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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Kollegen beschert hatte. Viel mehr noch genoss sie es, täglich für ein paar Stunden im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen. Das wohl erste Mal in ihrem Leben spürte sie jene tiefe Befriedigung, wie sie eine mit Hingabe ausgeführte, nutzbringende Beschäftigung verschaffte. Ungeachtet der Sehnsucht nach den vergangenen Zeiten mit ihren deutschen Freunden hatte sie ein beruhigendes Gefühl von Frieden in sich gefunden.
    Alains oftmals kühle Distanziertheit berührte sie längst nicht mehr so schmerzlich wie am Anfang. Denn zwis chendurch ließ er immer wieder – ganz sacht, kaum merklich und wie aus Versehen – etwas Freundlichkeit, einem warmen Sommerregen gleich, über seine Nichte rieseln. Und von der Erinnerung an diese kurzen Augenblicke zehrte sie bis zum nächsten Mal, wenn Alain vergaß, das Familienekel zu spielen.
    Si e hatte schnell gelernt, die Vorboten eines im Anzug befindlichen Sturms richtig zu deuten und dann schleunigst das Weite zu suchen, um nicht zwischen den Fronten aufgerieben zu werden. Mit einem beeindruckenden Repertoire an Flüchen, welche selbst die Luft zum Erröten bringen konnten, zerzausten Haaren und vor Zorn fast schwarzen Augen stürmte Alain in solchen Momenten durch das Haus und walzte alles und jeden nieder, der unbedacht oder ahnungslos seinen Weg kreuzte. Mehr als einmal war eine der Glasscheiben zu Bruch gegangen, wenn Alain eine Tür zu heftig hinter sich zugeschlagen hatte.
    Ste ts hatte es zuvor eine Auseinandersetzung mit Pierre gegeben.
     
    Zumindest davon sollte Beate heute verschont bleiben, denn Pierre hatte sich für mehrere Tage mit unaufschiebbaren Geschäften in Brest und London entschuldigt. Seine Abwesenheit bedeutete, dass ebenfalls die Köchin und der Concierge, den Beate ohnehin erst ein einziges Mal zu Gesicht bekommen hatte, außer Haus weilen würden.
    Lange vor Tagesanbruch stand sie in der geräumigen Küche und nippte mit vorsichtigen Schlückchen an ihrer monströsen Tasse voll pechschwarzen Mörder-Kaffees. In Gedanken versunken starrte sie aus dem Fenster auf die beleuchtete, menschenleere Rue Jean Caroupaye . Um diese Zeit scheuchte man nicht einmal einen Hund vor die Tür. Für sie dagegen galten eigene Maßstäbe. In einer Stunde würde sie zum Wochenenddienst aufbrechen. Sie gähnte geräuschvoll. Nein, das frühe Aufstehen machte ihr nichts aus, solange man ihr genügend Zeit ließ, zwei oder drei Tassen Kaffee zu trinken.
    Sie schrie auf, als ein drohender Schatten über ihr zusammenschlug. Zwei kräftige Arme legten sich um sie. Noch ehe sie ihren Kaffee in hohem Bogen über die g esamte Küche verteilen konnte, wurde ihr hilfreich die Tasse aus der Hand genommen. Sie hörte das leise Geräusch, welches das Porzellan beim Abstellen auf dem Küchentisch verursachte. Dann fühlte sie große, sanfte Hände auf ihren Schultern. Wie von der Tarantel gestochen fuhr sie herum.
    „Scheusal, verdammtes! Unterbelichtete Kreatur!“, brüllte sie Alain in das schmunzelnde Gesicht und trommelte wütend auf seine breite Brust ein. „Du … du langmähnige … widerliche Bestie! Wieso musst du mich ständig erschrecken? Schleiche dich nie wieder so an, du hinterhältiges Zotteltier, sonst … sonst werde ich …“
    Sie hatte keine Ahnung, was sie tun würde, aber irgendetwas ganz bestimmt.
    „Du stotterst.“
    Alain lachte herzhaft ob seines gelungenen Scherzes. Er war schon immer der Ansicht gewesen, dass es nichts Erregenderes gab als eine wütende Frau. Um seine dunklen Augen blitzte es schelmisch. Er hielt Beates Fäuste fest und zog sie an seine Brust, bis sein Gesicht ihrem ganz nahe kam. Ein unwiderstehlich männlicher Duft streifte ihre feine Nase und für einen kurzen Moment schloss Beate die Augen, um seine Nähe mit allen Sinnen zu genießen.
    Sie hob den Kopf und sah gerade noch, wie etwas in seinem Blick verschwand, das nicht dorthin gehörte.
    „Beinahe hätte mich der Schlag getroffen!“
    „So wirke ich auf alle Frauen. Wusstest du das nicht?“
    „ Ähm …“ Sie konnte sich tatsächlich nicht mehr so genau erinnern, wie man ein vernünftiges Wort bildete.
    „Ach, wirklich?“
    „Ich … mmmh …“ Sie ließ resigniert die Schultern sinken und beschloss, erst einmal keinen weiteren Versuch zu unternehmen, einen zusammenhängenden Satz herauszubringen.
    „ Du hast Recht, mir hätte in der Tat etwas Besseres einfallen können, als wie ein Pilz vor dir aus dem Boden zu schießen. Beim nächsten Mal,

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