Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
sie damit kämpfte, den Ohrring an der richtigen Stelle anzubringen, wurde ihr ganz flau. »Als ich mit dieser Sache anfing, muß ich nicht mehr ganz bei Sinnen gewesen sein.«
»Ich denke, du hattest da einen völlig klaren Kopf.« Sie sah einfach fabelhaft aus, stellte er fest. Nervös, aber gut in Schwung und bereit. »Du hast eine offene Tür gesehen und beschlossen, dort als erste hindurchzugehen.«
»Im Moment fühlt sich die Tür eher an wie ein offenes Fenster im obersten Stockwerk.«
»Lande einfach sicher auf deinen Füßen. Worum geht es?«
»Es wird eine Modenschau mit Beteiligung des Publikums.«
Finn mußte grinsen, seine Grübchen zwinkerten. »Eine Modenschau? Mit deinem Hintergrund bei den Nachrichten servierst du so seichte Kost?«
»Hierbei geht es nicht um Nachrichten.« Sie drängte sich an ihm vorbei. »Das ist Unterhaltung. So hoffe ich zumindest. Mußt du nicht gerade über irgendeinen Krieg berichten?«
»Im Augenblick nicht. Ich dachte, ich bleibe einfach noch
ein Weilchen hier. Dann könnte ich mit neuesten Informationen aus erster Hand wieder zurück in den Nachrichtenraum gehen. Sag mal …« Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, um sie ein wenig zu bremsen. »… tust du das für dich oder willst du Angela ärgern?«
»Beides.« Sie preßte eine Faust auf ihren Magen und versuchte so, ihn zu beruhigen. »Aber in erster Linie geht es um mich.«
»Gut.« Er konnte die Kraft und die pulsierende Nervosität an ihrer Handfläche spüren und fragte sich, wie es wohl sein mochte, sich diese Kraft zu erschließen, wenn sie beide allein waren. »Und was ist der nächste Schritt?«
Sie sah ihn von der Seite an und zögerte. »Bleibt das unter uns?«
»Natürlich«, versicherte er ihr.
»Ein Treffen mit Barlow James. Und wenn er meine Idee gutheißt, gehe ich zu Bach.«
»Dann hast du also nicht vor, länger in der untersten Liga zu spielen.«
»Nicht mehr lange.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Vor einer Minute war ich mir noch sicher, daß mir schlecht werden würde.« Sie warf ihre Haare zurück. »Jetzt geht es mir richtig gut!«
»Dee!« Ihren Kopfhörer festhaltend, rannte Fran den engen Flur entlang. »Der Zuschauerraum ist bis auf den letzten Platz besetzt!« Sie schnappte sich Deannas Hand und drückte sie. »Die drei Frauen, die wir aus der Historischen Gesellschaft Cook County auswählten, sind ganz aufgedreht. Sie können es gar nicht erwarten, loszulegen.«
»Dann sollten wir das auch tun.«
»Okay.« Fran sah ganz elend aus. »Okay«, wiederholte sie. »Sobald du fertig bist, können wir anfangen.«
Die Einstimmung des Publikums überließ Deanna Fran, und während diese für das erste Lachen und den Applaus sorgte, stand sie direkt hinter der Bühne und lauschte. Ihre Nervosität war wie weggeblasen. Statt dessen fühlte Deanna einen Kraftausbruch in einer Stärke, daß es ihr fast unmöglich war, noch länger stillzuhalten. Getrieben von dieser Kraft, trat
sie schließlich auf die Bühne und machte es sich in ihrem Sessel unter den Lampen und vor der Kamera bequem.
Die Titelmusik und die Komplimente von Richards Neffen Vinnie und einem strebsamen Musiker verklangen. Außerhalb des Bildfelds der Kamera gab Fran das Zeichen zum Applaus. Das rote Licht glomm jetzt stetig.
»Guten Morgen. Ich bin Deanna Reynolds.«
Sie wußte, daß jetzt hinter der Bühne Chaos herrschte – das hektische Umziehen, die barschen Anordnungen, die unvermeidlichen Pannen. Doch Deanna hatte das Gefühl, alles vollständig im Griff zu haben, unterhielt sich freundlich mit der forschen Karyn, die sie insgeheim verabscheute, und wanderte dann durch das Publikum, um Kommentare einzufangen, während die Mannequins über die Bühne stolzierten und die verschiedenen Modelle zur Schau stellten.
Als sie in das Kichern einer Zuschauerin über gepunktete Shorts einstimmte, hätte Deanna beinahe vergessen, daß es sich bei dem Ganzen nicht um einen Ulk, sondern einen wichtigen Schritt ihrer Karriere handelte.
Sie wirkt wie eine Frau, die ihre Freundinnen bei sich zu Gast hat, dachte Finn, während er sich hinten im Studio die Zeit vertrieb. Er verfolgte das Ganze aus einem interessanten Blickwinkel heraus, weil er eigentlich zu dem, was gerade ablief, überhaupt keinen Standpunkt hatte. Als tüchtiger Journalist betrachtete er diese Art von leichter Kost mit einem natürlichen Gefühl der Verachtung und konnte auch nicht behaupten, an dem Thema sonderlich interessiert zu sein. Doch
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