Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
»He!«
»Wer hat die Produktionsleitung?«
»Benny. Und ich …«
»Benny?« Er schnappte sich ihr Mikrofon. »Ja, ich bin’s. Dann ist mein Anruf also bei euch angekommen.« Er lachte in sich hinein. »Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Für die Nachrichtenredaktion tue ich doch alles.« Er lauschte einen Moment, dann nickte er. »Kein Problem. Wir sind in zehn Sekunden live auf Sendung«, informierte er Joe. »Können Sie kurz darauf aufpassen?« fragte er Deanna und stellte seinen Koffer neben ihren Füßen ab. Dann schob er sich die Haare aus dem Gesicht und blickte in die Kamera.
»Sie hören Finn Riley mit einem Livebericht vom Flughafen O’Hare. Heute abend um sechs Uhr zweiunddreißig wurde Flug 1129 von London nach Chicago vom Blitz getroffen.«
Deanna wunderte sich, daß der Regen, der über ihre Kleidung rann, nicht zischte, als sie Finn bei seinem Bericht beobachtete. Bei ihrem Bericht, verbesserte sie sich. Zwei Minuten, nachdem dieser hinterhältige Mistkerl auf dem Boden aufgekommen war, hatte er sich über sie hergemacht, ihr ihren Beitrag gestohlen und ihr Aufgaben zugeschustert, die eines Laufburschen würdig waren.
Und dazu war er auch noch gut. Deanna schäumte vor Wut, als sie zusah, wie er die Zuschauer auf die Odyssee des Fluges 1129 von London nach Chicago mitnahm. Doch eigentlich war das keine Überraschung. Sie hatte schon früher seine Berichte gesehen – aus London, natürlich, und aus Haiti, Mittelamerika, dem Nahen Osten.
Sie hatte sogar für einige dieser Berichte die einleitenden Worte gesprochen.
Aber darum ging es jetzt nicht.
Er hatte ihr einfach ihren Teil der Berichterstattung weggenommen.
Vielleicht hatte er ihr ja die Schau stehlen können, aber Deanna beschloß, es ihm nicht so leicht zu machen, sich einfach ihren Beitrag anzueignen.
Interviews zu führen war eine ihrer Stärken, entsann sie sich und rang darum, ihre Fassung wiederzugewinnen. Daraus bestand ihre Arbeit, und genau das würde sie jetzt tun. Und zwar in hervorragender Weise.
Sie drehte Finn den Rücken zu, beugte sich nach vorne, um sich vor dem herunterprasselnden Regen zu schützen und machte sich auf die Suche nach geeigneten Passagieren.
Wenige Augenblicke später tippte jemand gegen ihren Rücken. Sie drehte sich um, hob eine Braue. »Brauchen Sie noch etwas?«
»Einen Brandy und ein prasselndes Feuer.« Finn wischte sich den Regen aus dem Gesicht. Nichts schien ihn bremsen zu können. Das Chaos, die Unverzüglichkeit, mit der er seinen Bericht hatte abgeben können, und die einfache Tatsache, nicht ums Leben gekommen zu sein, spornten ihn an. »In der Zwischenzeit könnten wir den Bericht mit ein paar Interviews abrunden. Ein paar Passagiere, Leute vom Rettungsdienst – vielleicht mit etwas Glück auch einige Mitglieder der Besatzung. Für einen Sonderbericht vor den Spätnachrichten sollten wir das jedenfalls im Kasten haben.«
»Ich habe bereits ein paar Passagiere zusammenbekommen, die gewillt sind, sich mit mir während der Sendung zu unterhalten.«
»Gut. Nehmen Sie Joe und erledigen Sie das. Ich werde währenddessen versuchen, irgendwie an ein Interview mit dem Piloten heranzukommen.«
Bevor er sich abwenden konnte, schnappte sie sich seinen Arm. »Ich brauche mein Mikrofon.«
»Oh, aber selbstverständlich.« Er reichte es ihr, dann übergab er ihr auch den Kopfhörer. Sie sieht aus wie ein nasser Hund, dachte er, aber nicht wie eine Promenadenmischung, sondern wie einer jener aristokratischen afghanischen Windhunde, die das Kunststück fertigbringen, auch unter den schlimmsten Bedingungen Würde und Stil zu bewahren. Sein Vergnügen darüber, am Leben zu sein, steigerte sich
noch. Es war die reine Freude, zu beobachten, wie sie ihn wütend anfunkelte. »Ich kenne Sie, nicht wahr? Sind Sie nicht bei den Morgennachrichten? «
»In den letzten Monaten war ich nur im Mittagsmagazin zu sehen.«
»Herzlichen Glückwunsch.« Er konzentrierte sich bewußter auf sie. Das verschleierte Blau seiner Augen wurde klar und durchdringend. »Diana – Nein, Deanna. Stimmt’s?«
»Sie haben ein gutes Gedächtnis. Ich glaube nicht, daß wir schon vorher einmal miteinander gesprochen haben.«
»Nein, aber ich habe etwas von Ihrer Arbeit mitbekommen. Sie war recht gut.« Sein Blick irrte schon wieder suchend umher. »Im Flugzeug waren auch einige Kinder. Wenn Sie sie nicht ans Mikrofon bekommen, sollten Sie sie zumindest vor die Kamera bringen. Schauen Sie, da ist ja die Konkurrenz.« Er
Weitere Kostenlose Bücher