Tödlicher Champagner (German Edition)
er würde möglicherweise mit steifem Genick aufwachen. Besser wäre es, sie schaffte ihn ins Bett, entschied sie und rüttelte ihn an der Schulter.
„Michael.“
„Mmm?“
„Lass uns zu Bett gehen.“
„Dachte schon, du würdest nie darum bitten“, murmelte er und tastete nach ihr.
Amüsiert starrte sie ihn eine Weile an, bevor sie ihn um so kräftiger rüttelte. „Nimm dir nicht zu viel vor, Cousin. Komm! Ich helfe dir die Treppe hinauf.“
„Der Regisseur ist ein absoluter Idiot“, murmelte er, als sie ihn auf die Beine zog.
„Aber sicher ist er das. Und jetzt setz einen Fuß vor den anderen. Ja, so geht es. Ab mit uns!“ Einen Arm um seine Taille geschlungen, führte sie ihn aus dem Raum.
„Er hat ständig an meinem Skript herumgemeckert.“
„Nein, so was! Jetzt kommen die Stufen.“
„Er wollte unbedingt mehr durchschlagende Gefühle im zweiten Akt. Der Teufel soll ihn holen“, murmelte Michael, während er sich die Treppe hinaufschleppte. „Was der schon von durchschlagenden Gefühlen versteht.“
„Ganz offenbar ein geistiger Zwerg.“ Atemlos steuerte sie ihn zu seinem Zimmer. Er war schwerer, als er wirkte. „Und da sind wir nun, endlich daheim.“ Sie schob ihn erleichtert auf das Bett. „Siehst du, ist das nicht gemütlich?“ Sie ließ ihn vollständig bekleidet und breitete eine Decke über ihn.
„Ziehst du mir nicht die Hose aus?“
Sie tätschelte seinen Kopf. „Bilde dir bloß keine Schwachheiten ein.“
„Spaßverderberin.“
„Wenn ich dir so spät nachts beim Ausziehen helfe, bekomme ich möglicherweise Albträume.“
„Du weißt, dass du verrückt nach mir bist.“ Das Bett fühlte sich himmlisch an. Er hätte sich für eine ganze Woche darin vergraben können.
„Du bist schon im Delirium, Michael. Ich lasse dir von Charles am Morgen warmen Tee und Honig bringen.“
„Nicht, wenn du am Leben bleiben willst.“ Er raffte sich dazu auf, die Augen zu öffnen und sie anzulächeln. „Warum kriechst du nicht neben mir unter die Decke? Mit ein wenig Ermunterung könnte ich dir das Erlebnis deines Daseins verschaffen.“
Pandora beugte sich über ihn, tiefer und tiefer, bis ihr Mund dichtüber dem seinen schwebte. Ihrer beider Atem mischte sich vertraulich. Ihr Haar fiel nach vorn und strich über seine Wangen. „Von wegen!“, flüsterte sie.
Michael zuckte die Schultern, gähnte und rollte sich auf die Seite. „Dann eben nicht.“
In der Dunkelheit blieb Pandora noch einen Moment stehen mit den Händen in die Hüften gestützt. Er hätte wenigstens so tun können, als wäre er beleidigt.
Das Kinn hochgereckt, ging sie hinaus und sorgte dafür, dass die Tür hinter ihr krachend zufiel.
5. KAPITEL
S tück für Stück vollendete Pandora unter größten Anstrengungen die Smaragd-Halskette. Als sie fertig war, fand sie ihre Arbeit auch nach eingehender Betrachtung perfekt. Diese Beurteilung freute sie umso mehr, als sie selbst ihre schärfste Kritikerin war. Pandora fühlte sich nicht mit jedem ihrer Stücke verbunden oder auch nur vom kreativen Standpunkt her befriedigt. Dafür war sie sich selbst gegenüber bei Weitem zu anspruchsvoll. Bei der Halskette traf jedoch beides zu.
Sie untersuchte die Kette mit dem Vergrößerungsglas bei gnadenlos scharfem Licht, überprüfte die Filigranarbeit Millimeter für Millimeter und fand keine Fehler. Sie hatte die Kette aus ihrer Fantasie heraus geboren und mit ihren Fähigkeiten erschaffen. Mit einem gewissen Bedauern legte sie die Kette in eine mit Samt ausgeschlagene Schatulle. Sie gehörte ihr nicht mehr.
Nachdem nun die Kette abgeschlossen war, sah Pandora sich ohne Inspiration in ihrer Werkstatt um. Sie hatte so viel in dieses kleine Stück hineingelegt, ihre ganze Konzentration, ihre Emotionen und ihre Tüchtigkeit, dass sie keinen einzigen Plan für ein nächstes Projekt entworfen hatte. Von dem Wunsch zu arbeiten getrieben, griff sie nach ihrem Skizzenblock und begann zu zeichnen.
Vielleicht Ohrringe, überlegte sie. Etwas Auffälliges und Klotziges und reich Verziertes. Sie wollte eine Abwechslung nach der feinen, eleganten Arbeit, der sie so viel Zeit gewidmet hatte. Kreise und Dreiecke, überlegte sie. Geometrisch und supermodern, nicht romantisch wie die Halskette.
Keine Romantik, dachte sie und warf kräftige, klare Linien auf das Papier. Sie hatte an einem romantischen Stück gearbeitet. Vielleicht hatte sie sich deshalb beinahe zum Narren bei Michael gemacht. Ihre Gefühle waren mit ihrer Arbeit
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