Tödlicher Schnappschuss
ich Ihnen meine Geschichte, und wer weiß?
Vielleicht trägt sie ja zur Aufklärung des Mordes bei?«
»Nennen Sie Ort und
Uhrzeit.«
»Kennen Sie die
Hufeland Therme?«
»Das Schwimmbad?«
»Ich sehe, Sie kennen
sich im Weserbergland gut aus. Kommen Sie um 19 Uhr dorthin. Ich erwarte
Sie in der Meersalzgrotte. Dort werden wir ungestört reden können.«
»Wie erkenne ich Sie?«
»Oh, das müssen
Sie nicht. Ich werde Sie erkennen. Bis später also.«
Der geheimnisvolle Anrufer
hatte die Verbindung unterbrochen. Ulbricht schüttelte den Kopf und
überlegte, ob er Maja informieren sollte. Andererseits hatte der
Anrufer ihm gesteckt, dass er der örtlichen Polizei nicht über
den Weg traute. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Waren die Kollegen
etwa korrupt, oder fürchtete der Mann nur, dass vertrauliche
Informationen an die Öffentlichkeit gelangten?
Ihm konnte es recht sein, und
wenn er anschließend Maja einen entscheidenden Hinweis liefern
konnte, würde sie ihm ganz bestimmt nicht böse sein. Außerdem
sagte sie ihm auch noch lange nicht alles. Trotzdem hatte er sich längst
schon vorgenommen, Maja den Mörder von Christian Vorberg frei Haus zu
liefern.
Evangelisches Krankenhaus
Holzminden, 12.00 Uhr
»Bitte warten Sie!«
Maja blieb auf dem Korridor
der kardiologischen Abteilung stehen und wandte sich um. Die Stimme war
aus dem Schwesternzimmer gekommen.
Es war Dr. Daniel Kunst
gewesen, der hier auf sie gewartet hatte. Mit langen Schritten trat er auf
Maja zu. Sie beobachtete den Mediziner aufmerksam und stellte fest, dass
seine Blicke ein wenig unstet umherhuschten. Er schien nervös zu sein
und hatte seine Autorität, die er eben noch bei Hildegard Vorberg
ausgelebt hatte, verloren.
»Ich weiß, in
Krankenhäusern ist das Telefonieren mit dem Handy verboten«,
murmelte Maja und schaltete ihr Mobiltelefon aus.
Sie fragte sich, was Dr.
Kunst von ihrem Telefonat mit Ulbricht mitbekommen hatte.
»Schon gut.«
Wieder das kalte Lächeln, wieder ein Zucken im Augenwinkel. »Haben
Sie einen Augenblick Zeit für mich?«
»Natürlich.«
»Bitte kommen Sie,
gehen wir in mein Büro.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, ging Dr.
Kunst voraus. Maja hatte Mühe, ihm zu folgen und blickte auf den
wehenden Kittel.
Am Ende des Ganges zog er
einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete eine
schalldichte Tür, hinter der sein geräumiges Büro lag. Ein
massiver Holzschreibtisch vor dem Fenster, dahinter ein bequemer
Chefsessel, keine Baumarkt-Ware. Die rechte Wand wurde fast komplett von
einem bis an die Decke reichenden Bücherregal eingenommen, linkerhand
gab es einen runden Glastisch, um den man vier Stühle gestellt hatte.
Auf dem Besprechungstisch stapelten sich Aktenordner. In einer Ecke gab es
einen Trinkwasserspender, auf einer Anrichte eine hochmoderne
Kaffeemaschine.
Kein Stethoskop auf dem
Schreibtisch, kein Plastikskelett in der Ecke - dies war nicht das
typische Arztbüro, stellte Maja einigermaßen erleichtert fest.
»Nehmen Sie Platz«,
forderte Kunst sie auf und zeigte auf den Besucherstuhl vor seinem
Schreibtisch. Hier herrschte schlichte Eleganz - es gab einen ultraflachen
Computermonitor, eine flache Tastatur mit weißer Maus und ein
schnurloses Telefon. Maja setzte sich. Ihr Blick flog über die
zahllosen Bücher im Regal. Fast ausschließlich medizinische
Fachbücher, dessen Titel ihr nicht viel sagten. Zwischen all den Wälzern
erkannte sie auch ein Taschenbuch - den Kriminalroman eines Hamelner
Verlagshauses.
»Ich liebe Krimis«,
lächelte Kunst, als er ihren Blick bemerkte. »Und wenn sie in
unserer Region spielen und man die beschriebenen Örtlichkeiten kennt,
hat die Geschichte noch einen ganz besonderen Reiz.« Er setzte sich
und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sicher haben Sie mich nicht
in ihr Büro geführt, um mit mir über Ihre Vorliebe für
Weserbergland-Krimis zu sprechen«, vermutete Maja.
»Das stimmt natürlich.«
Kunst räusperte sich. »Es geht um Frau Vorberg. Der Mord an
ihrem Sohn ist sicherlich sehr tragisch.« Er legte eine Pause ein,
zeigte dann auf den Krimi im Buchregal und fuhr fort: »Und manchmal
werden wir von der Realität eingeholt, und die ist schlimmer, als sie
sich ein Krimiautor ausdenken kann.«
»Sie scheinen sich
auszukeimen, Dr. Kunst«, lächelte Maja.
»Wie dem auch sei - ich
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