Toedlicher Staub
Ex-Finanzpolizist unterbrach sich: »Gibt es im Ernst ein Risiko, dass das Unternehmen in eine andere Region ausweicht?«
»Das gibt es allerdings, solange nicht alle bürokratischen und gesetzlichen Probleme bereinigt sind«, antwortete der Ex-General. »Aber das sollte uns nicht zu viele Sorgen bereiten. Perdas de Fogu hat ein paar Merkmale, die es unvergleichbar machen: Es erstreckt sich auf Land und auf See, und es ist dünn bevölkert. Die Waffenindustrie wird immer wieder auf uns zurückkommen.«
Es fiel Tore auf, dass er über das militärische Sperrgebiet sprach, als würde es auch ihm gehören. Dieses Geschäft brachte ihm mit Sicherheit eine hübsche Aufstockung seiner Pension ein.
»Morgen früh fliege ich nach Rom«, kündigte der Ex-General an. »Jetzt heißt es an allen Fronten Druck aufbauen. Und der Senator muss die Leute hier aus der Gegend mobilisieren, dass die sich zu Wort melden. Schließlich garantieren wir denen Wohlstand für die nächsten zwanzig Jahre.«
Nina kam ins Zimmer und setzte sich auf den Rand des Bettes. Sie war blass und fuhr sich mit der Hand über das verschwitzte Gesicht. Pierre fixierte sie schweigend.
»Deidda hat versucht, mich reinzulegen«, erzählte sie mit dünner Stimme. »Zu unserer Verabredung sind zwei andere gekommen, und er wusste nicht mal, wer das war.«
Der Deserteur hörte zu, ohne sie zu unterbrechen, was auch nicht nötig war, denn ihr Bericht war präzise und ließ kein Detail aus, das hatte sie in jahrelanger Laborpraxis gelernt.
»Offenbar ist jetzt jemand anderer für uns zuständig«, meinte Nina, den Mund zu einer bitteren Grimasse verzogen.
»Vielleicht waren das die, die uns angegriffen haben?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das waren nicht sie. Der Typ, der aus dem Wagen stieg, war vermutlich ein Militär.«
»Ex-Söldner, Security-Mann«, mutmaßte Nazzari. »Privatwirtschaft.«
»Was meinst du, was hatten die vor?« Ein Schauder lief ihr über den Rücken.
»Sie hätten dich gezwungen, sie hierherzuführen, und dann hätten sie uns beide umgebracht. Zum Glück haben sie dich nicht gesehen. Ich hab ja gesagt, geh nicht.«
»Ich will aber nicht enden wie du«, sagte sie. »Das habe ich nicht verdient.«
Pierre nickte. »Jetzt beruhige dich erstmal. Wir finden eine Lösung, du wirst schon sehen.«
Sie stand auf und ging hinaus. Er war erleichtert, dass sie wieder da war. Sie mochte ihn zwar verachten und hassen, trotzdem war es besser, als mit Schmerzen und Angst allein zu sein.
Kevin war keine Intelligenzbestie. Ghisu hatte ihn nur darum in die Bar geschickt, weil sein Gesicht in der örtlichen Unterwelt noch wenig bekannt war. Er war der jüngste Neuzugang der Bande, nachdem Angelo ihn in einem Dorf in der Provinz kennengelernt und nach Cagliari mitgebracht hatte. Der Auftrag war unkompliziert, und trotzdem brachte er es fertig, ihn gründlich zu versieben. Die Schuld lag allein bei Ghisu, der nicht bedacht hatte, dass die Stammgäste bestimmter Bars ausgekochte Schlitzohren sind, die ziemlich zudringlich werden können, wenn ein Unbekannter mit irgendwelchen Botschaften auftaucht, zumal wenn der Kerl anmaßend auftritt. Für Kevin war es ganz normal, eine Bar am Stadtrand aufzusuchen, sich an den Tresen zu stellen und die anderen Gäste bei einem Bier herausfordernd zu mustern. Und darum, so wurde später Sebastiano berichtet, hatten sie ihn dann auch »ausgequetscht«. Mit Hilfe von ein paar Bierchen, Geplauder, Gelächter. Irgendwann gelang es Kevin schließlich, seine Nachricht loszuwerden, zugleich aber ließ er sich eine Nebenbemerkung über Ghisu entlocken, die bei einem gewissen Gavino auf aufmerksame Ohren stieß, der sich in der örtlichen Halbwelt gut auskannte, immerhin gehörte er selbst dazu, und obwohl er sich nur mit dem Weiterverkauf von gestohlenen Autoersatzteilen beschäftigte, kannte er den Dealer gut von einem gemeinsamen Aufenthalt im Zuchthaus Buoncammino. Als Kevin zufrieden grinsend die Bar verließ, folgte Gavino ihm unauffällig. Und als er ihn mit Angelo sah, Ignazio Ghisus rechter Hand, zerstreute das den letzten Zweifel an dem Wert, den diese Information für Sebastiano Trincas haben dürfte.
Er brauchte einige Mühen, um Trincas aufzutreiben. Erst spätnachts konnte er ihm das Geschäft anbieten, während er in ein mit Pferdefleisch und Zwiebeln belegtes Panino biss, die Spezialität eines Imbisswagens am Hafen.
»Da ist wer, der dich sucht, um dir die Mistkerle zu verkaufen, die deine Bar
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