Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
beobachtete ihn über den Rand ihres Glases hinweg.
Nicht mehr hinter der Bar hervorzukommen, war vielleicht ein Zeichen von Feigheit, aber Finns Blick war direkt, fest und kühl. »Wir hatten einige gute Zeiten, Angela, aber es gibt keinen Weg mehr zurück.«
»Wir gehen weiter voran«, pflichtete sie ihm bei. Sie führte seine Hand an ihre Lippen, zog die Fingerspitze in ihren Mund. »Wir waren so gut zusammen, Finn. Daran erinnerst du dich doch, oder?«
»Daran erinnere ich mich.« Sein Blut reagierte, indem es wild durch seine Adern pochte. Innerlich fluchte er darüber, daß er genauso hirnlos war wie ein Pawlowscher Hund. »Es wird nur nicht mehr funktionieren.«
Ihre Zähne zwickten heftig ins Fleisch, was ihn überraschte und zugleich erregte. »Da irrst du dich«, murmelte sie. »Und das werde ich dir beweisen.« Erneut läutete es an der Tür. Angela lächelte. »Später.«
Finn fühlte sich wie in einem samtenen Gefängnis. Im Haus drängten sich die Menschen. Freunde, Mitarbeiter, Kollegen, die hohen Tiere des Senders, alle feierten begeistert seine Rückkehr. Das Essen war phantastisch und exotisch, die leise Musik erinnerte an Blues. Am liebsten wäre er allem entflohen.
Es machte ihm nichts aus, sich danebenzubenehmen, aber er wußte genau, daß Angela bei einem Versuch seinerseits, die Party zu verlassen, ihm eine Szene machen würde, deren Widerhall von der Ost- bis zur Westküste zu hören wäre. Und es waren einfach zu viele Berufskollegen da, als daß eine heftige Auseinandersetzung sich nicht sofort in allen möglichen Berichten niederschlagen würde. Und er zog es vor, über Ereignisse zu berichten, als selbst zum Gegenstand von Berichten zu werden. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf beschloß er, die Sache einfach durchzustehen, auch wenn ihm am Ende dieser schier endlosen Party unausweichlich eine unangenehme Kraftprobe mit Angela bevorstand.
Wenigstens war die Luft auf der Terrasse klar und frisch. Er war ein Mann, der den Duft von Frühlingsblumen und frisch gemähtem Rasen schätzen konnte, in den sich die Parfüms
der Frauen und der Wohlgeruch würziger Speisen mischten. Auch hier hätte er es vielleicht genossen, allein zu sein, um die Nacht ganz in sich aufzunehmen, aber er hatte gelernt, flexibel zu sein, wenn es keine andere Wahl gab.
Und er hatte die Gabe, anderen zuzuhören und sich mit ihnen unterhalten zu können, während seine Gedanken abschweiften. Im Augenblick ließ er sie zu seinem Blockhaus wandern, wo er jetzt mit einem Buch und einem Brandy am Feuer sitzen oder Köder vorbereiten würde, und zwar allein. Die Phantasie, allein zu sein, ließ ihn endlose Debatten über Programmgestaltung und Einschaltquoten überstehen, ohne aus dem seelischen Gleichgewicht zu geraten.
»Ich sage dir, Riley, wenn der Dienstagabend nicht besser wird, steht der Nachrichtenabteilung eine weitere Kürzung ins Haus. Mir wird ganz schlecht, wenn ich daran denke.«
»Ich weiß, wovon du redest. Uns ist allen noch gut im Gedächtnis, wie es uns vor zwei Jahren ergangen ist.« Er entdeckte Deanna. »Entschuldige mich bitte einen Moment.« Finn zwängte sich durch das Gedränge auf der Terrasse hindurch und ließ seine Arme um Deannas Körper gleiten. Als sie sich versteifte, schüttelte er den Kopf. »Das hier ist kein Annäherungsversuch, sondern ein Ablenkungsmanöver.«
»Ach ja?« Unwillkürlich paßten sich ihre Schritte ihm an, als er mit ihr lostanzte. »Ein Ablenkungsmanöver wovon?«
»Von einer leidenschaftlichen Kritik an der Politik des Senders bezüglich der Planung für den Dienstagabend.«
»Ah ja!« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. »Das ist tatsächlich unser Schwachpunkt, aber ich bin mir sicher, daß Sie das wissen. Unser Aufmacher für die Spätnachrichten ist …«
»Kein Wort mehr dazu!« Er lächelte, als sie auflachte, und genoß es, daß sich ihre und seine Augen auf einer Höhe befanden. »Sie sind ziemlich groß, nicht wahr?«
»Das sagte man mir früher schon mal. Sie wissen ja, daß Sie sich als Ehrengast unter die Gäste mischen müssen?«
»Ich kann Regeln nicht ausstehen.«
»Mir sind Regeln sehr wichtig.«
»Dann betrachten Sie doch diesen Tanz als meine Art,
mich unter die Gäste zu mischen. Wir plaudern immerhin miteinander. Ihr Kleid gefällt mir.« Das stimmte sogar. Die schlichte Linienführung und die kecke rote Farbe waren ein willkommener Kontrast zu Angelas überladenen Pastelltönen und allgegenwärtigen
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