Tödliche Saturnalien
ist noch dort. Clodia mochte sie nicht, weil sie nicht hübsch genug waren, also hat sie sie auf seine Landgüter verteilt. Die meisten Sklaven hat sie erst nach seinem Tod gekauft. Einige ihrer persönlichen Sklaven hatte sie auch schon vorher. Aber es sieht so aus, als hätten die beiden getrennte Haushalte geführt, so daß sich das Personal nur sehr selten begegnet ist.«
»Nun, man darf wohl kaum erwarten, daß Sklaven leichtfertig über einen Mord im Haus plaudern«, bemerkte ich.
»Kann man es ihnen verübeln?« fragte Hermes. »Ich glaube, sie sind ganz froh, daß man Clodia verdächtigt und nicht einen von ihnen, weil sie sonst alle gekreuzigt werden würden.«
Rom hat ein paar wahrhaft barbarische Gesetze, und das ist eines von ihnen.
Das Mondlicht war ausreichend, der Weg vertraut. Wir würden immer bergab laufen, bis wir auf die Via Subura stießen, und dann der Straße in das Tal zwischen dem Esquilin und dem Viminal folgen, in dem mein Haus lag. Ich war guter Dinge, weil ich mich beim Wein zurückgehalten hatte und mir auch keine Sorgen machte, vergiftet worden zu sein, jedenfalls keine ernsthaften.
Es war noch nicht allzu spät. Hier und da kehrten Menschen von Abendgesellschaften heim, ihre Fackeln leuchteten wie verlorene Geister in den engen Gassen zwischen den hohen Wohnhäusern. Ein fetter Mann kam uns, gestützt von zwei Sklaven, torkelnd entgegen. Auf seiner Glatze hing schräg ein Lorbeerkranz, und er grölte ein altes sabinisches Trinklied. Ein Mensch, der sich in diesen Tagen so unbekümmert amüsieren konnte, war wirklich zu beneiden.
Gleich darauf kreuzten wir den Weg einer seltsamen religiösen Prozession, die unter großem Geschrei, Cymbelgeschepper und Geflöte vorüberzog. Möglicherweise eine Hochzeit oder Beerdigung, vielleicht auch eine verfrühte Sonnwendfeier. Rom ist voller fremdländischer Religionen und merkwürdiger kleiner Sekten.
Überall waren Menschen noch immer damit beschäftigt, ihre Häuser und die öffentlichen Plätze für die bevorstehenden Saturnalien zu schmücken. Sie übermalten die Schmähungen an den Häuserwänden mit guten Wünschen, häuften vor kleinen Schreinen Dankopfer auf und schrubbten sogar die Straßen.
»Allein für diesen Anblick lohnt sich die weite Reise von Rhodos hierher«, bemerkte ich.
»Für die Dekorationen?« fragte Hermes.
»Nein, saubere Straßen in Rom. Ich …« Und dann bemerkte ich unsere Verfolger.
»Na ja, für einen Tag«, meinte Hermes. Damals wurden die Saturnalien nur einen Tag und nicht, wie unlängst vom Ersten Bürger verordnet, drei Tage lang gefeiert. »Ich freue mich schon … was ist los?«
»Augen nach vorn, gehe ganz normal weiter«, befahl ich ihm. »Wir haben ein paar Bewunderer.« Ich griff mit der Hand unter meine Tunika und tastete nach meinem Dolch. Ich ärgerte mich, nicht auch meinen Caestus eingesteckt zu haben. Ein metallverstärkter Fausthieb kann bei Straßenschlägereien durchaus hilfreich sein.
Die Frage war: Was wollten diese Männer? Ich wußte, daß es mindestens zwei waren. Wollten sie mich ausrauben? Ermorden? Oder trieben sie nur einen derben Spaß mit mir? Alle drei Mutmaßungen waren durchaus begründet. Jeder halbwegs anständig gekleidete Mensch war, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit, ein bevorzugtes Ziel von Räubern. Ich war mit den Ermittlungen betraut in einem Fall, in dem auch eine Reihe von Personen verwickelt waren, die nur selten zögerten, jemanden aus dem Weg zu schaffen, der ihnen lästig wurde. Und natürlich gab es auch immer ein paar Unternehmungslustige, die den Anblick von Blut und ausgeschlagenen Zähnen auf dem Pflaster höchst vergnüglich fanden. Normalerweise waren Räuber und Raufbolde durch die Aussicht auf bewaffneten Widerstand leicht abzuschrecken.
»Ich kann zwei sehen«, bemerkte ich. »Siehst du sonst noch jemanden?«
Hermes blickte sich verstohlen um. »Besonders hell ist es nicht gerade. Du meinst die beiden hinter uns, die so tun, als wären sie betrunken?«
»Genau.« Komischerweise gelingt es Nüchternen mit Ausnahme ausgebildeter Schauspieler fast nie, Betrunkene überzeugend zu imitieren.
»Nein, sonst sehe ich niemanden«, sagte Hermes.
»Gut.« Es war nicht mehr weit bis zu meinem Haus. »Wenn wir den Schrein an der Ecke erreichen, rennst du vor und öffnest das Tor. Und halte dich bereit, es direkt wieder zu verriegeln, wenn ich durch bin.«
»In Ordnung«, sagte er, erleichtert, daß ich ihn nicht aufforderte, seinen Mann zu
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