Toete John Bender
nur eine Schaufel benutzen darf!«, gestand Sascha und musste erneut dabei lachen.
»Genau so ist es«, bestätigte Tom. »Und nicht viel anders ist es bei der Teamführung. Die Aufgabe ist selten konkret benannt, vielmehr gibt es meist nur eine Zielvorgabe. Aber … sobald die Schaufel, das Symbol oder Instrument der Macht vergeben ist, scheint sich auch niemand anderes als der Schaufelträger für den Fortgang des Projektes verantwortlich zu fühlen und jeder andere Mitarbeiter fällt zurück auf den Status eines Beobachters. Man kann dieses Phänomen überall im Berufsalltag beobachten und es bindet enorm viele Kapazitäten. Ich will es einmal an einem einfachen Beispiel aus einem Büro veranschaulichen. Ein technisches Gerät, zum Beispiel ein Bürodrucker, ist defekt. Ziel ist, ihn zu reparieren. An dem Gerät kondensieren sich zahlreiche Lösungsvorschläge in Gestalt von vermeintlichen Experten. Das Ergebnis ist häufig dasselbe Bild: Ein, maximal zwei Mitarbeiter sind mit der tatsächlichen Behebung des Problems beschäftigt, während alle anderen sich zwar involviert fühlen, aber nicht wirklich etwas machen können und dann warten und beobachten. Und manch einer beobachtet bewusst, um nicht arbeiten zu müssen.«
»Ja, die kenne ich genau«, pflichtete ihm Wolfgang bei und lachte verächtlich.
»Das glaube ich dir gerne, Wolfgang. Aber viele, eben gerade auch du, sehen die anderen Möglichkeiten nicht.«
»Welche Möglichkeiten hätte es denn gegeben?«, fragte Silvia nach.
»Na ja, zum einen, die Aufgabenstellung genau zu überdenken und mir nicht auf den Leim zu gehen, aber egal. Für euch als Vorgesetzte gilt: Vergewissert euch, dass ein jeder die ihm zugedachte Aufgabe verstanden hat, vergebt notfalls an die, die daran zu scheitern drohen, niedrigschwellige und leicht verständliche Aufgaben. Ist die Aufgabe mit einem klaren Bekenntnis aller Akteure verstanden worden, verteilt so viele Schaufeln, also Werkzeuge und Instrumente, wie dazu nötig sind. Vier Mitarbeiter können nicht produktiv ein Projekt an nur einem Rechner bearbeiten, um es mal einfach auszudrücken. Und sollte es mal genau so sein, nutzt die Zeit, in der Mitarbeiter durch die äußeren Umstände zum Beobachten gezwungen sind, indem ihr sie in die Pflicht nehmt und zumindest zu Wissensmultiplikatoren weiterbildet. Wieder ein einfaches Beispiel: Legt ein Papierstau des gemeinsamen Bürodruckers mehrere Mitarbeiter lahm, verlangt von ihnen, durch Beobachten und Teilnahme beim nächsten Mal imstande zu sein, das Problem selbstständig lösen zu können.« Tom war dieser Punkt wichtig.
»Bei uns hat jeder seinen eigenen Drucker, selbst für Schülerpraktikanten haben wir Rechnerplätze mit Drucker«, keuchte Sascha, der durch die Anstrengungen sichtlich mitgenommen war.
»Du weißt aber, worauf ich hinaus will, oder?«, vergewisserte sich Tom.
»Ja, ja, schon klar.«
Tom sah, dass beide Teams in ihre Aufgabe vertieft waren, und wusste nicht, ob seine Worte fruchteten. »Übrigens gibt es nichts Unproduktiveres, als einen Chef, der es immer selbst versucht, aber nicht kann«, ergänzte er etwas leiser.
Sascha lachte. »Genau so einen hatte ich. Dann fummelte er mit hochgekrempelten Hemdsärmeln im Kopierer rum, alle standen daneben und konnten sich kaum noch ein Lachen verkneifen«, prustete er und Wolfgang sah einen kurzen Augenblick betreten auf, als gelte ihm diese Beschreibung.
»Genau das meine ich«, sagte Tom.
Silvia setzte sich im Schneidersitz in die Grube.
»Und? Könnte reichen, oder?«, fragte sie Doris und Wolfgang.
»Bisschen noch«, widersprach Wolfgang mit hochrotem Kopf.
Tom sah in beide Erdlöcher und wie immer an dieser Stelle stieg Unsicherheit in ihm auf. Hatte er die Truhe zu tief vergraben? Gruben sie überhaupt an der richtigen Stelle? Ein hölzernes Pochen erlöste ihn in diesem Augenblick.
»Hier liegt ein Stein oder so was! Irgendetwas Größeres«, kommentierte Wolfgang das Geräusch und trieb den Spaten erneut bis auf den Widerstand ins Erdreich.
»Pech gehabt«, antwortete Frederik knapp, ohne seine Arbeit zu unterbrechen.
»Genau. Wir stoßen gleich auf Grundwasser. Ich glaube, es reicht, Frederik, lass uns mal ausprobieren«, schloss sich Sascha hämisch an und setzte sich in die Grube.
Es könnte funktionieren , dachte Tom.
»Nein, im Ernst, hier ist was!« Wolfgang legte die Schaufel beiseite und grub mit den Händen weiter, betastete den Gegenstand. Doris und Silvia taten es ihm
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