Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
verschwimmen, und Catalina war nur noch eine vage Ahnung im Dunst. Sabrina hatte keinen Blick dafür. Ihr Verstand rotierte, um die Konsequenzen dessen zu begreifen, was Chase ihr soeben berichtet hatte. Obwohl sie die Gründe noch nicht genau benennen konnte, war in sämtlichen Zellen ihres Körpers der Alarmzustand ausgebrochen. Chase würde natürlich sagen, sie sei paranoid, aber ihr inneres Warnsystem hatte sie noch nie betrogen. Unzählige Male hatte sie ihm in den letzten Jahren vorgeworfen, dass er zu nachsichtig sei. Jetzt drehte sie sich um und betrachtete ihn, wie er da in der Sofaecke saß und wild auf seinem Laptop herumtippte. Sabrina trat wieder ins geräumige Wohnzimmer. Sanfter Jazz lief im Hintergrund, ein ruhiger Kontrapunkt zu den Energien, die in ihr brodelten.
»Und du bist sicher, dass er es war?«, fragte sie.
Chase nahm die Hände von der Tastatur und sah Sabrina vorsichtig an. »Ja. Ich habe mich auch im Büro des Coroners rückversichert. Aber keine Sorge, sie haben immer noch diesen Typen in Gewahrsam …«
»Aber man hat die Klage nicht einfach abgeschmettert.«
»Nein. Aber sie werden es tun, vertrau mir …«
Unter Sabrinas Blick verstummte er schließlich. Chase schien nie zu begreifen, dass Bedrohungen, die man ignorierte, immer näher kamen. Sie verschwanden nicht einfach.
Chase seufzte. Es hatte keinen Sinn, sich mit ihr zu streiten, wenn sie in der gegenwärtigen Stimmung war. »Was soll ich deiner Meinung nach also tun?«
Sabrina sagte es ihm. Die Miene, mit der er ihren Anordnungen lauschte, brachte deutlich zum Ausdruck, dass er das alles übertrieben fand. Sie wusste aber, dass er es tun würde, so wie er immer alles für sie getan hatte, seit sie sich in der fünften Klasse in diesem beschissenen Internat zum ersten Mal begegnet waren.
Sobald sie fertig war, blickte sie auf die Uhr. »Du gehst dann jetzt besser.«
»Kann ich später wiederkommen?«
»Ich ruf dich an, wenn wir fertig sind.« Chevorin würde gleich eintreffen, und sie wollte, dass Chase vorher verschwand. Der Lobbyist sollte nie einem ihrer Angestellten begegnen.
Sobald Chase fort war, ging Sabrina in ihr Schlafzimmer. Die Wände, die das Ankleidezimmer ursprünglich vom Schlafbereich getrennt hatten, waren eingerissen worden, um einen großen Raum zu schaffen. Die geradlinige, fast schon strenge Einrichtung – klare Linien, Stoffe in Schwarz-Weiß, aufgelockert durch die Flecken der roten Zierkissen auf Bett und Sofa – ließ den Raum noch größer erscheinen. Allerdings wirkte er auch etwas unpersönlich. Sabrina wollte es so. Diese Art von Einfachheit hatte ihr immer schon gefallen, schon als kleines Kind. Auch darin hatte sie sich von all den anderen Mädchen unterschieden, die Rosa, Glitzerzeug und Rüschen liebten.
Sabrina betrachtete sich in der Spiegelwand neben dem begehbaren Wandschrank. Der V-Ausschnitt des schwarzen Pullovers bedeckte ihr Dekolleté. Gut. Der schmale schwarze Rock betonte aber Hüfte und Oberschenkel zu sehr. Sie tauschte ihn gegen eine weite Hose aus und zog hochhackige Schuhe an, um imposanter zu wirken. Als sie noch einmal in den Spiegel sah, klingelte es. Schnell fuhr sich Sabrina mit den Fingern durchs Haar, ging nach einem letzten kritischen Blick in den Spiegel ins Wohnzimmer und schaute auf den Bildschirm der Gegensprechanlage. Der Lobbyist war eingetroffen. Sie drückte auf den Türöffner für die Haustür und gab den Code ein, damit ihr Besucher ihren privaten Aufzug benutzen konnte. Rasch ging sie zum Sofa hinüber, schob ihre Hand unter das äußere Kissen, tastete nach der .44 Glock und rückte das Kissen wieder zurecht. Mit der Fernbedienung schaltete sie die Musik aus, dann begab sie sich zur Tür.
Nachdem sie ihm das Material über den Abgeordneten Rankin vorgespielt hatte, drehte sich Chevorin mit einem breiten Haifischgrinsen zu ihr um. »Unglaublich. An so etwas hätte ich im Traum nicht gedacht.« Der Lobbyist schüttelte den Kopf und kicherte. »Wir wussten alle, dass er in mancher Hinsicht etwas locker ist, aber das hier? Pures Gold. Der Typ wird mich im Leben nicht mehr los.« Er öffnete seinen Aktenkoffer. Auf den Banknotenbündeln lag in einer weißen Leinenserviette eine Flasche Champagner. Er nahm sie und sah sich um. »Wo haben Sie Ihre Gläser?«
»Ich trinke nicht«, erinnerte ihn Sabrina, was auch stimmte. Sie trank tatsächlich nicht mehr. Das tat allerdings nichts zur Sache. Mit Chevorin hätte sie unter gar keinen Umständen
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