Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
und schloß die Tür. »Du siehst ganz blaß aus.« Verdammt, dachte er, sie wirkt ja zerbrechlich wie Glas. »Warum setzt du dich nicht hin?«
»Ich würde mich gerne setzen.« Sie folgte ihm in das erste Zimmer, das von der Diele abging.
Mit dem ersten verwirrten, flüchtigen Blick, mit dem sie sich im Zimmer umsah, nahm sie einfach nur wahr, daß hier ein Mann lebte. Keine Verzierungen, keine Volants, nur stabile, ehrwürdige alte Möbel, die unaufdringlich Wohlstand und maskulinen Geschmack verrieten. Deanna entschied sich für einen Sessel mit hoher Rückenlehne, der vor dem Kamin stand. Ein niedriges Feuer brannte und spendete behagliche Wärme.
Ohne zu fragen, ging er zu einer geschwungenen Vitrine hinüber und wählte eine Karaffe mit Brandy aus. Welcher Gedanke sie auch gerade quälen mochte, er reichte so tief, daß er sie veranlaßte, sich zurückzuziehen.
»Trink das hier, und dann erzähl mir, was dich gerade so beschäftigt.«
Sie nippte kurz am Brandy und begann zu sprechen.
»Komm, trink es aus«, unterbrach er sie ungeduldig. »Sogar die verwundeten Soldaten im Irak hatten mehr Farbe im Gesicht als du jetzt.«
Sie nahm einen weiteren, diesmal etwas größeren Schluck und fühlte, wie die Wärme mit dem Eis kämpfte, das ihren Magen frösteln ließ. »Ich möchte dir etwas zeigen.« Deanna
öffnete ihre Handtasche, nahm die Zeitung heraus. »Das solltest du erst einmal lesen.«
Er warf einen kurzen Blick auf die Zeitung. »Den Artikel habe ich bereits gesehen.« Mit einer verächtlichen Geste tat er ihn ab. »Du wirst doch wohl soviel Verstand haben, dich nicht weiter mit diesem Blödsinn zu befassen, oder?«
»Hast du ihn auch gelesen?«
»Ich habe im Alter von zehn Jahren aufgehört, schlecht geschriebene und frei erfundene Geschichten zu lesen.«
»Lies ihn bitte jetzt«, beharrte Deanna.
Er warf ihr noch einen langen, besorgten, verwirrten, forschenden Blick zu, dann willigte er ein.
Deanna konnte nicht ruhig sitzenbleiben. Während Finn las, stand sie auf, lief im Zimmer umher und griff nervös nach Erinnerungsstücken und allem möglichen Schnickschnack. Sie hörte, wie das Zeitungspapier in seinen Händen raschelte, hörte sein leises, grimmiges Fluchen, sah sich jedoch nicht nach ihm um.
»Die könnten ja zumindest Leute beschäftigen, die in der Lage sind, einen annehmbaren Satz zu schreiben«, meinte Finn schließlich. Ein Blick auf ihren starren Rücken ließ ihn seufzen. Er warf die Zeitung beiseite, stand auf und ging zu ihr hinüber, um seine Hände auf ihre Schultern zu legen. »Deanna …«
»Laß das.« Sie trat einen raschen Schritt von ihm weg und schüttelte den Kopf.
»Um Himmels willen, du wirst doch wohl nicht zulassen, daß irgendein Artikel eines schmierigen Journalisten dich völlig umhaut.« Es war ihm nach wie vor unmöglich, etwas gegen ihre Ungehaltenheit oder die Enttäuschung, die in ihrer Reaktion zum Ausdruck kam, auszurichten. »Du stehst im Rampenlicht und hast dir das selbst ausgewählt. Sieh zu, daß du ein dickeres Fell kriegst, Kansas, oder geh wieder zurück zu den Mittagsnachrichten.«
»Glaubst du es?« Die Arme eng über die Brust verschränkt, wirbelte sie herum.
Finn konnte machen, was er wollte, er wußte einfach nicht, wie er mit ihr umgehen sollte. Vielleicht klappte ja der
Versuch, sie ein wenig zu belustigen. »Daß du eine Art aufreizende Nymphomanin bist? Wenn das so wäre, wie konntest du mir dann so lange widerstehen?«
Er hoffte, sie würde lachen, auch mit einer verärgerten Antwort hätte er sich zufriedengegeben. Doch statt dessen begegnete ihm nur frostiges Schweigen. »Es ist nicht alles gelogen«, meinte sie schließlich.
»Du meinst, du bist tatsächlich während deiner Zeit auf dem College auf ein paar Parties gegangen, hast einige Biere getrunken und mit einem Sportler auf den Putz gehauen?« Er schüttelte den Kopf. »Nun, ich bin schockiert und desillusioniert und heilfroh, daß ich das herausgefunden habe, bevor ich dich fragte, ob du mich heiraten und mir Kinder schenken willst.«
Auch dieser Scherz brachte sie nicht zum Lachen. Ihre ausdruckslosen Augen bekamen einen Ausdruck der Verzweiflung. Dann brach sie in Tränen aus.
»Herrgott, Liebes, hör auf damit. Komm schon, Deanna, laß das!« Nichts hätte ihn mehr entmutigen können. Verlegen und über sich selbst fluchend, nahm er sie in die Arme und beschloß, sie einfach festzuhalten, auch wenn sie sich dagegen sträuben sollte. »Tut mir leid.« Was ihm leid
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