Tödlicher Kick
Arsch versohlten oder beim Sex seine schwitzigen Fußballschuhe trugen? Irgendwelche perversen Spielchen, zu denen sich nicht jeder x-beliebige Teenager überreden ließ?
»Zuletzt war er mit der Sophie zusammen«, holte Wöhler mich aus meinen Gedanken zurück auf den Bolzplatz. »Sophie ist die Torhüterin unserer A-Jugend, ein Klassemädchen. Bestimmt ein Jahr lang waren die beiden unser Traumpaar.«
»Bis eine Prostituierte Mongabadhi den Kopf verdreht hat?«
Wöhler zuckte die Schultern: »Als er zum VfL wechselte, hat er Schluss gemacht. Dann kamen die Schlagzeilen über die Nutte. Ich dachte erst, die Presse spinnt.«
»Und wie hat Sophie auf Orans neue Freundin reagiert?«
Wöhler zog die Brauen hoch, als hätte ich mich erkundigt, ob der Ball auch wirklich ins Tor musste. »Die ist ausgeflippt. Ist doch klar.«
Mein Blick traf den von Danner.
»Und die Sophie wohnt auch hier in Hiltrop, Diet?«, erkundigte der sich.
13.
Sophie Meister war siebzehn Jahre alt und besuchte das örtliche Gymnasium. Sie lebte mit ihren Eltern in einem zartrosa Reihenmittelhaus einer ehemaligen Zechensiedlung. Im Vorgarten stand ein Dekoreiher aus rostigem Stahl neben einem von drei Goldfischen bewohnten Miniaturteich, einer gemauerten Kräuterspirale und einem Insektenhotel. An der Tür hing ein sommerlicher Blumenkranz mit Willkommensholzschildchen.
Eindeutig war hier weiblicher Nestbauinstinkt am Werk. Drinnen würden wir vermutlich auf eine Kommode im Landhausstil stoßen. Und auf einige dieser nervenberuhigenden Gartenzeitungen, deren spektakulärste Reportagen den Kürbisanbau auf dem Kompost schilderten.
Nett.
Die Nestbauerin öffnete uns die Tür. Sie war hochgewachsen und schlank, mit blonden Strähnchen im durchgestuften, schulterlangen Haar und getuschten Wimpern. Häuslich, aber schick. Eine, die neben Haushalt und Kindern auch noch die Friseurtermine geregelt bekam.
»Sind Sie von der Polizei?«, begrüßte sie uns erschrocken. Die Nachricht vom Tod des Fußballers war in Hiltrops Reihenhäuschen angekommen.
Ich straffte die Schultern.
»Frau Meister? Mein Name ist Ben Danner, das ist meine Kollegin Lila Ziegler«, sagte Danner. »Wir suchen Sophie Meister. Wir würden gern mit ihr über Oran Mongabadhi sprechen.«
Tatsächlich nahm die Frau, die anscheinend Sophie Meisters Mutter war, die Antwort auf ihre Frage als gegeben hin. Sie trat zur Seite und bat uns mit einer Armbewegung herein.
»Wir haben es im Radio gehört. Es ist ein Schock für Sophie, sie ist zwar schon eine Weile nicht mehr mit Oran zusammen, aber er ist – war nun mal ihr erster Freund.«
Wir folgten der Frau durch einen schmalen Flur in einen geräumigen, in warmen Gelbtönen gestalteten Wohnraum. Auf der blank polierten Glasplatte des Couchtisches entdeckte ich tatsächlich eine Gartenzeitschrift. Sie titelte reißerisch: Blumensträuße vom Feld.
Die Nestbauerin durchquerte das Wohnzimmer und führte uns durch eine zweiflügelige Glastür auf eine Terrasse, auf der sich sämtliche Hobbygärtnertipps umgesetzt fanden. »Wenn Sie sich setzen wollen …?«
Auf dem wetterfesten Tropenholztisch standen eine Kaffeekanne, mehrere Tassen und Wassergläser, in denen einzelne große Blüten schwammen. Die Maisonne hatte den Nebel vertrieben und suchte sich ihren Weg durch die Weinranken, die das Holzgerüst der Pergola zum grünen Dach machten.
»Bedienen Sie sich. Ich hole Sophie.«
Die Frau kehrte ins Haus zurück.
Ich ließ mich auf eine der dicken, grün karierten Sitzauflagen sinken und betrachtete nachdenklich die mit der Öffnung nach unten auf dem Tisch stehenden Kaffeetassen.
Als hätte sie auf uns gewartet.
Aber vielleicht gehörte Sophies Mutter einfach zu der Sorte Frau, die immer auf alles vorbereitet war und sogar nachts um elf aus dem Bett geklingelt noch einen selbst gebackenen Kuchen aus irgendeiner Schublade hervorzog.
Drinnen knarrten die Holzstufen einer Treppe.
Danner drehte eine Kaffeetasse um.
»Sophie?« Frau Meister rief den Namen ihrer Tochter leise. Behutsam. Als wollte sie sie nicht stören. »Sophie?«
Die feinen, blonden Härchen auf meinen Unterarmen sträubten sich. Ich hob den Blick zur Decke, war aber leider nicht in der Lage, per Röntgenblick hindurchzusehen.
»Sophie?«
Danner stellte die Kaffeekanne wieder auf den Tisch.
»Sophie! Hörst du nicht, dass …? O mein Gott!«
Wir sprangen gleichzeitig von unseren Stühlen.
Ich quetschte mich vor Danner durch die Terrassentür und
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