Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman
verbrannt?“
„Nicht lebendig. Wird vorher getötet.“
„Getötet? Von wem?“
„Von Todesengel. Alte Zauberin dort, die Ihr seht tanzen mit Seil und Messer. Seil für Hals und Messer für Herz. Tanz ist Bitte um Erlaubnis der Götter.“
„Heißt das nun“, fragte Odo mit sichtlichem Unbehagen, „dass dieser Todesengel sein Werk schon verrichtet hat, wenn wir dort eintreten, in die Hütte auf dem Schiff?“
„Nein“, erwiderte Sparuna. „Gemahlin von Knes ist noch am Leben. Liegt lebendig neben totem Gemahl. Müssen ja Vornehme und Verwandte erst von ihr Abschied nehmen. Danach sie wird sterben.“
„Und wie nimmt man von ihr Abschied? Spendet man auch ihr ein paar Tropfen?“
„Ja, aber nicht von Getränk.“
„Was heißt das?“
„Wer Freund von Knes, liegt bei Gemahlin.“
„Wie? Er liegt bei ihr … er paart sich mit ihr?“
„Ist letzter Dienst für Freund.“
„Und der Freund … der Tote … der leistet ihm dabei Gesellschaft? In dem Häuschen dort? Hinter dem Vorhang? Auf dem Schiff?“
„Ist so Brauch bei uns“, sagte Sparuna nun schroff, um weitere Fragen abzuwehren. „Ist aber nicht Pflicht für alle. Nur für Verwandte, Vornehme, enge Vertraute.“
„Vertraute sind wir ja!“, nahm ich hastig das Wort, das Odo im Halse steckenblieb. „Ehrliche Freunde! Aber der Brauch ist uns fremd. Und wir begnügen uns besser damit, uns von dem toten Knes allein zu verabschieden. Das werdet ihr doch sicher verstehen.“
„Ja, wir verstehen, Herr Lupus“, beeilte sich Sparuna zu versichern. „Auch Knes Slawomir wird verstehen. Sagte ich, ist nichts für fränkische Herren, Boten von Kaiser Karolus Magnus. Ist für sie barbarische Sitte, beleidigt sie. Ich verspreche, dass toter Knes wird zuerst auf Schiff sein. Ihr nehmt Abschied. Gemahlin folgt später.“
„So sei es“, sagte Odo. „Wann wird denn der Leichnam gebracht?“
„Da sind sie schon!“, sagte Sparuna und deutete auf einen Zug, der in diesem Augenblick unter dem Burgtor erschien und sich näherte.
„Gut. Wir werden kommen.“
Der Sichelbart wandte sich ab, und ich bemerkte an seiner Miene, dass er offenbar froh war, seinen Auftrag erledigt zu haben. Er wollte sich eilig entfernen, aber ich rief ihn zurück.
„Noch etwas, Herr Lupus?“
„Ja. Ich benötige noch eine Auskunft von dir. Wir wollen euch besser verstehen, Sparuna, und deshalb mehr über euch erfahren. Wer ist die Frau, die ihr auf das Totenschiff bringen werdet … die Gemahlin des Toten, die ihn begleiten soll? Ist es die mit dem weißen Haar, die uns so heftig begrüßte, die Mutter des neuen Knes? Und noch eine Frage: Ist das Opfer der Frau ein freiwilliges?“
Sparuna seufzte, zog die Stirn in Falten, zupfte an seinem Bart.
„Ist schwierige Frage, Herr Lupus, schwierige Frage. Nein, Gemahlin macht Reise nicht freiwillig. Und ist auch nicht Frau Dragomira, Mutter von neuem Knes Slawomir. Frau Dragomira wollte gern, weil immer Erste unter den Frauen. Aber ist Beschluss von Verwandten und Ältesten: Auf Reise geht Lieblingsfrau von Knes Ratibor. Noch gestern er sagte: Sterbe ich mal, gebt diese mit! Ist jung und schön, ist nun Lieblingsfrau!“
„Wer ist es?“, schrie Odo, dem plötzlich ein furchtbarer Verdacht kam. Er starrte den alten Wenden so drohend an, dass der vorsichtshalber zwei Schritte zurückwich.
„Ist jüngste Ehefrau von Knes Ratibor, Tochter von Graf Waratto, unglückliche“, sagte er leise.
„Wie? Was? Du lügst doch! Nein, nein, das kann ich nicht glauben, Schurke! Ihr wollt das entführte Mädchen nun auch noch umbringen? Wollt sie ermorden? Die Tochter eines fränkischen Grafen?“
„Nicht ermorden, Herr Odo … Ist Sitte bei uns, Lieblingsfrau …“
„Eure widerwärtigen Sitten, mit denen ihr angeblich euern Göttern dient, sollte man euch austreiben! Diesen Unfug treibt ihr nun seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden! Ist euch klar, dass das Folgen haben wird? Schreckliche Folgen? Erst die Entführung, nun noch ein Mord!“
„Ich selber bedauere, Herr Odo … doch kann nichts tun … Ist Brauch, ist Beschluss …“
Odo polterte und grollte, doch nicht lange, denn es war klar, dass so nichts erreicht werden konnte. Ich griff auch gleich beschwichtigend ein, damit wir nicht an der falschen Stelle Feuer legten. Sparuna gehörte hier zwar zum engeren Kreis der Verwandten des alten und neuen Knes, aber infolge seiner langen Abwesenheit war zu bezweifeln, dass er viel Einfluss hatte. Er hätte sonst
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