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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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ihn zu sehen.“
    „Wie kommen Sie darauf?“
    „Ich glaube, sie ist ziemlich erschrocken, als sie ihn bemerkt hat.“
    „Hatten die beiden Streit?“
    Darauf wollte Agnes Walter sich nicht festlegen.
    „Haben Sie denn gehört, was sie miteinander gesprochen haben?“
    Agnes Walter schüttelte den Kopf. „Auf jeden Fall kein Deutsch.“ Und zur Erklärung fügte sie hinzu: „Frau Mangold hat mir danach erklärt, dass es ein lateinamerikanischer Studienkollege war, den sie seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hat.“
    Inge Nowak machte sich ein paar Notizen.
    „Wie oft haben Sie ihn denn noch mit der Pfarrerin gesehen?“
    „Noch zweimal.“ Sie hielt inne. „Nein, das stimmt nicht. Gesehen habe ich ihn eigentlich nur noch einmal am letzten Sonntag. Aber da hat mir eine ältere Dame aus dem Seniorenheim erzählt, dass er eine Woche zuvor auch in der Singstunde aufgetaucht sei.“
    Valero und die Singstunde. Sie musste unbedingt mit Erkner sprechen. Vielleicht wusste er schon mehr nach seinem Besuch bei den Senioren. Andererseits hätte er sie angerufen, gäbe es bahnbrechende Neuigkeiten.
    „Können Sie sich vorstellen, dass die Pfarrerin Feinde hatte?“
    „Nein.“ Die Antwort kam aus fester Überzeugung. „Sie war eine so nette Person. Immer zugewandt, hilfsbereit, freundlich. Wieso sollte sie Feinde gehabt haben?“
    Die Kommissarin sprach nicht aus, was sie dachte. Dass jeder Mensch Feinde hatte und es meist selbst nicht wusste. Weil jeder mindestens einmal in seinem Leben einen anderen für irgendein Leid verantwortlich machte.
    Inge Nowak klappte ihr Heftchen zu und erhob sich, als sie vom Altar Berger auf sich zukommen sah. „Wissen Sie, ob sie mit irgendjemandem Probleme hatte?“
    „Nur mit ihrem Sohn.“
    „Mit Benjamin?“, fragte Inge Nowak überrascht.
    Es war nicht zu übersehen, dass es der Gemeindehelferin unangenehm war, über die Familienangelegenheiten der Toten zu sprechen. Agnes Walter war loyal und sie wollte nicht einfach ausplaudern, was ihr anvertraut worden war.
    „Ich kann darüber eigentlich gar nichts sagen.“
    „Und uneigentlich?“ Die Kommissarin ließ nicht locker.
    Die Frau, die inzwischen auch aufgestanden war und ihr nun gegenüberstand, zuckte ein wenig hilflos mit den Schultern. „Ich weiß nur, dass er seit ein paar Wochen nicht mehr mit ihr geredet hat. Darüber haben wir uns am Sonntag unterhalten. Die Frau Pfarrer war regelrecht verzweifelt. Ich habe auch einen Jungen in dem Alter, und sie hat mich gefragt, ob mir das auch schon einmal passiert ist.“
    „Was?“
    „Dass mein Sohn so wütend auf mich war, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte.“
    Verónica wusste nicht, ob sie sich mehr über Inge oder mehr über sich selbst ärgerte: Sie konnte sich einfach nicht freuen, wenn sie anderen damit Schwierigkeiten bereitete. Schon als Kind hatte ihr das Stück Schokolade nicht geschmeckt, das sie ihrer Schwester im Kampf abgerungen hatte, jeder Sieg war immer auch eine Niederlage im Harmoniegemenge mit den Verlierern. Inge war enttäuscht von ihr und deshalb konnte Verónica ihren freien Tag nicht genießen. Aus der heimlichen Freude war ein verheimlichter Ego-Trip geworden, das Schuldgefühl, die Freundin gekränkt zu haben, größer als die Lust auf Abenteuer.
    Statt sich in dem Hotel, das sie schon von Spanien aus für eine Nacht gebucht hatte, zu duschen, sich umzuziehen und die Stadt unsicher zu machen, warf sie einfach nur ihre Sachen aufs Bett, wusch sich die Hände, tauschte die Turnschuhe gegen Sandalen und fuhr mit dem Taxi auf direktem Weg zu Marit.
    „He, was machst du denn schon hier?“, fiel ihr Inges Tochter um den Hals, als sie deren kleine Goldschmiedewerkstatt am Stuttgarter Platz betrat.
    Kaum saßen sie an dem runden Holztisch, an dem Marit entweder mit Kunden über ihre Trauringe sprach, plauderte oder Mittag aß, brach Verónica in Tränen aus.
    „Eigentlich bin ich richtig wütend. Sie hat mir die ganze Freude verdorben. Null Verständnis. Immer hat sie bloß Angst, dass ich sie verlasse, sie nicht mehr will. Sie macht mich ganz verrückt mit ihrer Eifersucht, von der sie behauptet, dass sie nicht existiert!“ Es sprudelte nur so aus Verónica heraus, und beide wussten, dass Marit die völlig falsche Adresse dafür war.
    „Sie hat eben schlechte Erfahrungen gemacht.“
    „Dafür kann ich aber nichts.“
    „Stimmt.“
    „Ich liebe sie, bin gern mit ihr zusammen und finde es schön, viel zu teilen. Aber doch

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