Tödlicher Ruhm
schon, David«, sagte Kelly. »Was meinst du damit... einen realistischeren Traum?«
David, der sich seiner ansehnlichen, glitzernden Rundungen und der kräftigen Arme unübersehbar bewusst war, entstieg dem Wasser. Auf halbem Weg hielt er einen Augenblick mit gespannten Armen inne, während seine_ Beine im Pool baumelten und sein harter, durchtrainierter Bauch sich an den Rand aus Terracotta presste. »Ich meine genau das, was ich gesagt habe.«
Mit einer einzigen schlichten, anmutigen Bewegung stieg David vollends aus dem Pool. »Schauspielerei ist die denkbar anstrengendste aller Berufungen. Schwerer, glaube ich, als alle anderen.«
»Und Bombenentschärfer?«, fragte Jazz, aber David ignorierte ihn.
»Du musst zutiefst von dir überzeugt sein und deinen Traum nicht für einen Traum, sondern für deine Pflicht halten. Wenn du schon am Anfang bereit bist, dich mit dem Zweitbesten abzufinden, dürftest du dein Ziel schätzungsweise nie erreichen. Ich persönlich würde lieber abwaschen, Autos putzen oder kellnern, als irgendeinen Job in der Branche anzunehmen, der nicht meinem Traum entspricht. John Hurt hat sich zu Beginn seine Karriere entschlossen, nur Hauptrollen anzunehmen. Soweit ich weiß, war er deshalb dreizehn Jahre arbeitslos. Aber welch ein Triumph folgte dann darauf!«
»Und was ist mit all den Schauspielern, die nicht John Hurt sind?«, wollte Jazz wissen. »Die erst dreizehn Jahre keine Arbeit hatten und dann noch einmal dreizehn Jahre und die an Alkoholvergiftung gestorben sind? Was machst du, wenn dir das passiert?«
»Sollte das mein Schicksal sein«, sagte David, »wüsste ich zumindest, dass ich nie Kompromisse eingegangen bin, und auch wenn mein Talent nicht erkannt wurde, hätte ich es doch auch nie verraten. Ich wäre erheblich lieber Van Gogh, den das Leben quälte und der unentdeckt starb, als irgendein bequemer Porträtmaler, der sein Talent aus Mangel an Selbstvertrauen prostituiert. Siegen ist alles. Trostpreise sind nichts. Davon bin ich wirklich überzeugt, Jason. Ich weiß, dass du mich für einen aufgeblasenen, arroganten Sack hältst...«
»Allerdings«, erwiderte Jazz.
»Und vielleicht bin ich es auch. Aber ich meine, was ich sage. Es kann nur heißen: alles oder nichts. Und deshalb wirst du nie Schauspieler werden, Kelly, und ich sage das als Freund, der nur die besten Absichten für dich in seinem Herzen trägt. Tu dir selbst einen Gefallen. Such dir einen anderen Traum.«
33. Tag 14:35 Uhr
Hooper drückte auf Stop. »David weiß, was er tut, er weiß nur nicht, dass es nicht funktioniert.«
»Wie?«, fragte Trisha.
»Na ja, er ist nicht dumm. Er muss wissen, dass er arrogant und gemein wirkt. Ich glaube, das ist seine Strategie. Es sind nicht immer die netten Leute, die bis zum Schluss in diesen Sendungen bleiben. Manchmal sind es die Schweine. David will wahrgenommen werden, und zwar als extrem gut aussehend, arrogant und skrupellos. Mit anderen Worten: ein Hauptdarsteller, ein Star. Ich glaube kaum, dass es diesen Mann kümmert, was er tut oder was die Leute von ihm denken. Er will nur ein Star werden.«
8. Tag 23:20 Uhr
Die Mädchen lagen auf ihren Betten und tranken heiße Schokolade. Schon bald drehte sich das Gespräch um Woggle, wie schon an so vielen Abenden in letzter Zeit.
»Er ist ein Irrer«, sagte Moon. »Er sollte in der Klapsmühle sitzen. Er ist einfach nicht ganz dicht.«
»Er ist seltsam«, sagte Kelly. »Ich mache mir nur Sorgen, dass er sich was antun könnte. Wir hatten in der Schule mal so einen Jungen wie ihn, nur dass er einen Irokesen hatte, keine Dreadlocks. Saß immer allein da und hat dabei vor sich hin genickt, genau wie Woggle, und am Ende hat er mit einem Messer auf seinem Arm herumgekritzelt, und alles war voller Blut. Die Schulkrankenschwester ist in Ohnmacht gefallen, so eklig war das.«
Nach einer Weile meldete sich Sally zu Wort. Neben Woggle war sie am wenigsten in die Gruppe integriert und bisher erst einmal in Erscheinung getreten, als sie darauf bestanden hatte, ihre Flagge der »Rainbow Lesbian & Gay Alliance« hinten im Garten zu hissen. Allerdings war es kein großer Zwischenfall gewesen, denn obwohl sich Sally alle Mühe gab, hatte niemand etwas dagegen einzuwenden gehabt.
Offenbar hatte Moons Bemerkung über Klapsmühlen bei ihr einen Nerv getroffen.
»Woggle ist nicht verrückt!«, fuhr Sally die anderen an. »Er ist nur schmutzig und schrecklich und politisch unausgegoren. Das ist alles. Verrückt ist er
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