, auch wenn sich die Erinnerung natürlich noch in ihm befand, für immer, wie ein steinharter Kern.
»Wo wollte Louise eigentlich hin? Weißt du das?«, fragte Erika.
»Keine Ahnung.«
»Sie wirkte ziemlich angespannt.«
»Ja«, antwortete Peter Berg kurz, und man konnte hören, dass er mit seinen Gedanken weit weg war.
»Aber sie hat am Wochenende augenscheinlich eine Menge guter Ideen gehabt«, setzte Erika hinzu.
Neben dem Gebäude der Glaserei Roos waren sechs Autos geparkt. Sie stellten das Auto auf den Kundenparkplatz auf der Vorderseite. Die Fassade sah aus, als sei sie erst vor kurzem erneuert worden. Die Front war mit einer kalksteinfarbenen gleichmäßigen Oberfläche versehen.
»Ich mag solche Gebäude«, stellte Erika fest und knallte die Beifahrertür mit so einer Wucht zu, dass der Wagen leicht schwankte.
Er hätte sie gerne etwas gezügelt, ließ es aber bleiben. Im Übrigen handelte es sich ja auch nicht um sein Auto.
»Ja?«
»Ich meine Werkstätten im Allgemeinen. Mein Vater arbeitet in einer Werkstatt. Autowerkstatt. Vielleicht bin ich romantisch veranlagt, aber mir gefällt die Atmosphäre. Kann sein, dass ich neidisch auf die Männerwelt bin, auf diesen speziellen Ton unter Männern«, erklärte sie mit tiefer Stimme. »Verlässlich und geradeheraus. Wenn man mit irgendeiner Sache, die am Auto nicht funktioniert, kommt und Hilfe benötigt, schaffen sie das Problem so mir nichts, dir nichts aus der Welt.«
Peter Berg hatte das Ganze noch niemals von dieser Seite betrachtet. Sich immer gefühlt, als hätte er zwei linke Hände, weil er keineswegs so praktisch veranlagt war, wie er es gern gewesen wäre. Oder hätte sein müssen, um ins Bild zu passen. Vor einem defekten Motor oder einem losen Auspuff fühlte er sich, ehrlich gesagt, immer ziemlich hilflos.
Direkt hinter der Eingangstür lagen zwei kleine Büros nebeneinander auf der rechten Seite. Gleich auf der ersten Tür, die angelehnt war, stand der Name Ann-Christine Åkesson. Der Schreibtischstuhl in dem engen Raum war leer. Nicht einmal im Polizeigebäude hatten sie es fertig gebracht, so kleine Kabuffs für ihre Angestellten bereitzustellen. Im Nebenraum, der ebenso winzig war, saß eine junge Frau und bediente die Tastatur ihres Computers. Ihre Ohren standen erstaunlich weit ab, sodass sie mitten aus dem langen glatten Haar herauslugten. Sie erkundigten sich nach Frau Åkesson.
»Sie muss irgendwo in der Nähe sein und taucht sicher gleich wieder auf«, informierte sie das Mädchen mit den abstehenden Ohren und betrachtete sie ohne Scheu. Besonders ungeniert blickte sie Erika an, die auffallend groß und schlank war und heute ihr krauses Haar stramm nach hinten zu einem buschigen Pferdeschwanz gebunden hatte, sodass ihr charaktervolles ebenmäßiges Profil zur Geltung kam.
Sie stellten sich der jungen Frau nicht vor, sondern gingen geradewegs weiter in das Gebäude hinein, vorbei an der Toilette, die besetzt war, was man an dem roten Halbmond im Schloss erkannte. Der Korridor war kurz, woraufhin sie eine breite, offene Doppeltür passierten und schließlich in die eigentliche Werkstatt gelangten, die mit einem Garagentor nach außen verschlossen war. Im Augenblick waren gerade zwei Männer damit beschäftigt, eine neue
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