Toedlicher Sumpf
kann Rob Conti den Leuten vielleicht weismachen, dass er einfach ein guter Tänzer und Salonlöwe ist, aber in Wahrheit ist er vor allem Geschäftsmann. Als ich für die Times-Picayune über die Eröffnung des »Code Noir« schrieb, habe ich ihn gesehen, wie er im steifen weißen Hemd und mit polierten Schnürschuhen in Meetings saß, auf den Bildschirm seines Laptops starrte und jedes Wort, das fiel, verarbeitete. Er war daran gewöhnt, bei solchen Zusammenkünften der einzige Schwarze zu sein. Das hat die Wall Street ihn gelehrt.
Es mag sein, dass man ganz und gar ohne Tanzen auskommt, wie Jane Austen einmal geschrieben hat, aber sie war auch nie in New Orleans. Das »Code Noir« unten im Faubourg Marigny, wo Robs Familie seit Generationen lebt, hat die beste Soundanlage der ganzen Stadt; es befindet sich in der Nachbarschaft des alteingesessenen Jazzclubs »Snug Harbor« und modernerer Läden wie »Blue Nile« oder »The Spotted Cat«. Das Faubourg Marigny ist kantiger, rauer, weniger touristisch als der Rest des French Quarter; hier tummeln sich die hippen jungen Leute. Ohne groß dafür Werbung zu machen, bietet Rob Maisbrot und Gumbo für einen Dollar die Portion an – bis um zehn der Eintritt fällig wird. Dann kriegt manfür fünfzehn Dollar den besten Funk der Welt. Mit dieser Gumbo-Strategie gewinnt das »Code Noir« eine weitaus bodenständigere Stammkundschaft als viele andere Clubs, in denen eher Typen aus Studentenverbindungen und Touristen das Bild bestimmen. Und das entwickelt eine Eigendynamik: Es spricht sich herum, dass hier die cooleren Leute sind; daraufhin drängen immer neue Gäste in den Laden, und mehr Bands wollen hier spielen. Außerdem gefällt es vielen schwarzen Musikern, dass der Club einem Schwarzen gehört. So bleibt das Geld in der Familie.
Deshalb ist die Hochzeit von Soline und Rob praktisch genauso bedeutend wie die Eheschließung junger Thronfolger. Sie sind die Hottest Young Royals des Jahres 2008.
Untergehakt schlendern Soline und ich den Teil der St. Charles Avenue entlang, an dem eine riesige Villa neben der anderen steht. Unsere Absätze klappern über den Fußweg; ich bemühe mich, harmlos zu plaudern. Unterschwellig befasst mein Hirn sich vielleicht mit Statistiken über Sexualstraftäter, aber wir reden über Vernissagen, Klamotten – Dinge, die in meinem Ressort eben so Thema sind.
»Also, ich hab mir gedacht, ich pflanze duftende Sachen«, sagt sie, als wir »French Fountains« erreichen. »Weißt du? Gardenien, Liguster, Jasmin.« Solines Single-Eigentumswohnung befindet sich in einem schönen graugrünen Gebäude ein Stück weiter die St. Charles Avenue hinunter; hohe Magnolien stehen auf dem Grundstück, das schmiedeeiserne Tor ist videoüberwacht. Ihr hübsches kleines Nest zu verkaufen hat eine Menge Ängste in ihr ausgelöst, aber sie hilft sich, indem sie sich auf die neue Wohnung konzentriert. Rob und sie haben sie zusammen gekauft, und es gehört einer jener geheimen, von Backstein und Efeu eingeschlossenen Innengärten dazu, die in New Orleans so typisch sind. »Dann können wir draußen sitzen und einfach nur atmen.« Sie selbst duftet, wie immer, nach Tuberose. Angenehm. Leicht. Süß.
Wir schlüpfen unter einem Torbogen hindurch und betreteneine fremde, von Mauern umgebene Welt. Als Soline Fountain sagte, dachte ich, sie meint irgend so ein Hundert-Dollar-Objekt, das man sich hinstellen kann, wenn man das Plätschern von Wasser hören möchte, aber das hier ist eine ganz andere Kategorie. In dem Hof stehen massenweise alte Springbrunnen, die allesamt größer sind als ich – Bronze, Stein, schwarzes Material. Kaltes Wasser perlt, spritzt, rinnt in Becken, so groß wie Whirlpools. Verwitterte Statuen, schnörkelige Eisentische, Vogeltränken, anmutig hingegossene Steinnymphen, alles aus Anwesen und Plantagen in der Umgebung geborgen. Überall zwischen den zum Verkauf angebotenen Objekten wachsen Palmen und Magnolien, und die elfenbeinfarbenen Magnolienblüten erfüllen die sonnenhelle Luft mit ihrem süßen, zitronigen Duft.
Der Ort ist verwirrend, eine Art exklusiver Geisterbahn. Steinerne Frauengestalten ragen über uns auf, winken uns aus überraschenden Winkeln zu. Kupferfarbene Wasserspeier glucksen und plätschern. Blassrosa Blüten schaukeln auf Oleanderzweigen, und der Geruch der Ligusterbüsche ist so schwer, dass man davon Kopfschmerzen bekommt.
Knirschend versinken unsere Absätze in dem weißen Kies. Ich studiere die von der Sonne
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