Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
seinem Inneren sein mochte, während der Pilot sich verzweifelt bemühte, die Nase des Flugzeugs oben und die Maschine gerade zu halten. Der Krach mußte ohrenbetäubend sein.
»Fast«, flüsterte sie und vergaß die Kamera, das Mikrofon und die Zuschauer. Wie gebannt starrte sie auf das Flugzeug. Sie sah das Fahrgestell, dann das hellrot, weiß und blau gefärbte Emblem der Fluglinie an der Seite. Im Kopfhörer hörte sie nur noch statische Störungen.
»Ich kann Sie nicht mehr hören, Martin. Bleiben Sie dran.«
Sie hielt den Atem an, als die Räder mit einem harten Schlag auf der Rollbahn aufsetzten, schleuderten, wieder hochprallten, und das Flugzeug schwankend und schlitternd an den aufblitzenden Lichtern der Rettungsfahrzeuge vorbei die Rollbahn entlangraste.
»Es schleudert«, rief sie. »Unter der linken Tragfläche ist Rauch zu sehen. Ich kann das Kreischen der Bremsen hören. Das Flugzeug wird jetzt eindeutig langsamer. Noch hat der Pilot es allerdings nicht unter Kontrolle.«
Die Tragfläche neigte sich, kratzte über die Rollbahn und ließ einen Funkenregen hochschießen. Deanna beobachtete, wie die Funken mit einem Zischen in der Nässe erloschen und das Flugzeug herumschwenkte. Dann erzitterte es ein letztes Mal und blieb schließlich mit einem heftigen Ruck schräg auf der Landebahn stehen.
»Es ist gelandet. Flug 1129 befindet sich auf dem Boden.«
»Deanna, können Sie den Schaden abschätzen?«
»Von hier aus nicht. Ich habe nur an der linken Tragfläche Rauch gesehen, womit sich unsere inoffiziellen Berichte über einen Schaden im Bereich der Düse an der linken Tragfläche bestätigen könnten. Die Rettungsmannschaften haben einen Schaumteppich gelegt, Krankenwagen stehen bereit. Gerade öffnet sich die Tür, Martin, und die Notrutsche wird herabgelassen. Ah ja, jetzt sehe ich, wie die ersten Passagiere evakuiert werden.«
»Geht noch näher heran«, befahl der Produktionsleiter. »Wir schalten zu Martin zurück, das verschafft euch die nötige Zeit.«
»Wir gehen jetzt noch ein wenig näher heran und bringen Ihnen dann mehr über Flug 1129, der gerade in O’Hare gelandet ist. Deanna Reynolds für die CBC.«
»Ihr seid nicht mehr auf Sendung. Also, los mit euch!« rief der Produktionsleiter.
»Verdammt noch mal!« Die Aufregung ließ Joes Stimme eine Oktave in die Höhe rutschen. »Was für Bilder! Was für Bilder!«
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und entgegnete nur: »Komm schon, Joe, laß uns sehen, ob wir noch ein paar Interviews bekommen können.«
Sie eilten zur Landebahn, während immer mehr Passagiere die Notrutsche herunter in die Arme der wartenden Männer und Frauen vom Rettungsdienst glitten. Als die beiden den Fahrzeugpulk erreicht hatten und wieder alles für die Übertragung vorbereiteten, waren bereits ein halbes Dutzend Menschen sicher ins Freie gelangt. Eine Frau saß auf der Erde und weinte in ihre verschränkten Arme hinein. Mit der Zielstrebigkeit eines Journalisten nahm Joe alles auf.
»Benny, wir sind jetzt am Schauplatz des Geschehens. Bekommst du alles gut herein?«
»Hervorragend. Beste Bilder. Wir schalten euch wieder live dazu. Bringt mir einen der Passagiere, bringt mir …«
»Riley«, rief Joe. »Hey, Finn Riley!«
Deanna blickte zur Rutsche zurück und sah gerade noch, wie Finn herunterglitt. Als er hörte, wie sein Name gerufen wurde, drehte er den Kopf. Die Augen als Schutz vor dem herunterstürzenden Regen zusammengekniffen, konzentrierte er sich auf die Kamera und grinste.
Trotz des Metallkoffers, den er umklammerte, kam er sanft auf dem Boden auf. Regen tropfte ihm aus den Haaren, glitt über seine Lederjacke und durchtränkte seine Stiefel.
Mit federnden Schritten legte er die Entfernung von der Rutsche bis zur Kamera zurück.
»Du Glückspilz!« strahlte Joe und gab Finn einen freundschaftlichen Stoß gegen die Schulter.
»Schön, dich zu sehen, Joe. Entschuldige mich einen Moment.« Ohne jede Vorwarnung packte er Deanna und küßte sie heftig auf den Mund. Sie hatte gerade die Zeit, die Hitze zu spüren, die sein Körper ausstrahlte, fühlte den leichten Stromstoß, als sein Mund den ihren berührte, den kurzen
Kraftausbruch, dann hatte er sie auch schon wieder losgelassen.
»Ich hoffe, Sie hatten nichts dagegen.« Er schenkte ihr ein charmantes Lächeln. »Ich wollte eigentlich die Erde küssen, aber Sie sahen einfach viel besser aus. Kann ich mir die für einen Moment ausleihen?«
Schon nahm er ihr den Kopfhörer ab.
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