Tödlicher Schnappschuss
Mensch leisten, also der Freund von der Tankstelle.«
»Wird erledigt.«
Der gelbe Engel zog ein Telefon aus der Tasche seiner Latzhose und
telefonierte. Und Ulbricht fragte sich, wie er nun weiter ermitteln
sollte. Ohne Auto stand er ganz schön blöd da.
Hameln, Polizeiinspektion,
10.50 Uhr
Immer wieder warf sie einen
Blick auf die Wanduhr. Ihr lief die Zeit davon, eigentlich hatte sie um
diese Zeit schon bei Vorberg auf der Matte stehen wollen. Doch die E-Mail,
die sie gerade aus Hannover bekommen hatte, war wichtig. Maja blätterte
im Obduktionsbericht, den ihr die Medizinische Hochschule in Hannover eben
gemailt hatte. Dort befand sich die Gerichtsmedizin.
Demnach war Christian Vorberg
an einem einzigen Schuss, abgegeben aus nächster Nähe,
gestorben. Auch Daten über das Kaliber fand sie. Neun Millimeter, das
konnte ein Schuss aus einem Gewehr oder einer Pistole gewesen sein; viele
handelsübliche Waffen verfügten über dieses Kaliber. Somit
schied ein entscheidender Hinweis auf die Tatwaffe zunächst aus. Die
Patronenhülse war am Tatort von der Spurensicherung gefunden worden
und befand sich nun in der Kriminaltechnik im Keller. Möglicherweise
konnte man dort etwas zum Waffentyp sagen, mit dem geschossen worden
war.
Maja las weiter.
Schmauchspuren und eine genaue Blutspurenanalyse schlössen einen
Suizid aus. Selbstmord hatte sie aufgrund der ersten Ermittlungsergebnisse
auch nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Er hatte viel Blut verloren und
sich bei dem Sturz über die Mauer auf der Burg Polle mehrere Rippen
gebrochen. Dann las Maja etwas, an das sie bislang nicht gedacht hatte:
Der Bericht gab darüber Aufschluss, dass Vorberg zum Zeitpunkt des
Todes unter Drogen gestanden hatte. Man hatte Rückstände von
Cannabis in seinem Blut gefunden.
War dies ein Hinweis darauf,
dass Vorberg mit Drogengeschäften zu tun gehabt hatte?
Plötzlich erschien es
logisch, dass man seine Wohnung durchsucht und offenbar nichts gefunden
hatte. Oder man hatte das Gras, wenn er es denn in seiner Wohnung
aufbewahrt hatte, mitgenommen, noch bevor Ulbricht sich in der Wohnung
umgesehen hatte.
Was, wenn sich Christian
Vorberg auf Burg Polle mit einem Abnehmer oder gar mit seinem Dealer
getroffen hatte, wenn dort die Situation eskaliert und es zum Schuss
gekommen war, der Vorbergs Drogenkarriere jäh beendet hatte?
Plötzlich erschien ihr
der Mord an Christian Vorberg in einem völlig neuen Licht.
Maja griff zum Hörer und
rief beim 2. Fachkommissariat der Polizeiinspektion
Hameln-Pyrmont/Holzminden an. Dort war man für Drogenkriminalität
zuständig.
Maja erhoffte sich einen
Hinweis auf Christian Vorberg, der möglicherweise bei einer Drogenübergabe
erschossen worden war. Sollte Vorberg bei den Kollegen bereits bekannt
sein, würde sie das Fachdezernat für Drogen in den Fall
einbeziehen.
Nachdem ein Kollege im 2.
abgenommen hatte, vernahm sie die rauchige Stimme von
Kriminalhauptkommissar Christoph Berthold. Er war Kettenraucher, und Maja
fragte sich, ob das zu seinem Beruf passte.
Sie erkundigte sich bei
Berthold, ob der Name Christian Vorberg bereits in Zusammenhang mit
Cannabis in irgendeiner Form aufgetaucht war. Sie hörte, wie er im
Hintergrund eine Computertastatur bearbeitete.
»Nein«, erwiderte
der Kollege, nachdem er die Datenbänke befragt hatte. »Er
scheint clean gewesen zu sein.«
Maja berichtete ihm, dass der
Fotograf unmittelbar vor seinem Tod Cannabis konsumiert hatte, und löste
damit einen mittleren Anfall von Heiterkeit bei KHK Berthold aus.
»Maja, nichts für
ungut, aber er war ein Künstler.«
»Willst du mir erzählen,
dass alle Kreativen kiffen?«
»So würde ich das
nicht nennen, aber es muss nicht zwangsläufig zu bedeuten haben, dass
er in Drogengeschäfte verwickelt war. Vermutlich hat er sich das Gras
von einem Freund besorgt, der größere Mengen bezieht. Wir
nennen diese Leute Unterhändler. Da kommen wir so leicht nicht
hinter. Und sei mal ehrlich: In jungen Jahren haben wir auf irgendeiner
Party doch alle mal an einer Tüte gezogen, sind wir deshalb drogenabhängig?«
»Vorberg war längst
der Pubertät entwachsen«, sagte Maja, die sich verzweifelt an
einen Strohhalm klammerte.
»Wenn du seine Kontakte
durchleuchtest, lass mir eine Kopie zukommen. Ich werde sie mit unseren
Datenbänken abgleichen, und sobald ein alter
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