Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
selbstverständlich zu halten. Sie bog in einen Korridor, der in den Vorraum mündete und schob gleich darauf ihre Ausweiskarte in den Sperrschlitz einer weiteren Tür. Als sich die Tür öffnete, blieb sie darin stehen und sprach mit irgendjemandem.
Die Eingebung sagte Susan, dass es Palmer war, und endlich bewegte sie sich vom Fleck. Gleich links vom Fahrstuhl befand sich eine Toilette. Sie ging rasch hinein und ließ die Tür offen, sodass sie den Korridor überblicken konnte.
Einen Augenblick später trat die Frau aus der Tür, gefolgt von einem Mann. Es war tatsächlich der Neurologe, sie erkannte die schmächtige Gestalt und das GroßvaterGesicht trotz der Schutzkleidung, die auch er trug. Die beiden unterhielten sich zwanglos und kehrten zur Abteilung 1 zurück, woher die Frau gekommen war. Palmer öffnete die Tür, indem er seine Karte einschob, und beide verschwanden.
Jetzt erst erinnerte sich Susan. Michael hatte erwähnt, dass es im zweiten Stock zwei Abteilungen gab: Abteilung 1, wo die Operationen durchgeführt wurden, und Abteilung 2, wo die EGs lebten.
Sie verließ die Toilette, durchquerte den Vorraum und ging auf die Tür zu, aus der Palmer gekommen war. Es war tatsächlich Abteilung 2. Sie wollte bereits Tonis Ausweiskarte einschieben, als sie sich erinnerte, dass sie keine Schutzkleidung trug. Der Erste, dem sie begegnete, würde sie wahrscheinlich stoppen.
An der gegenüberliegenden Seite des Korridors entdeckte sie einen kleinen Raum mit Garderobenschränken. Einem der Schränke entnahm sie eine Hose, einen Kittel, Überschuhe aus Plastik und eine Haube mit Gesichtsmaske und zog sie an. Sobald sie diese Kleidung durch Operateurshandschuhe vervollständigt hatte, durchquerte sie erneut den Flur und trat auf die Tür von Abteilung 2 zu.
Im letzten Augenblick hätte sie beinahe die Nerven verloren. Ihr Herz pochte, ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Sie geriet in Panik bei dem Gedanken an das, was sie vielleicht entdecken würde. Es war, als öffnete sie Johns Grab ein Jahr nach seinem Tod – wenn er wirklich gestorben war.
Im letzten Augenblick wollte sie sich die Kleidung, die sie soeben angelegt hatte, vom Leib reißen und für immer davonlaufen, vor Michael, vor allen. Auch vor John. Sie wünschte fast, John wäre wieder tot und ihr Leben wäre wieder das sichere neue, das sie aufzubauen begonnenhatte: eine neue Wohnung, neue Arbeit, eine neue Liebe. Aber nicht das hier. Nicht dieser Alptraum, der mit dem zufälligen Druck auf eine Computertaste und dem Aufleuchten von grüner Schrift auf einem matten Bildschirm angefangen hatte.
Susan schob die Karte in den Schlitz und die Tür öffnete sich.
Sie betrat einen kleinen Raum. Er war vollgestopft mit medizinischen Überwachungsgeräten, Glasschränken und fahrbaren Tischchen, Tonbandgeräten und Fernsehmonitoren. Beobachtungsfenster ließen zwei dahinterliegende Räume erkennen, die jetzt in Dunkelheit gehüllt waren. Der eine schien weitaus kleiner zu sein als der andere.
Ein junger Mann saß an einem Steuerpult mit Reihen von Schaltern und Knöpfen, die von einer Lampe schwach beleuchtet wurden. Er trug ebenfalls Schutzkleidung, hatte aber die Haube abgenommen. Das Namensschild wies ihn als diplomierten Pfleger aus. Er blickte zu Susan auf. Er kannte sie nicht. Wer war sie? Was tat sie hier?
Sie versuchte zu denken. Er konnte nicht wissen, dass sie Tonis Karte verwendet hatte. Er würde denken, dass sie autorisiert sei, einfach deswegen, weil sie hier war und die entsprechende Kleidung trug.
Sie entschied sich für einen Bluff. „Guten Abend. Ich bin von der Forschungsabteilung. Ich muss zu Flemming.“
„Bitte. Gehen Sie rein. Er lässt sich wahrscheinlich gerade wieder etwas einfallen, wie er alle verrückt machen kann, bevor er selbst verrückt wird.“
In jeden der Räume führte eine Tür mit einer roten Warnlampe darüber. Das bedeutete wahrscheinlich, dass sich dahinter eine Bakterienschleuse befand, die die Räume hermetisch abschirmte. Die Lampen leuchtetenvermutlich auf, wenn jemand in der Schleuse war und niemand weiterer eintreten durfte.
Susan zögerte. Die Angst lähmte sie beinahe. Sie wusste, dass sie weitergehen musste, der junge Pfleger hatte sich ihr zugewandt und blickte sie fragend an. Aber sie konnte nicht.
Dann riss sie sich zusammen und trat zu der Tür des größeren Raumes.
„Einen Augenblick.“ Die leise Stimme des Pflegers klang wie ein unterdrückter Schrei. „Er ist noch im Labor. Ich glaube,
Weitere Kostenlose Bücher