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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Schulter. »Wir machen nachher weiter, ich lese das unterwegs fertig. Trinken Sie einen Kaffee, es wird ein bisschen dauern, bis ich wieder zurück bin.«
    Kanther blieb, wenn man von dem unauffälligen Aufpasser auf dem Stuhl an der Wand absah, mit der Protokollführerin allein zurück. Beide sahen sich unschlüssig an.
    »Also dann«, ergriff Kanther nach einer Weile kleinlaut das Wort, »einen Kaffee bitte. Schwarz und ohne Zucker.«
    Die Dame schnaubte verächtlich und raffte ihre Unterlagen zusammen. »Das wäre ja noch schöner!«, knurrte sie und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
    Auf seinen Kaffee wartete Kanther vergeblich.
     
    Das Laufhaus glich, ungeachtet der nachtschlafenden Zeit, einem Wespennest, dessen Bewohnerinnen aufgeregt und aggressiv durch die Gänge schwirrten. Der Weg von der Eingangstür zum Apartment im vierten Stock kam Nora vor wie ein Spießrutenlauf. An den wenigen Stellen, an denen sich keine Polizeibeamte befanden, standen die Mädchen frierend, schnatternd und schimpfend herum. Doch sobald Nora die Grüppchen passierte, wurde die Fremde mit verächtlichen Blicken bedacht – eine Frau in Zivil, eine attraktive noch dazu, hießen sie in einem Bordell so willkommen wie eine Geschlechtskrankheit.
    Der Zwischenfall ereignete sich, als Nora irrtümlicherweise im dritten Stock nach Richter Ausschau hielt. Sie war am Ende des Ganges angelangt und hatte gerade den Rückweg zum Treppenhaus angetreten, als sich ihr im roten Dämmerlicht einige Mädchen in den Weg stellten. Die meisten von ihnen schienen kaum volljährig zu sein und trugen Leder, Lack und Metall in rauen Mengen zur Schau. Ihre Haltungen und ihre Blicke verrieten deutlich, wessen Revier dieses Stock- werk war und wie man üblicherweise mit Eindringlingen ver- fuhr. Nora sah Augenbrauen-, Lippen- und Zungenpiercings aufblitzen und sie stellte sich reflexartig die Frage, welche Körperzonen außerdem noch ›versilbert‹ worden waren, um die Pornofilmfantasien der Kunden zu befriedigen.
    Eine der Huren, muskulös und mit weißblonder Kurzhaarfrisur, baute sich drohend vor ihr auf. Instinktiv zog Nora ihren Dienstausweis heraus und hielt ihn ihr unter die Nase. »Nora Winter, Kripo Frankfurt. Wissen Sie, in welchem Stockwerk sich meine Kollegen aufhalten?«
    Die Kurzhaarfrisur schüttelte mit gespielter Überraschung den Kopf. »Wie krass is das denn! Wie wollt ihr Bullen denn den Mörder fangen, wenn ihr nich mal den Weg zum Tatort findet?« Sie sah sich Beifall heischend um.
    Nora merkte, dass Höflichkeit hier in eine Sackgasse führen würde, also versuchte sie, die Wortführerin beiseitezuschieben. Aber die Frau war groß und kräftig und machte keine Anstalten, auch nur eine Handbreit zu weichen. Die anderen Mädchen schlossen die Reihen.
    Die Wortführerin zeigte mit dem Finger auf die Polizistin. »Oder wollt ihr den vielleicht gar nich fangen?«, fuhr sie fort. »Ich glaub fast, es passt euch ganz gut in den Kram, dass so ein Killer euch die Arbeit abnimmt und uns aus dem Weg räumt!« Sie stocherte mit ihrem Zeigefinger auf Noras Schlüsselbein herum.  
    Die packte die Hand der Frau und drückte sie gegen beachtlichen Widerstand nach unten.
    »Fass mich bloß nich an, Bullenfotze!«, keifte die Frau und riss ihre Hand weg. Eines der Mädchen schnappte erschrocken nach Luft. Als die Anführerin begriff, dass Nora davon absah, sie wegen Beamtenbeleidigung abführen zu lassen, grinste sie frech. Dann verschwand ihre Hand hinter ihrem Rücken und eines der anderen Mädchen schien ihr etwas zu geben.
    Eine Sekunde später schnellte ihr Arm wieder nach vorne, es blitzte hell auf und rote Punkte tanzten vor Noras Augen, die sich an das Halbdunkel gerade erst gewöhnt hatten. Tränen liefen ihre Wangen hinunter, eine Nachwirkung des Blitzlichts.
    »Wenn der Kerl das nächste Mal hier auftaucht, zeig ich ihm einfach ein Foto von deinem wunderschönen Gesicht und frag ihn, ob er nicht lieber dich ficken will. Was hältst du davon?« Die Anführerin blickte triumphierend in die Runde, sich ihrer Macht versichernd. Jetzt kann ich mit dir machen, was ich will, ließ ihre Miene erkennen.  
    Unter lautem Gejohle ging das Handy mit Noras Foto im Kreis herum.
    Nora dachte fieberhaft nach. Die Lage würde sich kaum durch Reden entspannen. Alleine gegen fünf standen ihre Chancen, sich zu behaupten, eher schlecht. Sie konnte es nur mit demonstrativer Autorität versuchen und hoffen, genug Zeit zu gewinnen, bis ein Kollege sie

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