Tödlicher Schnappschuss
brummte Ulbricht und trat an
das Fenster. Der Regen hatte ein wenig nachgelassen, aber das Asphaltband
der Zentralstraße glitzerte im Licht der Autoscheinwerfer.
»Wovon redest du?«,
knurrte Maja und legte die Füße auf den Schreibtisch.
»Das liegt doch auf der
Hand, Maja. Die Vorberg-Brüder wurden erschossen, und man fand ihre
Leichen am Tatort. Bei Alexandra Voosen, so scheint es, ist ein anderer Täter
am Werk gewesen: Sie wurde vergewaltigt, erdrosselt und nach dem Eintreten
des Todes an einen anderen Ort gebracht. Um Spuren zu verwischen, sollte
ihr Leichnam in dieser Höhle verbrannt werden - das passt doch nicht
ins Schema unseres Täters.«
»Du meinst, es war ein
anderer Mörder am Werk?«
»Ich fürchte,
darauf läuft es hinaus.« Ulbricht riss sich vom Blick aus dem
Fenster los und wanderte durch den Raum. »Auch wenn anfangs alles
auf einen Racheakt hingedeutet hat - ich fürchte, wir müssen
noch mal komplett umdenken.«
Maja machte keinen Hehl
daraus, dass Ulbricht ihre Befürchtung ausgesprochen hatte. »Wir
fangen also wirklich wieder bei null an«, murmelte sie.
Ulbricht schüttelte den
Kopf. »Nicht ganz. Die gesammelten Fakten sollten wir noch mal
analysieren. Was wir haben, das haben wir. Nur müssen wir die
Geschichte noch einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel sehen.«
»Die Kollegen der Spusi
haben tatsächlich Schuhe der gesuchten Marke bei Hartmann gefunden,
die auch vor Ort anhand einer fehlenden
Zacke im Sohlenprofil identifiziert werden konnten. Somit steht fest, dass
Hartmann sich zum entsprechenden Zeitpunkt an der Rothesteinhöhle
befunden haben muss. Die Würgemale sind noch nicht identifiziert, und
auch auf den DNA-Abgleich warten wir noch. Trotzdem bin ich mir sehr
sicher, dass Hartmann Alexandra Voosen erst vergewaltigt und anschließend
getötet hat.«
»Die langen Haare in
seinem Bett sprechen dafür, aber nun hängt es wirklich vom
DNA-Abgleich ab. Sollte es sich bei den in Hartmanns Haus gefundenen
Haaren um die von Alexandra Voosen handeln, und sollte es sich bei dem
aufgefundenen Sperma um seines handeln, zieht sich die Schlinge um seinen
Hals enger. Wenn wir das Ganze dann mit den Schuhen und seinem Sperma
abgleichen, ist er reif.«
»Reif ist er erst, wenn
wir wissen, dass er es auch war, der ihr die Würgemale beigebracht
hat«, konterte Maja. »Und das dauert, fürchte ich. Die
Spurenträger sind auf dem Weg nach Hannover, und ich will hoffen,
dass das LKA uns heute noch Ergebnisse liefern kann.«
»Die Wartezeit können
wir uns mit der Suche nach dem anderen Mörder verkürzen«,
schlug Ulbricht säuerlich vor.
Sein Blick fiel auf den
verwaisten Schreibtisch von Jürgen Grundmann.
»Wo steckt der Vogel
überhaupt?«
Nun grinste Maja. »In
Hannover. Ich habe ihn zur Rechtsmedizin geschickt, wo er die ehrenvolle
Aufgabe hat, der Obduktion von Alexandra Voosen beizuwohnen.«
»Dann kann er hier
wenigstens nicht die Stimmung verpesten«, erwiderte Ulbricht
unbeeindruckt.
»Und ich hoffe, dass er
den Abschlussbericht gleich mitbringt.« Dauber, der in diesem
Augenblick Majas Büro betreten hatte, musste Ulbrichts letzten Satz
mitgehört haben. Er konnte sich ein Schmunzeln in Ulbrichts Richtung
nicht verkneifen, dann wandte er sich an Maja, die eilig die Füße
vom Schreibtisch nahm. »Es gibt Neuigkeiten«, eröffnete
er ihr. »Bei der Durchsuchung von Alexandra Voosens
Penthouse-Wohnung in Hannover haben wir eine externe Festplatte gefunden.
Die Kollegen von der IT waren so freundlich, die darauf gesicherten Daten
zu sichten. Wie wir feststellen konnten, befinden sich auf dieser
Festplatte ebenfalls Bilddateien, die offensichtlich eine Kopie der Daten
von Christian Vorbergs Rechner sind.«
»Noch mehr Fotos«,
brummte Ulbricht gelangweilt.
»Darf ich mal?«
Kriminaloberrat Dauber hatte Majas Schreibtisch umrundet und beugte sich
nun über ihre Tastatur. Er wählte sich ins Netzwerk ein und
öffnete einen Ordner, den die Kollegen der IT-Abteilung mit einem
Passwort versehen hatten. Sekunden später öffnete sich ein
Fenster mit Bilddateien.
Ulbricht war neben Dauber
getreten.
»Die Fotos hier zeigen
Arndt Hartmann, und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Aufnahmen mehr
als brisant sind. Sie zeigen Hartmann auf einem Golfplatz bei einer Geldübergabe
an einen jungen Mann. Hier, sehen Sie!« Dauber vergrößerte
Weitere Kostenlose Bücher