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Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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oder ein Polizist, ja, solche Leute haben immer Feinde... aber du?«
    »Danke, dass du mich für zu bedeutungslos hältst, um Feinde zu haben!«
    »Kennst du denn jemanden?«, fragte Tinka, die nicht auf sein Beleidigtsein einstieg.
    »Nein. Aber in meinem Beruf hat man durchaus Feinde, von denen man gar nichts weiß.«
    »Ein Autor, dessen Buch du schlecht besprochen hast?« Schon wieder dieser spöttische Unterton.
    »Zum Beispiel«, sagte Leander. »Auch wenn dir das lächerlich erscheinen mag.«
    »Aber woher sollte ausgerechnet derjenige wissen, wo Lucie ist?«, fragte Tinka.
    »Er könnte ja nur so tun«, sagte Leander.
    Das Wasser kochte. Sie goss es in die Kanne. »Was glaubst du?«, fragte sie, noch immer bemerkenswert ruhig.
    »An einen schlechten Scherz. Alles andere wäre... zu verrückt!«
    Tinka nickte. Seine Antwort enttäuschte sie wahrscheinlich, aber er hatte jetzt nicht die Kraft, ihr etwas vorzumachen.
    »Ich dachte, ich fordere erst einmal ein Lebenszeichen von Lucie«, sagte er. »Ich meine... da steht ja nicht, dass sie...«
    »Ja«, sagte Tinka. »Ja, wir brauchen ein Lebenszeichen.« Sie presste die Hände an die Lippen, nahm sie wieder weg und fragte: »Denkst du, es ist möglich, dass sie noch am Leben ist?«
    Sie hatten sich nie auf eine gemeinsame Theorie geeinigt. Falls Tinka glaubte, dass Lucie tot war, hatte sie es vor Leander nie ausgesprochen. Doch aus Tinkas Verhalten hatte Leander geschlossen, dass sie Lucie für sich im Stillen für tot erklärt hatte. Irgendwie musste es ihr gelungen sein, sich selbst Gewissheit darüber zu verschaffen. In letzter Zeit schien sie wieder mit sich im Reinen zu sein und den Schmerz nach und nach zu verarbeiten. Ihm selbst war das nie gelungen, er brauchte Gewissheit. Einmal hatte ihn sein Schwager Gunnar in einem ungewohnt vertraulichen Moment gefragt, wofür er sich entscheiden würde, wenn er wählen könnte: Lucie, die irgendwo glücklich am Leben wäre, aber er wüsste es nicht. Oder Lucie, die tot wäre, und er wüsste es. Und Leander hatte spontan geantwortet: »Ich würde es wissen wollen.«
    Aber vielleicht täuschte sich Leander auch. Vielleicht verstand Tinka es nur gut, ihre Gefühle zu verbergen. Eine typische Charaktereigenschaft der Nordins.
    Eine Weile herrschte Stille. Tinka goss den Tee ein und sagte dann: »Ich schlage vor, wir schicken eine SMS an diese Nummer und verlangen einen Beweis, dass Lucie lebt.«
    »Gut«, sagte Leander. »So machen wir es.«

Allmählich lernte Camilla, mit dem Säugling zurechtzukommen. Sie passte sich dem Schlafrhythmus des Kindes an, und zum Glück war die Kleine kein Schreihals. Dennoch war es ein langweiliges, stumpfes und gleichzeitig anstrengendes Leben, und Camilla hatte manchmal Angst, in einem animalischen Sumpf zu versinken.
    In schwachen Momenten dachte sie darüber nach, wieder nach Öckerö zurückzukehren. Ihr Vater würde ihr bestimmt verzeihen, aber ihre MutterSie würde die Lippen zusammenpressen wie die Bügel ihres Portemonnaies und ihr vorhalten, sie hätte es doch gleich gesagt, dass Camilla in der Stadt untergehen würde. Untergehen .
    Aber da war noch ein anderes Problem: Das Weihnachtsfest stand vor der Tür, und natürlich erwarteten ihre Eltern, dass Camilla sie besuchte. Sie erwog, Lillemor Söderström zu fragen, ob sie für einen oder zwei Tage auf das Kind aufpassen würde, verwarf den Gedanken aber wieder. Dann müsste Camilla ihr gestehen, dass ihre Eltern noch immer nicht Bescheid wussten. Die resolute Krankenschwester würde das sicher nicht gutheißen. Nein, der Weihnachtsbesuch musste verschoben werden. Im Januar hätte Lillemor bestimmt mehr Zeit zum Babysitten. Drei Tage vor Heiligabend rief Camilla bei den Nachbarn ihrer Eltern an, denn ihre Eltern hatten noch immer kein Telefon, und ließ ausrichten, sie habe eine Grippe und könne daher nicht kommen.
    Camilla hatte aus einem Katalog ein Set heizbarer Lockenwickler bestellt und eilte in freudiger Erwartung, das Baby auf dem Arm, an die Tür, als es tags darauf klingelte. Eine Stunde später saß Camilla mit ihrem Kind im klapprigen Lieferwagen ihres Vaters. Nie würde Camilla den eisigen, verächtlichen Blick vergessen, mit dem ihre Mutter sie ansah, als sie Lillemor aus dem Wagen hob.
    »Und wie soll das jetzt weitergehen?«, fragte Ulrika Ahlborg am Weihnachtstag nach dem Essen. Mit dieser Frage hatte Camilla gerechnet und eine trotzige Antwort lag ihr schon auf der Zunge. Schließlich war sie bis jetzt auch

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