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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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einzige Kind des ehrenwerten Lord Standfort präsentiert uns stolz das Geschenk ihrer Patin: eigens für sie angefertigte Schlittschuhe. Kann ein Wintertag noch schöner für eine junge Baroness sein?
    Diese Elise mochte etwa in Kates Alter sein. Warm angezogen in ihrem kuschelig aussehenden Mantel mit Fellbesätzen und dazu passender Mütze, Schal und Handschuhen strahlte sie in die Kamera. In den Händen hielt sie die erwähnten Schlittschuhe. Glücklich wirkte sie. Und nett. Kate fragte sich, ob der Eindruck täuschte. Niemand, dem Madame gefiel, konnte wirklich nett sein.
    Ihr war, als kenne sie diese Elise bereits, wenn sie auch nicht wusste, woher.
    Madame war also eine Lady und ihr richtiger Name war Ballingham. Warum nur hatte Kate bisher nie etwas davon gehört?
    Sie legte die Zeitung zurück und verließ den Raum.

9. Erste Ausblicke
    Sie versteckte das Buch mit der Liebesgeschichte in ihrem Zimmer. Dann lief sie die Treppen bis in den Keller hinunter und suchte den Hausmeister. Wie so oft fand sie ihn in seiner Ecke. Seine Augen stierten glasig und er stank nach Alkohol, dass Kate überlegte, ob sein Atem wohl brennen würde, sobald er damit einer Flamme zu nahe kam. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob Gustav ihn trotz oder wegen seiner Trunksucht beschäftigte.
    »Verschwinde!«, raunzte er sie an.
    Kate ließ sich nicht beirren.
    »Ihr schuldet mir etwas. Am letzten Samstag. Ich habe Euch gerettet. Madame war da. Ohne warmes Wasser und Heizung hätte sie Euch auf die Straße gesetzt.«
    Auch wenn sie sich dessen nicht sicher war, versuchte sie, möglichst überzeugend zu klingen.
    Albert schnaubte.
    »Eine Antwort, dann sind wir quitt. Versprochen«, köderte sie ihn.
    »Was willst du«, murrte er.
    »Der Abwasserkanal. Der Zugang dazu. Wo finde ich ihn?«
    Der Mann rülpste laut und kratzte sich am unrasierten Kinn.
    »Was für eine blöde Frage«, knurrte er sie an.
    Er zog ein Taschentuch hervor. Kate gruselte vor dem Schmutz, der daran klebte. Davon unbeeindruckt wischte er sich damit übers Gesicht und deutete auf die Tür.
    »Da, wo die Abflussrohre zusammenlaufen. Wo denn sonst, Dummkopf!«
    Sich zu bedanken, empfand Kate nicht für nötig, und er hätte sie nur weiter beschimpft. Sie ließ Albert in Ruhe seinen Rausch genießen und suchte die Stelle auf, an der die tönernen Rohre aus dem ganzen Haus aufeinandertrafen.
    Oft genug war sie an ihnen vorbeigelaufen, ohne sie zu beachten. Kein Wunder. Sie mied diesen Bereich des Hauses, weil sie die Nähe zu dem kleinen Gefängnis fürchtete, in das Gustav sie früher zur Strafe eingesperrt hatte. Auch jetzt jagte ihr der Gedanke an die Dunkelheit und Enge darin eine Heidenangst ein.
    Der Schein des Gaslichtes am Treppenabgang reichte kaum bis hierher, und so tastete sie im Halbdunkel die Außenmauer ab. Der Übergang der Rohre in den Boden war leicht zu finden, so suchte sie weiter nach einer Luke oder Klappe. Fast hätte sie aufgegeben, als ihre linke Hand an der Wand auf etwas Metallisches stieß. Sie hielt es für einen Riegel und zog daran, doch bewegte er sich nicht. Auf diese Weise ging es nicht. Sie lief zum Dampfmaschinenraum und griff sich einen der Schürhaken. Zusätzlich nahm sie sich eine der Karbidlampen, die der Hausmeister für Notfälle aufbewahrte. Albert beachtete sie zum Glück nicht. Sie drehte die Schraube der Leuchte ein wenig auf und wartete kurz, bis sich genügend Gas gebildet hatte. Mit einem an dem Gaslicht entflammten Kieferspan zündete sie die Lampe an. Zurück bei den Abwasserrohren erkannte sie nun, dass eine hölzerne Klappe in die Wand eingelassen war. Der Metallriegel, der diese sicherte, war offensichtlich seit Langem weder bewegt noch geölt worden. Sobald sie ihn hochgehebelt hatte, kam dahinter ein ebenso rostiger und verrotteter Metallring zum Vorschein. Sie schob den Schürhaken in die Ringöffnung und mit einem schrillen Quietschen ließ er sich drehen. Kate zog an der Tür und nach kurzem Widerstand klappte sie zur Seite.
    Sie starrte in das Loch. Es stank nach faulen Eiern.
Schwefelwasserstoff. Das Gas tötete in höherer Konzentration.
Sie kniff die Augen zusammen. Da hinten huschte doch etwas vorbei! Wo Ratten und Mäuse lebten, war die Luft sicher nicht vergiftet.
    Sie hatte angenommen, in den Abwasserkanälen wäre es schwarz wie die Nacht. Irrtum. Von weiter weg fiel Licht ein. Genug, dass sich Seitenwände und Boden erahnen ließen. Richtig, sie erinnerte sich: Es gab Belüftungslöcher und

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