Tödlicher Schnappschuss
dass ich Ihnen die
unangenehme Aufgabe abgenommen habe, Frau Hutmacher die Nachricht vom Tod
Christian Vorbergs zu überbringen.«
»Sie erwarten
Dankbarkeit?« Majas Brust hob und senkte sich. Sie musste dringend
wieder mit dem Sport beginnen; ihre Herzfrequenz steigerte sich in
unmenschliche Höhen. Was bildete sich dieser Norbert Ulbricht
eigentlich ein?
»Keine Dankbarkeit. Ich
möchte mit Ihnen kooperieren«, entgegnete Ulbricht und nippte
an seinem Bier. »Ob Ihnen das nun gefällt oder nicht: Wir
sitzen im gleichen Boot, Frau Kollegin.«
Maja sparte sich eine
Antwort. So schwiegen sie sich einige Minuten an, und sie nutzte die Zeit,
ihren Puls zu beruhigen und um die Gedanken zu ordnen.
»Wie ist der Stand der
Ermittlungen?« Ulbricht lehnte sich zurück und verschränkte
die Hände hinter dem Kopf.
»Ich wüsste nicht,
was Sie das angeht«, erwiderte Maja ein wenig zu laut. Als sie
bemerkte, dass der Kellner am Tresen den Kopf hob und in ihre Richtung
blickte, war sie froh, dass sie jetzt die einzigen Gäste im Lokal
waren. Sie zwang sich zur Ruhe. »Herr Ulbricht - Sie sind zur Kur
hier, Sie sollten sich entspannen, um in Wuppertal wieder fit zu sein und
um dort die Verbrecher zu jagen. Und das Fachkommissariat 1 der
Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont und Holzminden ist personell gut
aufgestellt. Auf Ihre Hilfe sind wir wirklich nicht angewiesen.«
Maja zwang sich zur Diplomatie. Sie wagte nicht daran zu denken, was
Kriminaloberrat Dauber ihr vorhielt, wenn sich jetzt schon Kollegen, die sich in ihrer
Freizeit hier aufhielten, in ihre Ermittlungen einmischten. Als sie zum
Weinglas griff, zitterte ihre Hand. Die Sache drohte ihr über den
Kopf zu wachsen, und auch die Wohnungsdurchsuchung des Toten hatte kaum
verwertbare Ergebnisse gebracht.
»Ich bin hier und ich
werde Ihnen helfen«, murmelte Ulbricht nun und beugte sich über
den Tisch. Er lächelte. »Also, sperren Sie sich nicht gegen
meine Hilfe.«
Maja stellte das Glas ab und
zupfte an der strahlend weißen Decke herum. »Ich werde eine
Menge Ärger kriegen, so viel steht fest.«
»Unsinn. Solange wir am
Ende den Mörder von Christian Vorberg finden, zählt das
Ergebnis. Also -Waffenstillstand?«
Maja rang mit sich. Lieber wäre
es ihr gewesen, wenn sie sich bei Kriminaloberrat Dauber hätte rückversichern
können. Sie wagte zu bezweifeln, ob er einer Amtshilfe aus dem
Nachbarland zustimmen würde. Doch sie konnte und wollte sich nicht
mit Kompetenzgerangel aufhalten.
»Waffenstillstand«,
sagte sie und brachte sogar ein schwaches Lächeln zustande.
»Was hat denn die
Durchsuchung von Vorbergs Wohnung ergeben?«, kam Ulbricht zur
Tagesordnung zurück, als wäre es das Normalste der Welt.
»Nicht viel, fürchte
ich. Die Spurensicherung läuft. Ob etwas fehlt, können wir nicht
feststellen, allerdings ist es seltsam, dass sich in Vorbergs Wohnung
nicht ein einziger PC befindet.«
»Das ist nicht seltsam.«
Ulbricht schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck von seinem
Veltins. »Im Gegenteil - es ist ein Hinweis darauf, dass sich auf
Vorbergs Computer etwas befunden haben muss, das dem Täter oder den Tätern
schwer im Magen liegt.«
»Sie meinen, er hatte
Dateien archiviert, mit denen er anderen Schaden zufügen kann?«
»Konnte. Nun ist er
tot, und sein PC ist verschwunden. Das ist doch eine klare Sprache.«
»Wo sollen wir
anfangen?« Maja wirkte hilflos.
» Klinkenputzen.«
»Die Kollegen sind
schon unterwegs, um die Nachbarschaft zu befragen.«
»Gibt es ein
Adressbuch, ein Filofax oder so was?«
»Nichts dergleichen.«
Maja schüttelte den Kopf und fühlte sich plötzlich noch
hilfloser, als sie das zu Beginn des seltsamen Gespräches schon
empfunden hatte.
»Das Handy des Toten?«
»Spurlos verschwunden.
Die Ortung nach dem Gerät läuft noch. Wahrscheinlich, weil sich
darauf das digitale Adressbuch von Vorberg befunden hat.«
»Scheiß digitale
Welt«, brummte Ulbricht kopfschüttelnd.
Er drückte sich ein
wenig rustikal aus, aber er traf die Sache auf den Punkt, fand Maja.
Sekundenlang schwiegen sie
sich an. Majas Gedanken fuhren Karussell, und sie hoffte, dass die
Spurensicherung noch irgendetwas in Vorbergs Wohnung fand, das sie als
Schlüssel zum Täter nutzen konnte.
»Wir durchsuchen nicht
nur die Wohnung. Auch in Gullys und Mülltonnen werfen wir einen
Blick. Ich habe einen Spezialisten
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