Tödlicher Mittsommer
ziemlich über diesen Job gestritten, von dem ich dir erzählt habe.«
»Willst du darüber reden?«
Eva strich ihr tröstend über die Schulter.
Nora zog die Knie unters Kinn und legte die Arme um die Schienbeine. Sie dachte eine Weile nach, bevor sie antwortete.
»Henrik versteht nicht, dass es mich reizt, in Malmö zu arbeiten. Er ist nicht mal bereit, meine Argumente anzuhören. Er will nicht weg aus Stockholm. So wie es jetzt ist, geht es uns doch gut, sagt er.«
Gedankenverloren nahm sie einen kleinen Stein und warf ihn übers Wasser. Ein-, zwei-, dreimal schlug er auf, bevor er versank. Sie fand einen anderen Stein, der flach genug war, und versuchte es noch mal. Diesmal zählte sie vier Hüpfer. Ihr persönlicher Rekord waren sieben, aber das war mindestens fünfzehn, wenn nicht zwanzig Jahre her.
»Gerade so, als ob nur sein Job zählt.«
»Aber geht es euch denn nicht gut, so wie es jetzt ist?«, sagte Eva vorsichtig.
»Das ist doch gar nicht das Thema«, erwiderte Nora. »Natürlich geht es uns gut, aber wir sollten doch wenigstens darüber reden können, bevor er die ganze Idee vom Tisch fegt. Was meinst du wohl, wie die ganze Sache umgekehrt aussähe? Wenn er ein gutes Angebot von der Universitätsklinik in Göteborg bekommen hätte?«
Sie nahm noch einen Stein und warf ihn wütend übers Wasser. Er versank sofort.
»Die Vorstellung, nach dem Urlaub wieder mit diesem Ragnar zusammenarbeiten zu müssen, widert mich einfach an. Der Kerl ist so ein Idiot«, fauchte sie.
Sie fuhr sich mit einer ärgerlichen Geste durch die Haare.
»Ich wäre doch dumm, wenn ich da nicht wegginge. Erst recht, wo die Bank mir eine solche Möglichkeit bietet.«
Eva tätschelte ihr wieder die Schulter, um ihre Sympathie zu zeigen. Dann zog sie den Träger ihres roten Badeanzugs zurecht und legte sich bäuchlings auf die sonnenwarme Klippe.
»Du hattest es letzte Woche nicht leicht. Was machen übrigens die polizeilichen Ermittlungen? Hast du was von Thomas gehört?«
Nora schüttelte den Kopf.
»Wir haben nicht telefoniert, nur gesimst. Er hat so viel zu tun. Ich habe eine SMS bekommen, dass er dieses Wochenende auf Harö ist, wahrscheinlich vor allem, um sich mal richtig auszuschlafen. Er hat wahnsinnig viel gearbeitet. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er fast grün im Gesicht.«
»Da ist nämlich etwas, was ich ihm sagen sollte. Glaube ich wenigstens.«
Nora sah fragend zu Eva, die ihre Stirn runzelte und nachdenklich an ihrem Daumennagel knabberte.
»Was meinst du?«
»Letzten Sonntag hatten wir Besuch von einer Familie aus der Stadt. Malin, die Mutter, rief mich gestern Abend an, um sich noch mal für den netten Tag zu bedanken.«
Sie schwieg einen Moment. Dann fuhr sie fort:
»Malin sagt, sie ist sich fast sicher, dass sie auf der Rückfahrt nach Stockholm nur zwei Plätze neben Jonny Almhult gesessen hat.«
Nora setzte sich auf und hielt schützend eine Hand über die Augen, um Eva in der grellen Sonne besser sehen zu können.
»Ist sie sicher, dass er es war?«
»Sie sagt, sie erinnert sich an ihn, weil er ziemlich eklig gerochen hat, nach altem Fusel oder so. Sie haben offenbar nur wenige Meter voneinander entfernt gesessen. Ihre älteste Tochter hat noch gefragt, warum der Mann so stinkt. Du weißt ja, wie Kinder sind.«
»Weiter.«
Nora hörte gespannt zu.
»Das ist alles. Dann haben sie die Fähre verlassen, und sie hat nicht mehr daran gedacht, erst wieder, als Jonnys Leiche gefunden wurde und sie sein Bild in der Zeitung gesehen hat. Da wurde ihr klar, neben wem sie da auf der Fähre gesessen hatte.«
Sie schwieg wieder eine Weile und sah Nora unruhig an.
»Hat sie die Polizei angerufen?«
»Das glaube ich nicht. Es hörte sich nicht so an. Meinst du, ich sollte Thomas das erzählen?«
»Unbedingt«, sagte Nora. »Das musst du ihm auf jeden Fall erzählen. Thomas hat zu mir gesagt, dass alle Informationen wichtig sind. Sie versuchen ja, herauszubekommen, wo Jonny sich aufgehalten hat, bevor er starb. Hat deine Bekannte gesehen, wohin er gegangen ist?«
»Keine Ahnung. Ich habe nicht daran gedacht zu fragen«, sagte Eva.
Nora stand abrupt auf.
»Komm, lass uns zurückgehen. Wir müssen Thomas anrufen.«
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Kapitel 43
Montag, vierte Woche
Kapitel 43
Margit hatte ihre Familie an der Westküste zurückgelassen und war nach Stockholm gefahren.
Sie hatte abgrundtief schlechte Laute, während sie an ihrem Schreibtisch saß und die Ermittlungsakte durchging. Jede
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