Toedliche Verfolgung
ausdrucksvoll gewesen, trotzdem ärgerte es Erin, dass sie auch jetzt noch genau wusste, was in ihm vorging. Wie hatte ihr damals entgehen können, dass er sie mit jedem Wort nur belogen und betrogen hatte? Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. Es war egal, sie hatte selbst den Kontakt wieder hergestellt, jetzt musste sie mit den Konsequenzen leben.
Sie öffnete die Tür einen Spalt breit und streckte die Hand hindurch. »Die Unterlagen.«
Zuerst spürte sie nur Luft an ihrer Handfläche, dann die Berührung rauer Finger. »So funktioniert das nicht, Erin.«
»Warum nicht?«
»Weil ich sicher nicht im Hausflur über vertrauliche Daten diskutieren werde.«
Hastig zog Erin ihre Hand zurück, als ihr bewusst wurde, dass er sie immer noch umfangen hielt. Sie schloss die Tür wieder, schob den Kettenriegel zurück und öffnete sie weiter. Sofort nutzte Henry die Gelegenheit und schoss hindurch.
»Henry, nicht!«
Aber es war schon zu spät. Er hatte sich voller Eifer auf den Besucher gestürzt. Seine riesigen Pfoten gegen Gladstones Brust gestützt, leckte er hingebungsvoll dessen Gesicht. Der Detektiv hatte die Aktentasche fallen gelassen und versuchte, sich mit den Händen zu schützen, war aber nicht sonderlich erfolgreich dabei. Erin gönnte sich einen Moment des rachsüchtigen Vergnügens, bevor sie aus der Wohnung trat und Henrys Halsband ergriff. »Genug, Junge. Bei Fuß!«
Henry blickte sie enttäuscht an, kam ihrem Befehl aber nach. Als er neben ihr Platz nahm, stand sie Gladstone das erste Mal seit Jahren wieder gegenüber. Seine Wange glänzte feucht, wo der Hund ihn geleckt hatte. Eine Weile betrachteten sie sich stumm, erfassten die Veränderungen im jeweils anderen. Dann bückte er sich und hob seine Tasche auf.
»Darf ich?« Er deutete zur Tür.
Erin entschied, dass es besser wäre, ihn sagen zu lassen, warum er gekommen war, und ihn dann schnell wieder wegzuschicken, als die Sache unnötig in die Länge zu ziehen, indem sie ihm den Zugang zur Wohnung verweigerte. Deshalb nickte sie und zog sich rasch zurück. Das Klicken der Wohnungstür hinter ihr ließ sie zusammenzucken. Sie wollte nicht alleine mit ihm sein, mit ihm reden, ihn ansehen müssen. Henry schien ihre Gefühle zu spüren, denn er schob seinen Kopf unter ihre Hand und schmiegte sich an sie. Der Hauch eines Lächelns erschien auf ihrem Gesicht. Wenn Gladstone wieder fort war, würde sie den Hund mit einem extra dicken Knochen belohnen.
Erin führte den Detektiv in ihre Wohnküche und setzte sich an den breiten Holztisch. Gladstone kannte sie gut genug, um auf der gegenüberliegenden Seite Platz zu nehmen, mit viel Holz zwischen ihnen.
»Was hast du gefunden?« Ihre Frage klang harsch und unhöflich, doch sie entschuldigte sich nicht dafür.
Das schien er auch nicht zu erwarten, denn er packte einfach seine Unterlagen aus und legte sie auf den Tisch. Dann hob er seinen Blick zu ihr. Mit ausdrucksvollen blauen Augen sah er sie ernst an. »Deine Freundin ist in Schwierigkeiten.«
»Sie hat nichts …« Erins automatischer Protest erstarb, als er die Hand hob.
»Da ich ihren Namen nicht kenne, konnte ich es natürlich nicht nachprüfen, aber ich nehme an, dass sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war.«
Etwas besänftigt nickte Erin. »Fahr fort.«
»Jack S. Tease ist wirklich Trucker. Seit drei Jahren hat er ein kleines Ein-Mann-Speditionsunternehmen, das in der Branche einen guten Ruf genießt.« Gladstone schob ihr einige Blätter zu. »Davor war er acht Jahre bei der Army. Über diese Zeit konnte ich nichts herausfinden, da die Akten geheim sind. Seine Mutter lebt in einer kleinen Wohnung in der Nähe von Los Angeles, wo er auch wohnt. Er unterstützt sie finanziell.«
Erleichtert atmete Erin auf. »Gut, dann scheint Lis … meiner Freundin wirklich keine Gefahr von ihm zu drohen.«
»Von ihm nicht unbedingt, außer er hat etwas mit der Sache zu tun, aber das konnte ich nicht herausfinden.«
»Welche Sache?«
Gladstone beugte sich vor und verschränkte die Hände auf dem Tisch. »Dem geplanten Diebstahl des Trucks, dem Versicherungsbetrug und den Morden.«
»Mord?« Erins Stimme versagte. »Was meinst du mit Mord? Wer wurde ermordet?«
»Vielleicht berichte ich lieber von Anfang an.«
Erin fuhr sich mit zitternder Hand über ihre kurzen Haare. »Bitte.«
»Als Jacks Daten keine Erklärung dafür lieferten, warum jemand seinen Truck stehlen sollte, habe ich überprüft, was es mit der von dir genannten Spedition
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