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Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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deutliche Zeichen dafür, dass sie tatsächlich lebte, ausgetrocknet und verhungert, wie sie war.
    »Ihre Mutter liegt hier, um zu Kräften zu kommen. Oder, Viola? Hatten wir das nicht so besprochen?«
    »Doch«, pflichtete sie Veronika bei und versuchte die Decke höher zu ziehen, woran ihr schwerfälliger Sohn, der wie ein Sack auf ihrer Bettkante und dem Bettzeug saß, sie allerdings hinderte.
    »Sie sind doch hier, um zu essen, weil er Ihnen zu Hause alles wegisst. Diese Mahlzeit ist für Sie, Frau Blom, und nicht für ihn!«, erklärte Veronika und warf einen bösen Blick in die Richtung des wohl genährten Sohnes, der betreten zu Boden schaute.
    »Ja, ja«, murmelte er und erhob sich schwerfällig.
    Er verschwand nicht sofort, sondern stand noch eine Weile mit seinem Schmerbauch und den bärtigen Hamsterbacken am Bett und harrte aus. Schließlich schien er jedoch einzusehen, dass er den Rest der Kaltschale, die nach wie vor einladend rot in dem tiefen Teller leuchtete, stehen lassen musste.
    »Sie können Ihre Mutter gerne besuchen, aber bitte nicht zum Essen«, rief Veronika hinter ihm her, und ihr lag auf der Zunge, ihn noch darüber zu informieren, dass die Klinik kein Gratisrestaurant für Angehörige sei. Doch sie ließ es bleiben. Es war offensichtlich, dass mit diesem Fleischklops etwas ganz und gar nicht stimmte, und dennoch schien es ihr ungerecht, sich über den Schwächeren herzumachen.
    Jedenfalls trottete er endlich von dannen. Im Schwesternzimmer wartete Lisbeth.
    »Und wie lief es?«
    »Er ist gegangen«, erwiderte Veronika.
    »Der Pflegedienst bringt ihr jeden Tag das Essen, aber er liegt wahrscheinlich auf der Lauer, denn kurze Zeit später taucht er auf und schaufelt alles in sich hinein, haben sie berichtet.«
    »Vielleicht möchte Viola es so.«
    »Meinst du?«
    »Auf diese Weise bekommt sie wenigstens Gesellschaft. Erkauft sie sich, sozusagen. Nicht alle können mit ihrer Einsamkeit umgehen.«
    »Oder Mutterliebe?«
    »In diesem Fall grenzenlose«, stellte Veronika fest. »Wie ein Kuckucksei im Vogelnest.«
    Als sie den Korridor entlangging, um Daniel Skotte in der Notaufnahme mit einem Kind zu helfen, hörte sie Viola Blom durch die offene Tür nach ihr rufen. Veronika glaubte, dass die alte Frau sich für ihren Sohn entschuldigen wollte, was Veronika eigentlich weder erwartete noch gewollt hätte – gewisse Phänomene lassen sich nun mal nicht ändern –, doch sie schien etwas anderes auf dem Herzen zu haben.
    »Ich traue mich nicht mehr, zu Hause zu sein«, sagte die ausgezehrte Dame schwach und versuchte sich noch kleiner zu machen, was kaum möglich war.
    »Und warum nicht?«, fragte Veronika mit mäßigem Engagement, weil sie sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass zumindest für den heutigen Tag genug Wirbel um Viola Blom gemacht worden war.
    »Gestern waren Polizeiautos in meiner Straße. Sie haben eine alte Frau im Haus gegenüber niedergeschlagen.«
    »Ja?«
    Veronika dachte nach.
    »Kamen Sie deshalb gestern hierher?«
    Viola Blom nickte von ihrem Kissen aus.
    »Aber warum haben Sie uns nichts davon erzählt?«
    »Es hatte wohl keiner die Geduld, mir zuzuhören«, entgegnete sie anklagend.
    Veronika überging den Vorwurf und schaute auf das abgemagerte Wesen vor ihr im Bett. Ihr fiel keine einigermaßen kluge Antwort ein, mit der sie die Frau hätte beruhigen können.
    »Und woher wissen Sie das alles?«
    Der Mund der Patientin verzog sich zitternd zu einem schwachen Lächeln.
    »Man verfolgt immerhin das Tagesgeschehen.«
    »Ja, und in welcher Form?«
    »Fernsehen. Zeitung.«
    »Aha«, sagte Veronika und legte beruhigend ihre Hand auf Viola Bloms Schulter. »Sie brauchen keine Angst mehr zu haben. Die Polizei kümmert sich um alles. Aber nun muss ich leider weiter.«
    Veronika machte einige Schritte in Richtung Tür.
    »Außerdem sitze ich am Fenster und schaue hinaus«, gab Viola Blom von sich, um Veronika zurückzulocken. »Ich habe einiges gesehen«, blinzelte sie verschmitzt.
    Veronika kam wieder zurück.
    »Und warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?«, wollte sie wissen.
    »Ich?«
    »Ja, Sie. Vielleicht haben Sie etwas zu berichten, das wichtig ist«, meinte Veronika.
    »Ich doch nicht«, gluckste Viola Blom und rollte mit dem Kopf auf dem Kissen hin und her.
    »Doch, gerade Sie«, entgegnete Veronika mit Bestimmtheit. »Vielleicht haben Sie etwas gesehen, das für die Polizei von Bedeutung ist.«
    Viola sah regelrecht hinterlistig aus, als sie mit ihrem

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