Tödliche Mitgift
habe, deutet nicht darauf hin, dass sie der Typ war, der seine Vorteile kühl und nüchtern kalkuliert. Ich glaube, in die Ehe mit Ole Dreyling ist sie mehr hineingeschlittert, und sie hat die Folgen gar nicht richtig übersehen. Wäre sie sonst so kurze Zeit nach der Hochzeit mit einem anderen Mann nach Italien gereist?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau wie Charlotte Behring etwas Illegales unternommen hätte, um diese Unterschrift unter den Vertrag gesetzt zu bekommen«, wandte Broders ein. »Das hatte sie nicht nötig.«
Pia starrte aus dem Wagenfenster auf das still daliegende Wasser des Klughafens und die dahinterliegende Altstadt. »Wer weiß? Nachdem Annegret sie hat abblitzen lassen, hat sie sich vielleicht jemanden mit mehr Überzeugungskraft mit ins Boot geholt.«
Broders bremste scharf, weil ein Lieferwagen mit Warnblinkanlage die Fahrspur blockierte. »Sie könnte Hillinger um Hilfe gebeten haben. In der Annahme, der Chef der Kanzlei, noch dazu ein Typ wie er, würde auf Annegret Dreyling vielleicht mehr Eindruck machen als sie.«
»Ich glaube, er hätte es uns erzählt, wenn er in dieser Angelegenheit persönlich mit Annegret Dreyling gesprochen hätte. Es macht sich nicht so gut, wenn er es uns gegenüber bestreitet, und hinterher kommt es doch heraus.«
»Würde es denn herauskommen?«, fragte Broders und zog auf die linke Spur.
»Ich denke nicht, dass er diesbezüglich ein Risiko eingehen würde. Und seine Empfangsdame scheint ja über die Aktivitäten der Kanzlei-Mitglieder ganz gut im Bilde zu sein.«
»Worauf willst du hinaus, Pia?«
»Ich möchte wissen, ob Charlotte Behring und Marcel Kroll sich kennen. Du weißt schon, der Mann aus Hamburg, der der Phantomzeichnung aus Perugia so verdammt ähnlich sieht. Vielleicht gibt es eine Verbindung, und Charlotte Behring hat ihn in einem schwachen Moment dazu überredet, Klartext mit der widerspenstigen jungen Ehefrau zu reden.«
»Sie würde doch nicht … nein, Pia. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da eine Verbindung gibt. Behring und Kroll, Lübeck und Hamburg. Zu weit hergeholt, wenn du mich fragst.«
»Ich muss aber wissen, wie dieser Marcel Kroll ins Spiel kommt. Und wenn die Behring je ein Wort mit ihm gewechselt hat, dann finde ich es heraus.«
»Viel Spaß dabei. Zuerst einmal musst du beten, dass du die Gelegenheit bekommst, in nächster Zeit überhaupt ein Wort mit der Behring zu wechseln. Ich hab da so ein Gefühl, dass das schwierig werden könnte.«
»Wir werden sehen«, sagte Pia, mit den Gedanken schon bei ihrem nächsten Schritt. Broders bog zum Parkdeck des Polizeihochhauses ab, während sie sich im Geiste einen Plan zurechtlegte, wie sie herausfinden konnte, weis sie wissen wollte.
»Wir konzentrieren uns zunächst auf Charlotte Behrings Umgebung in Lübeck«, erklärte Pia den beiden uniformierten Kollegen, die sie bei ihrer Suche nach der Verbindung zwischen der Anwältin und Marcel Kroll unterstützen sollten. Es war eine junge, etwas grobknochige Frau, die ihr langes Haar zu einem Zopf geflochten trug, der ihr bis weit über die Schulterblätter fiel. Ihr Kollege war strohblond, mit schmalem Gesicht und eng zusammenstehenden grauen Augen. Sie würden ihre Sache gut machen, dachte Pia. Ehrgeizig, wach und zuverlässig, wie sie auf sie wirkten. Wie lange war das bei ihr schon her …
Sie deutete auf ihre Markierungen auf dem Stadtplan an der Wand. »Hier wohnt Charlotte Behring. Eine ruhige Ecke von Lübeck, kaum Kneipen oder Lokale in der Nähe. Ihre Kanzlei liegt hier, am Hindenburgplatz. Wenn sie mit dem Auto zur Arbeit fährt, was ich annehme, bedeutet das, dass ihr Aktionsradius nach der Arbeit und auch während ihrer Mittagspause recht groß ist. Sie fährt des Öfteren zum Gericht, auch das müssen wir berücksichtigen. Die Frage ist, wo sich Charlotte Behring mit jemandem treffen würde, mit dem sie vielleicht nicht unbedingt zusammen gesehen werden möchte. Es sollte aber trotzdem gut erreichbar für sie sein, da sie ehrgeizig ist und nicht viel Zeit zur Verfügung hat.«
»Ich kann mir vorstellen, dass Frau Behring unter diesen Voraussetzungen für ein Treffen eine Kneipe oder ein Lokal in der Nähe ihrer Arbeit oder des Gerichts ausgewählt hat«, sagte die Polizistin.
»Ist das nicht zu riskant. Ich meine, wenn sie auf keinen Fall mit dem Mann zusammen gesehen werden wollte?«, wandte ihr Kollege ein.
»Frau Behring könnte bewusst ein Lokal oder eine Kneipe ausgewählt haben, in die
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