Tödlicher Ruhm
denn, das Video lügt. Carlisle ist ein erfahrener Kameramann. Wir wissen durch seine Privataktivitäten, dass sein Interesse an den Geräten, mit denen er arbeitet, nicht ausschließlich professioneller Natur ist. Könnte er irgendwie den Beweis der Hothead-Kamera im Schlafzimmer gefälscht haben? Das Bild dieser Gestalt, die sich das Tuch überwirft, ist reichlich unscharf. Trisha und ich haben überlegt, ob er das Bild irgendwie einen Augenblick lang hätte anhalten können...«
»Schließlich war das Bild schon seit Stunden unverändert gewesen«, unterbrach Trisha. »Wäre es möglich, dass er irgendwie ein paar Sekunden geloopt oder es einfach lange genug angehalten hat, um durchs Zimmer zum Schwitzkasten zu laufen?«
»Und danach würde dann alles in Echtzeit laufen, wie wir es gesehen haben«, schloss Hooper.
»Er hätte denselben Trick auf dem Rückweg noch einmal anwenden müssen«, sagte Coleridge. »Vergessen Sie nicht, dass wir gesehen haben, wie der Mörder wieder in den Schwitzkasten steigt.«
»Ich weiß, diese Theorie ist nicht ganz unproblematisch«, meinte Hooper, »aber vergessen Sie nicht, Sir, dass Carlisles Angaben zum zeitlichen Ablauf der Ereignisse ziemlich vage waren. Erinnern Sie sich, dass er behauptet hat, zwischen dem Moment, als Kelly zur Toilette ging, und dem, als der Mörder aus dem Schwitzkasten trat, seien nur zwei Minuten vergangen? Während alle anderen im Monitorbunker sagten, es seien fünf gewesen, was durch den Time-Code belegt wurde. Und er hat behauptet, mindestens fünf Minuten seien zwischen dem Zeitpunkt vergangen, als der Mörder wieder herauskam, und dem Moment, als der Mord entdeckt wurde, wohingegen es nur zwei waren. Und wieder haben die Angaben der Leute im Kasten zum Time-Code gepasst. Das sind große Diskrepanzen, Sir, wenn natürlich auch verständliche, sofern es tatsächlich Carlisle war, der den Mord begangen hat. Jeder Mensch würde denken, zwei Minuten wären fünf und fünf Minuten wären zwei, wenn sie diese Minuten damit verbracht hätten, jemanden mit einem Küchenmesser zu ermorden.«
»Ja«, räumte Coleridge ein. »Das würde er wohl. Ich schlage vor, Sie sprechen mit den zuständigen Fachleuten und sehen mal, inwieweit man sich an diesen ferngesteuerten Kameras zu schaffen machen kann. Und natürlich sollten wir noch ein Wörtchen mit Miss Nolan sprechen.«
46. Tag 14:30 Uhr
Die Tatsache, dass die Polizei Dervla zum zweiten Mal an einem Tag aus dem Haus eskortierte, löste drinnen wie draußen eine kleine Sensation aus. Musste das nicht bedeuten, dass sie die Haupttatverdächtige war?
Geraldine konnte ihre Begeisterung kaum bändigen. »Die Scheißbullen schmeißen den Laden für uns«, krähte sie. »Gerade denken alle, die durchgeknallte Sally hätte es getan, da holen sie unsere holde Jungfer zart gleich zweimal ab! Leck mich am Arsch, das ist grandios. Aber wir müssen gut planen. Es steht ‘ne Menge Kohle auf dem Spiel. Falls sie uns Dervla nicht wiedergeben, muss diese Woche keiner aus dem Haus, okay? Wir dürfen nicht zwei von den Pissern in einer Woche verlieren. Das können wir uns nicht leisten. Eine Woche dieser Sendung ist mehr Geld wert, als ich zählen kann!«
In dieser Woche standen Hamish und Moon vor ihrem Rauswurf, aber wenn Dervla ging, würden sie wohl eine Gnadenfrist bekommen. Die Nominierungen waren seit den relativ ruhigeren Tagen von Woggle und Layla nicht mehr so entspannt gewesen. Seit Sally weg war, war der allgemeine Trübsinn ein wenig verflogen, und außerdem galt Sally als Hauptmordverdächtige, deshalb fühlte man sich im Haus sicherer, seit sie nicht mehr da war.
Nun allerdings fühlten sie sich keineswegs mehr sicher. Die Tatsache, dass Dervla ein zweites Mal abgeholt wurde, hatte neuerliches Entsetzen und Angst ausgelöst.
»Verdammt, ich fand sie eigentlich ganz nett«, sagte Moon. »Wir haben sogar im selben Zimmer gepennt! Ich hab ihr meinen Pulli geliehen!«
»Ich glaub nicht daran«, sagte Jazz. »Die Bullen fischen im Trüben, mehr nicht.«
»Auch wenn du auf sie stehst, könnte sie eine durchgeknallte Messerstecherin sein, Jazz«, sagte Garry.
Dazu sagte Jazz nichts.
46. Tag 16:00 Uhr
Dervlas Unterlippe bebte, und sie bemühte sich, nicht zu weinen. »Ich dachte, wenn ich Ihnen sage, dass ich wusste, wie das Spiel stand, würden Sie mich verdächtigen.«
»Sie dummes kleines Mädchen!«, herrschte Coleridge sie an. »Glauben Sie nicht, dass Ihre Lüge unser Misstrauen am allermeisten
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