Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
erinnerte sie daran, daß sie vor einiger Zeit einen ganz ähnlichen Strauß hatte fallenlassen. Bei dem Duft der Rosen drehte sich ihr der Magen um. »So leicht lasse ich mich nicht immer wegschicken.«
Mit diesen Worten stolzierte er davon; ein nervöser Simon wich ihm nicht von den Fersen. Deanna erlaubt sich einen langen, beruhigenden Atemzug.
»Dieser Kriecher«, murmelte Fran und legte Deanna unwillkürlich eine Hand auf die Schulter, um dort die Spannung zu verringern. »So ein Scheißkerl! Kreuzt hier direkt vor einer Livesendung auf! Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Ja.« Deanna schüttelte die Wut von sich ab. In der nächsten Stunde stand für sie viel zuviel auf dem Spiel, als daß sie sich hätte gehenlassen können. »Mir geht es gut.« Sie ging los, nahm unterwegs das Handmikrofon von Jeff entgegen.
Jeff lächelte breit, als er Deanna beobachtete. »Hals- und Beinbruch, Deanna!«
Sie straffte die Schultern. »Wahrscheinlich breche ich mir beide Beine.« Dann trat sie auf die Bühne und lächelte ein Meer von Gesichtern an. »Hallo! Danke, daß Sie alle gekommen sind. Ich bin Deanna. In etwa fünf Minuten werden wir mit dieser Sendung loslegen. Ich hoffe, Sie werden mir dabei ein wenig helfen, denn ich mache das hier jetzt zum ersten Mal.«
»Leg schon das verdammte Band ein.« Angela saß in ihrem pompösen Büro in New York, drückte ihre Zigarette aus, zündete sich aber sofort die nächste an.
»Ich bin ein ziemliches Risiko eingegangen, um an eine Kopie der Aufzeichnung heranzukommen«, meinte Lew zu ihr, als er die Kassette in den Videorecorder schob.
»Das sagtest du bereits.« Und sie konnte es nicht mehr hören. Außerdem war ihr aus Angst vor dem, was sie vielleicht in den nächsten paar Minuten auf dem Bildschirm zu sehen bekam, sowieso schon ganz schlecht. »Jetzt spiel es endlich ab, verdammt noch mal!«
Er drückte auf die Play-Taste und trat zurück. Mit zusammengekniffenen Augen lauschte Angela auf die Titelmusik. Klingt viel zu sehr nach Rockmusik, stellte sie mit einem affektierten Lächeln fest. Dem Durchschnittszuschauer würde das nicht gefallen. Jetzt kam der Schwenk über das Studiopublikum – Menschen mit Baseballkappen, die applaudierten und Fahnen schwenkten. Konservative Mittelschicht, fand sie, und lehnte sich gemütlich zurück.
Sie würde schon nichts zu befürchten haben, beruhigte sie sich.
»Willkommen bei Deannas Stunde .« Die Kamera zeigte eine Nahaufnahme von Deannas Gesicht, das bedächtige, warme Lächeln, den Anflug von Nervosität im Blick. »Heute bei uns zu Gast hier in Chicago sind sechs Frauen, die alles wissen, was es über Baseball zu wissen gibt.«
Sie hat eine Heidenangst, dachte Angela erfreut. Wenn sie es bis zum ersten Werbeblock schafft, wird sie sich glücklich
schätzen können. In Erwartung dieser Demütigung erlaubte sich Angela, Deanna zu bedauern. Wer wußte besser als sie, was es bedeutete, diesem erbarmungslosen Glasauge gegenüberzustehen? dachte sie mit einem leisen, mitfühlenden Seufzer.
Sie hatte sich viel zuviel vorgenommen und wollte es viel zu schnell durchziehen, merkte Angela. Das würde eine harte Lektion für sie werden, aber auch eine gesunde. Und wenn Deanna versagte – was sicher der Fall sein würde – und auf der Suche nach Hilfe an ihre Tür klopfte, würde sie genug Güte und Versöhnlichkeit aufbringen, um ihr eine zweite Chance zu geben, beschloß Angela.
Doch Deanna schaffte es bis zum Werbeblock und leitete unter Applaus in die Unterbrechung über. Nach den ersten fünfzehn Minuten war der angenehme Geschmack hämischen Mitgefühls in Angelas Hals bitter geworden.
Wortlos verfolgte sie die Sendung bis zum Abspann.
»Schalte es ab«, befahl sie Lew in barschem Ton, stand auf und ging zur Bar hinüber. Doch anstatt sich wie sonst ein Mineralwasser zu holen, griff sie nach einer halb gefüllten Flasche Champagner und füllte ein Glas. »Das ist ohne jede Bedeutung«, meinte sie halb zu sich selbst. »Es war eine mittelmäßige Talk-Show, die nur minimalen Anklang finden wird.«
»Die Reaktion der Zweigsender war positiv.« Den Rücken ihr zugewandt, entnahm Lew dem Recorder die Videokassette.
»Eine Handvoll Sender im staubigen Mittelwesten?« Sie trank in schnellen Schlucken, ihre Lippen verhärteten sich. »Meinst du denn, das würde mich beunruhigen? Glaubst du, so etwas liefe in New York? Und entscheidend ist, was hier ankommt. Weißt du, wieviel Prozent der Zuschauer letzte Woche meine
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