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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Geräusch wurde durch das Fensterglas zu einem kaum hörbaren Widerhall gedämpft. Ihre Beine und Pfoten waren voller Schlamm, und ich sah deutlich, wie die Regentropfen auf ihr Fell prallten. Hinter ihr war ein breiter Trampelpfad durchs Unterholz getreten worden, und ich konnte weiße Flecken ausmachen, wo in Bodenhöhe eine Reihe junger Triebe abgeknickt worden war. Vielleicht war ein Bootsanhänger hier ans Ufer gerollt worden, um ein Motorboot zu Wasser zu lassen. In der Ferne hörte ich Trudys Besitzerin pfeifen, gefolgt von ihrem hörbaren Ruf: »Trudy! Truuudy ! «
    Trudy blickte bedauernd über die Schulter, hin- und hergerissen zwischen ihrer neuesten Obsession und dem Bedürfnis zu gehorchen. Der Gehorsam siegte. Sie hopste die Anhöhe hinauf und verschwand hinter der Kuppe. Ich hob den Blick zu Fionas Haus, wo nacheinander die Lichter angingen, vermutlich von einem Timer gesteuert. Ich zoomte auf ihr Schlafzimmerfenster, konnte dort aber keine Bewegung feststellen. Seltsam davon berührt, dass sie scheinbar ganz nahe wohnte, hätte ich fast eine Hand ausgestreckt, um eine Fensterscheibe zu berühren. Mit dem Auto lag ihr Haus zweieinhalb Kilometer entfernt, wenn man den langen Weg nahm. Ihre Seite des Stausees war gesprenkelt von teuren Villen, während diese Seite schäbig war: holzverschalte Häuser, die vermietet wurden und keinen nennenswerten Marktwert hatten. Ich fragte mich, ob Lloyd klar war, wessen Haus er da ins Visier genommen hatte. Ich überlegte, ob er wohl in ihr Schlafzimmerfenster glotzte und ihr abends beim Ausziehen zusah.
    Ich wechselte ein weiteres Mal die Blickrichtung und fühlte mich dabei wie ein Vogel, der über die Seeoberfläche gleitet. Schließlich hielt ich am schmalen Ende des Stausees inne, wo sich die Vegetation dicht bis ans Ufer zog. An einem Zaunpfosten hing ein Schild, und ich konnte die größer geschriebene Zeile entziffern: Schwimmen und Bootfahren waren verboten. Das Licht wurde rasch dämmriger, und ich merkte, wie ich mich anstrengte. Ich hob den Blick und starrte in die zunehmende Dunkelheit. Was hatte ich gesehen?
    Ich schloss die Augen, und als ich sie wieder öffnete, merkte ich, wie sich meine Wahrnehmung verschob. Der Wandel war plötzlich, wie bei dem Test, durch den man feststellt, welches Auge dominant ist. Man bedeckt das linke Auge mit der Handfläche und starrt auf den rechten Zeigefinger, den man in Armeslänge vor das Auge hält. Dann nimmt man die Hand vom linken Auge und bedeckt stattdessen das rechte. Wenn man durch das dominante Auge blickt, bleibt die Ausrichtung des Fingers gegenüber dem Hintergrund konstant. Benutzt man aber das nicht dominante Auge, scheint der Finger zu einer Seite zu hüpfen. In Wirklichkeit ändert sich natürlich nichts. Der Finger bleibt, wo er war, doch das Gehirn registriert eine Veränderung. Beklommenheit wallte in mir auf, und ich bekam Herzklopfen.
    Ich wandte mich um und trottete die Stufen hinab. Leila tauchte lang genug aus ihrer Trance auf, um mich anzusehen. Sie lag ausgestreckt auf dem Sofa. Ihre strumpfsockigen Füße ruhten auf der Armlehne, und ihre Wanderstiefel standen auf dem Boden.
    »Ich muss ein paar Minuten weg. Kommst du alleine klar?«, fragte ich.
    »Ich bin ständig alleine hier«, erwiderte sie beleidigt.
    »Prima. Ich brauche nicht lange, aber ich wäre froh, wenn du hierbleiben würdest, bis ich zurückkomme. Einverstanden?«
    »Yeah.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Fernseher zu und zappte durch mehrere Programme, bis sie sich schließlich für einen alten Tom-und-Jerry -Zeichentrickfilm entschied.
    Ich schloss die Haustür hinter mir und tappte vorsichtig den matschigen Weg entlang zum Auto. Das Licht schwand nach und nach vom Himmel, und die Temperatur fiel. Der Regen war zwar nicht stark, aber trotzdem lästig. Ich schloss den Wagen auf und setzte mich hinters Steuer. Dann fasste ich hinüber und klappte das Handschuhfach auf. Ich nahm meine Taschenlampe heraus und drückte auf den Knopf, um erfreut festzustellen, dass die Batterie noch frisch war. Ich schaltete die Lampe wieder aus, legte sie auf den Beifahrersitz, ließ den Wagen an und stieß rückwärts aus Lloyds kurzer Einfahrt. Ich wendete und fuhr in Richtung Hauptstraße. An der Kreuzung bog ich rechts ab, fuhr knapp einen Kilometer, bog an der Old Reservoir Road erneut rechts ab und begann den kurvenreichen Anstieg. Die Biegungen waren mir zwar mittlerweile vertraut, doch ich fuhr mit klopfendem Herzen und

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