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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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«Warum nicht? Der junge Mann meint schon jetzt, in meiner Schuld zu stehen. Dieses Gefühl könnte sich irgendwann mal als nützlich erweisen. Es spricht nichts dagegen, es noch ein bisschen zu verstärken.»
    «Was ist mit Murakami?»
    «Wie ich schon sagte, wir werden den Mann, den wir festgenommen haben, weiter verhören. Vielleicht liefert er uns ja noch brauchbare Informationen.»
    «Melde dich bei mir, sobald ihr was habt. Ich möchte dabei sein, wenn es soweit ist.»
    «Ich auch», sagte er.
     

20
     
    V ON EINER T ELEFONZELLE AUS rief ich die Mailbox im Imperial an. Eine mechanische Frauenstimme teilte mir mit, dass eine Nachricht für mich hinterlassen worden war. Ich versuchte, mir keine Hoffnungen zu machen, aber der Versuch ging daneben. Die Frauenstimme wies mich an, die Taste «Eins» zu drücken, falls ich die Nachricht abhören wollte. Ich wollte.
    «Hi Jun, ich bin’s», hörte ich Midori sagen. Es folgte eine Pause, dann: «Ich weiß nicht, ob du wirklich noch in dem Hotel wohnst, deshalb weiß ich auch nicht, ob du meine Nachricht bekommst.» Wieder eine Pause. «Ich würde dich gern heute Abend sehen. Ich bin um acht Uhr im Body & Soul. Ich hoffe, du kommst. Bis dann.»
    Die Frauenstimme informierte mich darüber, dass die Nachricht um 14 Uhr 28 hinterlassen worden war und dass ich die Taste «Eins» drücken sollte, wenn ich sie erneut abspielen wollte. Ich drückte sie. Und noch einmal.
    Die Art, wie sie mich Jun nannte, hatte etwas so entwaffnend Natürliches an sich. Kein Mensch nennt mich noch Jun. Kein Mensch kennt diesen Namen. Ich hatte Junichi, meinen richtigen Namen, schon bevor ich Tokio verließ, äußerst sparsam benutzt. Und ihn danach ganz abgelegt.
    Hi, Jun, ich bin’s. Eine ganz normale Nachricht. Wie sie die meisten Leute wohl andauernd bekommen.
    Ich hatte das Gefühl, als habe der Boden unter mir sich von irgendwoher noch etwas mehr Schwerkraft geborgt.
    Der Teil meines Gehirns, der mir schon so lange gute Dienste leistet, meldete sich: Ort und Zeit. Könnte eine Falle sein.
    Nicht von ihr. Das glaubte ich nicht.
    Aber wer könnte die Nachricht sonst noch abgehört haben?
    Ich überlegte. Um die Nachricht abzuhören, hätte jemand wissen müssen, wo und unter welchem falschen Namen ich wohnte, und er hätte in der Lage sein müssen, das Mailbox-System des Hotels anzuzapfen. Abgesehen von Tatsu, der keine akute Bedrohung darstellte, war die Wahrscheinlichkeit gering.
    Aber nicht auszuschließen.
    Meine Antwort darauf lautete: egal.
    Ich wollte sie sehen.
    Ich machte einen langen, ausgedehnten GAG, überwiegend zu Fuß, und beobachtete, wie die Stadt um mich herum allmählich dunkel wurde. Wer sich abends durch Tokio bewegt, spürt, dass er den Dingen, nach denen er sich immer gesehnt hat, ganz nah ist. Nachts hört man die Stadt atmen.
    Ich ging kurz in ein Internetcafé, um auf der Website von Body & Soul nachzusehen, wer heute dort spielte. Es war Toku, ein junger Sänger und Flügelhornspieler, der sich schon einen gewissen Ruf für den gefühlvollen Sound erarbeitet hatte, welcher seine neunundzwanzig Jahre Lügen strafte. Ich besaß zwei seiner CDs, aber ich hatte ihn noch nie live gesehen.
    Es war nicht auszuschließen, dass Yamaoto durch die von Midori beauftragte Detektei erfahren hatte, dass sie in der Stadt war. Wenn ja, wurde sie vielleicht überwacht, möglicherweise von Murakami selbst. Ich überprüfte gründlich die in Frage kommenden Stellen um den Club herum. Sie waren alle sauber.
    Gegen halb neun ging ich hinein. Der Club war voll, aber der Türsteher ließ mich passieren, als ich ihm sagte, ich sei ein Freund von Kawamura Midori, die extra für Tokus Auftritt gekommen war. Oh ja, sagte er. Kawamura-san hat erwähnt, dass vielleicht noch jemand kommt. Bitte sehr.
    Sie saß am Ende eines der zwei Tische, die längs zu den Wänden des Body & Soul standen und von wo aus die Bühne, auf der sich die Musiker bereits eingefunden hatten, gut zu sehen war. Ich ließ den Blick durch den Raum wandern, entdeckte aber keine möglichen Gefahren. Im Gegenteil. Die Leute im Publikum waren überwiegend jung, weiblich und offensichtlich nur gekommen, um Toku zu sehen, der sie jetzt zusammen mit seinem Quintett mit einer elegischen Version von «Autumn Winds» in seinen Bann schlug.
    Ich musste über das Outfit der Band schmunzeln: T-Shirts, Jeans und Turnschuhe. Alle hatten sie lange, braun getönte Haare. Ihre Altersgenossen fanden es bestimmt cool. Für mich sahen sie

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