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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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nicht.«
    »Na ja, ein bisschen verrückt ist er schon, Sally«, wandte Kelly ein. »Hast du gesehen, wie er diese Ameise aus dem Pool retten wollte? Ich meine, wenn das nicht verrückt ist...«
    »Hör gut zu, Kelly, davon hast du keine Ahnung, okay?«, fauchte sie so boshaft, dass die anderen zusammenzuckten. »Keinen blassen Schimmer! Leute wie du sind so voller Vorurteile und einfach nur ignorant, was Geisteskrankheiten angeht. Es ist jämmerlich! Absolut jämmerlich und außerdem behindertenfeindlich!«
    »Ich hab doch nur gesagt, dass er ein bisschen verrückt ist, Sally.«
    »Ich weiß, was du gesagt hast, und ich finde es total beleidigend. Nur weil jemand vielleicht ein kleines Problem mit seinem Gemütszustand hat, ist er ja noch kein widerwärtiger, asozialer Schmarotzer.«
    »Ja, aber er ist widerwärtig, Sally«, protestierte Kelly. »Ich meine, er tut mir Leid und alles, aber...«
    »Und genau darauf will ich hinaus, du blöde, ignorante Kuh! Er ist widerwärtig, nicht geisteskrank. Das ist nicht dasselbe. Alle Welt hat ständig diese beschissenen Vorurteile. Scheiße, Mann, werd endlich erwachsen, okay?«
    Kelly sah aus, als hätte man ihr ins Gesicht geschlagen. Sally hatte sich derart in Rage geredet, dass ihre Fäuste geballt waren und es fast schien, als würde sie im nächsten Augenblick zuschlagen.

    Im Monitorbunker wurde wie wild an den Reglern herumgedreht, um per Fernbedienung die Hotheads zu schwenken und die entscheidenden Gesichter ins Visier zu bekommen. Geraldine gab beiden Männern in den Kameragängen Anweisung, die Kameras sofort auf das Mädchenschlafzimmer zu richten. Der seltenste aller Augenblicke im Reality-TV schien soeben heranzureifen: ein Augenblick echter, spontaner Dramatik.

    »Hey, reg dich nicht auf, Sally«, sagte Dervla. »Kelly hat das Recht auf eine eigene Meinung.«
    »Nicht, wenn sie damit Minderheiten unterdrückt.«
    »Ich hab gar keine Meinung«, jammerte Kelly, der Tränen in die Augen traten. »Ehrlich.«
    »Hast du doch. Du siehst nur deine eigene Borniertheit nicht!«, schnauzte Sally. »Alle hassen und stigmatisieren die geistig Behinderten und geben ihnen die Schuld an den Problemen der Gesellschaft. Man verweigert ihnen die Behandlung, das System ignoriert sie, und wenn alle Jubeljahre mal irgendwas passiert und ein armer Schizo, der nie wieder in die Gesellschaft hätte entlassen werden dürfen, jemandem ein Messer in den Kopf rammt oder sonst was, dann gilt plötzlich jeder leicht Depressive im Land als potenzieller Mörder. Das ist doch alles blöder, ignoranter Schwachsinn!«
    Sally wurde immer wütender. Diese Seite an ihr hatten die anderen Mädchen noch nie gesehen. Die Knöchel an ihren geballten Fäusten wurden weiß, und zornige Tränen standen in ihren Augen.
    Kelly war einerseits offenbar völlig entgeistert, dass sie der Auslöser für eine solche Verletzung gewesen sein sollte, zugleich aber auch erstaunt darüber, wie ungeheuer schnell Sally die Fassung verloren hatte. »Es tut mir Leid, Sally, okay?«, weinte sie. »Falls ich etwas Dummes gesagt haben sollte, tut es mir Leid. Das wollte ich nicht, aber du brauchst deshalb wirklich nicht zu weinen.«
    »Scheiße, ich heul doch überhaupt nicht!«, schrie Sally.
    Moon, die auf ihrem Bett gelegen und das Gespräch mit toleranter, amüsierter Miene verfolgt hatte, richtete sich auf. »Sally hat Recht, aber sie hat auch gleichzeitig Unrecht«, urteilte sie herablassend. »Woggle ist nicht wirklich geisteskrank, er ist nur ein Schwein, was seinen Körpergeruch angeht, aber andererseits wäre ich mir nicht allzu sicher, wie nett und kuschelig der durchschnittliche Irre ist, Sally...«
    Sally wollte sie wütend unterbrechen, aber Moon fuhr fort.
    »Oder >Leute, die Probleme mit ihrem Gemütszustand haben<, wie du es zu bezeichnen beliebst. Ich habe in meinem Leben schon Durchgeknallte, echt Durchgeknallte und scheißgefährliche, fiese und gemeine Durchgeknallte gesehen, und eins kann ich dir sagen, meine Liebe: Die Gesellschaft hat guten Grund, sich vor denen zu fürchten. Ich jedenfalls tue es.«
    »Das ist doch nur ignorante Scheiße«, widersprach Sally. »Was verstehst du denn schon davon? Woher willst du denn irgendwas über Geisteskranke wissen?«
    »Und was ist mit dir, Sally?«, fragte Dervla, auf deren Gesicht ein leicht besorgter Ausdruck lag.
    Doch bevor Sally Dervlas Frage beantworten konnte, fuhr Moon fort. »Ich verstehe eine ganze Menge davon, Sally!«, keifte sie und schien

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