Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toete John Bender

Toete John Bender

Titel: Toete John Bender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Voss
Vom Netzwerk:
konterte sie und stützte sich auf den Ellenbogen ab. Er lachte und stand auf.
    »Wir müssen gleich los, Trinkwasser holen«, kündigte er den Dreien an. »Ich sag Doris bescheid. Wisst ihr, wo Wolfgang ist?«
    »Der schläft im Zelt«, antwortete Sascha.
    Frederik verkniff sich eine Antwort. Tom informierte Doris, die nun gelöster wirkte, ging ins Zelt und weckte Wolfgang, indem er ihn am Bein schüttelte.
    »Fünf-Minuten-Schlaf«, sagte Wolfgang und sprang auf. »Mehr brauche ich nicht.«
    »Gut. Sehr gut, Wolfgang. Wenn du fertig bist, können wir aufbrechen.«
    Tom verließ das Zelt, holte fünf 20-Liter-Wassersäcke und wartete an der Jurte darauf, dass alle sich versammelten.
    »Hallo Gruppe«, begrüßte er sie grinsend und winkte ihnen zu.
    »Hallo Coach«, antwortete Sascha und provozierte Gelächter, in das auch Tom mit einstieg. Er wartete ab, bis Ruhe einkehrte.
    »Wir werden gleich einen kleinen Ausflug unternehmen, bei dem ihr einen Teil der Insel kennenlernen werdet. Wir werden zu einem Süßwassersee wandern und diese Wassersäcke …«, er hielt einen der Behälter exemplarisch in die Höhe, »… mit dem leckersten Trinkwasser ganz Dänemarks füllen.«
    »Ja, ja«, kommentierte Silvia die vermeintliche Übertreibung.
    »Nein, wirklich! Das Wasser schmeckt fantastisch, glaubt mir. Ich kenne nur noch einen weiteren See in Schweden, dessen Wasser vergleichbar schmeckt. Beide haben eine Trinkwasserqualität der Kategorie A, ein Spitzenwert für ein ruhendes Gewässer«, beharrte Tom auf seiner These.
    »Na dann!«, brummte Wolfgang. »Wollen wir endlich los?«
    Tom nickte. »Ja, lasst uns aufbrechen. Ach ja, jeder hat vernünftiges Schuhwerk an? Keine Badelatschen oder barfuß?«
    Er kontrollierte flüchtig das Schuhwerk aller Teilnehmer.
    »Also, los!«, gab er den Startschuss und sie brachen auf.
    Sie passierten das Wäldchen, in dem sie die Stämme für die Jurte geschlagen hatten, und je weiter sie in das Inselinnere gelangten, desto heißer wurde ihnen. Die Sonne stand prall am Hochsommerhimmel, kein Lüftchen regte sich und es duftete nach trockenem Wald und Gräsern. Die Grillen zirpten, wie sie es nur im Juli vermochten, Finken hüpften durch niedriges Dickicht und Ziegenmelker schwirrten auf ihrer Jagd nach Insekten durch die Luft. Nicht weit entfernt durchbrach ein Hügel die weite Ebene und wirkte in dieser Kulisse künstlich, wie ein Hünengrab oder eine Warft. Daneben wuchs der einzige Wald der Insel, der auch hochgewachsene Buchen, Eichen und Weiden beherbergte. Tom hielt auf den Wald zu, verharrte plötzlich und deutete auf einen am Himmel kreisenden Punkt, der langsam näher kam.
    »Ein Bussard«, urteilte er, beobachtete den Flug des Raubvogels, wartete, bis ihn jeder entdeckt hatte, und ging dann weiter.
    Direkt am Waldrand folgten sie einem sandigen Pfad, bis der Hügel wieder in Sicht kam. Im Schatten uriger Weiden führte eine Böschung zu einem schilfbewachsenen Seeufer. Eine Entenfamilie schrak auf und trat quakend die Flucht durch Binsenkraut und Rohrkolben an.
    »Hier ist der See«, sagte Tom mit gedämpfter Stimme. »Aber wir müssen noch ein wenig weitergehen, um an einen kleinen Strand zu gelangen, von wo aus wir bequem Wasser abfüllen können.«
    Sie schlüpften durch einen natürlich gewachsenen Eingang ins Unterholz und betraten einen Tunnel aus Pflanzen, der den See umrahmte. Nach einiger Zeit lichtete sich der Bewuchs und sie schritten an der sonnenbeschienenen Seite des Sees entlang. Der Hügel lag linkerhand und so heiß war die Luft dort, dass sie vor Hitze flirrte. Dann brach die Uferbegrünung vollständig auf und wich einem sandigen Einschnitt, der wie ein Traumstrand in Miniaturausgabe ins Wasser führte. Tom wollte dieses Idyll gebührend vorstellen, doch blieb sein Mund bei dem ihm gebotenen Bild offen stehen.
    »Igitt«, hauchte Doris und hielt sich eine Hand vor den Mund. Auf dem Sandstreifen lagen mehrere ausgeweidete Fische, von Fliegen und Möwen umschwärmt, die sich an den stinkenden Kadavern labten. Auf dem Wasser trieben weitere tote Fische mit dem Bauch nach oben, wie silbrige und weiße Punkte auf dem sonst makellosen Dunkelblau des Sees. Niemand wagte ein Wort zu sagen. Der Augenblick dehnte sich zu einer Ewigkeit.
    »Tja«, meinte Tom enttäuscht, rang nach einer Erklärung für diesen Anblick und brach als erster den Bann, indem er sich neben die toten Fische hockte, die Möwen vertrieb und die Kadaver mit den Augen eines Forensikers

Weitere Kostenlose Bücher