Toedliches Verlangen
Einheit hatten ihn schon aufgeschnappt. Sogar noch nachdem sie sich die Haare abgeschnitten hatte – vom Pferdeschwanz zum Pixie –, klebte dieser gottverfluchte Name an ihr wie Kaugummi an der Schuhsohle.
Nur ihr Partner kannte Gnade und nannte sie nie so. Er wusste, dass sie es nicht mochte. Nicht, dass sie es ihm erzählt hatte. Aber Mac war so – er hatte eine so geschärfte Wahrnehmung, dass es ihr manchmal Angst machte.
»Hey, Ange … hier drüben.«
Wenn man vom Teufel sprach.
Angela achtete nicht auf den Gestank nach Wochen altem Müll und trat in den Eingang der Gasse, hin zu dem muskulösen Zwei-Meter-Iren. Mac war ein Mann, den die Frauen gern ansahen, ein Harvard-Genie mit jeder Menge Straßenschläue … Ein Augenschmaus, aber nicht leicht zu verdauen.
Die meisten Cops wollten nicht mit ihm arbeiten. Er war zu aggressiv, zu hitzig, zu, na ja, alles . Angela hatte die Geschichten gehört, war von allen Seiten gewarnt worden, dass Mac ständig bis an die Grenzen ging und bald draußen sein würde, aber ein Zufallstreffer der Dienstplanung hatte sie zusammengebracht. Jetzt, fast zwei Jahre später, konnte sie sich nicht mehr vorstellen, mit jemand anderem zu arbeiten.
Und der größte Vorteil? Kein Funken sexuellen Interesses bedrohte ihre Beziehung.
Die meisten Frauen hätten diese Tatsache bedauert, sich überschlagen, um Macs Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie nicht, vielen Dank. Sie mochte die Große-Bruder-Schwingung. Und ihm ging es ebenso. Sie waren das perfekte Duo in einem weniger perfekten Job. Sie verstanden sich vollkommen, ohne dass es sexuelle Spannungen kompliziert gemacht hätten. Großartig.
In ihren Stiefeln ging sie über den aufgesprungenen Asphalt, stieg über eine zerbeulte Cola-Dose und trat neben ihren Partner. »Schlaft ihr Iren eigentlich nie?«
Mac entblößte die perlweißen Zähne, das Lächeln halb Engel, halb Teufel. »Nicht viel. Und wenn, dann nie alleine.«
Angela verdrehte die Augen, ließ ihm die Bemerkung aber durchgehen. Sie musste ihn nicht wegen seiner Schlaflosigkeit drangsalieren. Ganz gleich, wie subtil ihre Andeutung gewesen war, er hatte die Botschaft verstanden. »Du bist echt abartig, weißt du das?«
Er zuckte mit den Schultern, tippte mit dem Kugelschreiber auf seinen Notizblock und wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Männern der Spurensicherung auf der anderen Seite des ramponierten Müllcontainers zu. Mit aufgeklappten Silberkoffern und den Werkzeugen in der Hand bearbeiteten die beiden Profis den Tatort: machten Fotos, zogen Markierungen, sammelten alle Hinweise, bevor der Gerichtsmediziner erschien und die Leiche wegtrug.
»Unter zwanzig, Ange. Du wirst schneller.« Mac verlor die Geduld und ging zu einem der kleinen orangen Hütchen hinüber, die auf dem Asphalt aufgestellt waren. Er ging in die Hocke, um den Fund zu begutachten, der daneben lag, und warf ihr einen Blick über die Schulter zu. »Hast das Zähneputzen ausgelassen, hm?«
Mit dem Pfefferminz im Mund starrte Angela ihn nieder. »Halt’s Maul und erzähl mir, was los ist.«
»Totes Mädchen … hieß Hannah Gains.« Er unterdrückte ein Lächeln über die Big-Cop-Attitüde, die sie ihm zuteilwerden ließ, und stand auf. »Neunzehn Jahre, eins dreiundfünfzig, braunes Haar, blaue Augen. Erstes Semester an der Seattle University.«
»Scheiße.«
»Bei mir hat es sich ein bisschen schlimmer angehört.«
»Das glaube ich gerne«, sagte sie. Sie wusste, dass Macs Vokabular dem einer Straßengang glich. »Noch irgendwas?«
»Riesiger Stiefelabdruck … Militärware.« Im Kiefer ihres Partners zuckte ein Muskel, als er mit dem Stift in Richtung des Mädchens wies, das wie eine weggeworfene Puppe auf dem feuchten Asphalt lag. »Ungefähr Größe achtundvierzig, würde ich schätzen.«
Mit einem leisen »Hey« grüßte sie den Kollegen von der Spurensicherung, der gerade unter den Fingernägeln des Opfers herumkratzte, und ging hinter Mac vorbei dorthin, wo das tote Mädchen lag, die Augen weit aufgerissen, den leeren Blick in den sternenlosen Himmel gerichtet. Der Anblick schnürte Angela die Kehle zu. Dieser kranke Bastard. Was er getan hatte … wie er sie hatte liegen lassen: halb nackt im tiefsten Dreck, den die Stadt zu bieten hatte.
Angela ging ein Stück neben ihr in die Hocke. Das Herz wurde ihr schwer, als sie das erste Mal einen Blick auf das Gesicht des Opfers warf. Ja, sie passte ins Profil: jung, hübsch, eine langbeinige Brünette in Neckholdertop und
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