Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
betend schob sie eine zitternde Hand unter Eds Kopfkissen und tastete nach dem Revolver, von dem sie wusste, dass er nicht da war. Ed war nicht mehr da, seit mehr als einem Jahrzehnt, und sein Revolver auch nicht.
»Suchst du etwas, meine Liebe?«
Mary Ellen schüttelte schwach den Kopf und zerrte sich dabei eine Sehne im Hals. Heißer Schmerz zuckte ihren linken Arm hinunter. Ein Herzanfall?
»Was wollen Sie von mir?«, flüsterte sie heiser. »Ich habe kein Geld. Wollen Sie mich umbringen?«
Durch die Dunkelheit sah sie undeutlich, wie er erneut den Kopf schüttelte und beinahe enttäuscht dreinblickte angesichts dieser Frage. Enttäuscht von ihr. Sein Blick ließ sie vor Scham verstummen.
»Sei nicht albern«, sagte er, und das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. »Selbstverständlich werde ich dich nicht umbringen.«
Doch er hatte kaum ausgesprochen, als er auch schon mit einer blitzschnellen Bewegung nach ihrer Kehle griff. Mary Ellen zuckte zusammen und kniff die Augen fest zu. Sie spürte, wie ihre Blase sich in Todesangst leerte und ein warmer, nasser Schwall Urin ihre Baumwollunterwäsche und die fadenscheinigen Laken tränkte. Irgendwie schämte sie sich trotz ihrer Angst noch mehr. Sie machte sich vollkommen lächerlich, obwohl sie sich zeitlebens ihrer Fähigkeit gerühmt hatte, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.
Es war unglaublich, doch sie spürte keinerlei Schmerz, während sie brutal ermordet wurde. Nicht einmal einen Nadelstich. Eigenartig . Sie hatte zahllose ähnliche Geschichten in Cold Case Files gesehen und hatte immer geglaubt, die Schmerzen müssten unerträglich sein.
Indem sie vorsichtig ein Auge einen winzigen, bebenden Spaltbreit öffnete, sah sie zu ihrem Erstaunen, dass der Mann noch immer über ihrem Bett stand und lediglich nach der Nachttischlampe gegriffen hatte. Nicht nach ihrer Kehle.
Er schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Ich sagte doch, ich werde dich nicht umbringen, Mary Ellen. Du musst schon ein bisschen mehr Vertrauen haben, wenn du möchtest, dass wir heute Nacht miteinander auskommen. Ich habe dich bis jetzt nicht einmal gezwungen, deine Liebe zu Satan zu beschwören, und du behandelst mich so?«
Im blassen gelben Licht der Nachttischlampe konnte Mary Ellen endlich seine Augen erkennen. Braun. Funkelnd. Wahnsinnig .
Sie war zeitlebens eine fromme Katholikin gewesen – bis zu diesem Augenblick. Von einer Sekunde zur anderen glaubte sie nicht mehr an einen Gott oder den Himmel. Die Hölle hingegen war eine ganz andere Geschichte. Dessen war sie sich in diesem Moment völlig sicher.
Sie war in der Hölle angekommen.
Und über ihr stand der Teufel.
Ein Klumpen aus Angst verstopfte ihre Kehle und machte ihr das Atmen unmöglich. Sie bemühte sich verzweifelt, ihn herunterzuwürgen, doch sie hätte genauso gut versuchen können, einen Softball zu schlucken.
Selbst der Smog wäre jetzt eine willkommene Abwechslung gewesen, eine Erleichterung , dachte sie benommen. Große, heiße, giftige Atemzüge voller Smog.
Alles war besser als das Nichts, an dem sie nun zu ersticken drohte.
Benommen sah sie, wie der große Mann ein Messer aus einer Lederscheide an seinem Gürtel zog und den schwarzen Griff langsam in der großen Hand drehte, sodass die scharfe Klinge im schwachen Schein der Nachttischlampe silbern funkelte.
Ein ohnmächtiges Wimmern kam über Mary Ellens gesprungene Lippen. »Sie haben gesagt, dass Sie mich nicht umbringen«, schluchzte sie auf.
Ein weiterer empörter Blick. Mary Ellen spürte, wie erneut heiße Scham ihre Wangen rötete.
War es möglich, an Scham zu sterben?
»Oh, das habe ich gesagt, und es ist die Wahrheit.« Seine Stimme war plötzlich geladen mit einer unverkennbar sexuellen Energie. »Du musst wissen, meine Liebe, nicht ich bin es, der dich töten wird. Es ist Richard Ramirez. Er wird die Tat verüben. Aber zuerst wird er dich vergewaltigen. Nimm’s nicht persönlich. Wir finden dich ganz sicher nicht anziehend oder irgendetwas in der Art. Es steht nun mal so im Drehbuch.«
»Welches Drehbuch?«
Und dann ging alles so schnell, dass Mary Ellen nicht einmal mehr Zeit zum Schreien fand. Er schlug so blitzschnell zu wie eine Klapperschlange. Sein großer Körper schoss durch die Luft und landete schwer auf ihr.
Sie hörte sich schreien, als ihr Becken unter dem vernichtenden Anprall seiner hundert Kilo zerbarst. Hell leuchtende Sterne tanzten vor ihren Augen. Ein Schwall Erbrochenes schoss aus ihrem Mund und
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