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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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die Länder und Völker der Welt. Endlich fand sie es. Da Maria keinerlei Anstalten machte aufzuwachen, ließ sie die Angestellte ein weiteres Mal allein. Mit dem schweren Band in der Hand erklomm sie die Stufen zu ihrem Zimmer.
Ihr Bett stand da, als wäre sie heute Morgen darin aufgewacht. Die kratzenden Wolldecken zurückgeschlagen, das Kissen zerknautscht. Die lumpige Matratze und das windschiefe Gestell passten zum Rest des schäbigen Raums. Schwer vorstellbar, dass sie hier all die Jahre gelebt und ihre Träume von Freiheit gesponnen hatte. Kate schüttelte den Kopf und blinzelte ein paar Tränen weg.
    »Lass das«, schimpfte sie mit sich. Die Zeit reichte nicht für Sentimentalitäten, jetzt musste gehandelt werden. Schnell hebelte sie das Versteck mit den Bleistiftzeichnungen auf. Sie legte sie in das Buch und vergaß auch den Dietrich hinter der Fußbodenleiste nicht. Sicher war sicher. Dann eilte sie hinunter ins Labor.
    Die ausgeräumten Regale und leeren Schränke ließen den Raum fremd aussehen. Die Salbenmaschine, die Messgeräte und Glaskolben, einfach alles, was irgendwie verwendbar war, fehlte. Hier gab es nichts mehr, von dem sie sich verabschieden konnte. Ein wenig niedergeschlagen kehrte sie in die Bibliothek zurück. Sie packte Maria an der Schulter und schüttelte sie sanft.
    »Bin ich eingeschlafen? Ich hab doch nur für einen Augenblick die Augen geschlossen«, fragte ihre Zofe verunsichert und rieb sich die Stirn.
    »Nur ganz kurz«, beruhigte Kate sie.
    Von unten kamen Rufe. Der Diener wurde unruhig.
    »Lass uns hinunter gehen«, schlug Kate vor. »Ich möchte mir Madames Salon ansehen.«
    Ein wenig schlaftrunken folgte Maria ihr gehorsam.
     
    Die Vorhänge halb heruntergerissen, sah das Zimmer im trüben Licht der Lampen traurig aus. Bis auf einen Tisch mit nur noch zwei Beinen fehlte die gesamte Einrichtung. Eine der obszönen Figuren lag zerschlagen auf dem Boden. Die Ölgemälde an den Wänden hingen in zerbrochenen Rahmen, die Bilder selbst waren zerschnitten und zerfetzt.
    »Schlimm, was?«, murmelte Maria.
    Kate zuckte die Schultern. Dieser Raum hatte ihr so viel Angst gemacht. Jetzt nicht mehr.
    »Wir können aufbrechen. Hier gibt es weiter nichts, was ich noch sehen möchte«, antwortete sie ausweichend. Madame lag hinter ihr, zusammen mit diesem zerstörten Ort.
     
    Auf der Rückfahrt überlegte Kate, baldmöglichst den zweiten Teil des Fluchtplans in Angriff zu nehmen. Sie benötigte Geld. Genug, um ein Flugticket nach Neuanglia kaufen zu können. Deshalb musste sie die Goldmünzen eintauschen. Heimlich und ohne dabei aufzufallen. Was bedeutete, sie brauchte Hilfe. Maria einzuweihen, ging nicht. Auf das eher naive Geschöpf durfte nicht der geringste Verdacht fallen, sie hätte von dem Vorhaben gewusst. Das wollte Kate ihr nicht antun.
    Schon länger hatte sie einen Diener im Auge, den sie beim Diebstahl beobachtet hatte. Der Bursche achtete darauf, nur Dinge zu stehlen, deren Verlust nicht auffiel. Hier eine Münze aus dem herumliegenden Geldbeutel ihrer Mutter, dort eine Zigarre aus dem Kasten für Besucher ihres Vaters. Für seinen Verstand sprach, dass er die Finger von Dingen wie Geschirr oder Besteck ließ, welche jeden Tag durchgezählt wurden. Mit einem unehrlichen Menschen ins Geschäft zu kommen, sollte am ungefährlichsten sein. Half er ihr, bekam er einen Anteil ab. Weigerte er sich, würde sie sein Schweigen mit dem ihren erkaufen.
    Der Bedienstete verzog keine Miene, als Kate ihn abpasste und um Hilfe in einer delikaten Angelegenheit bat. Sobald der junge Mann begriff, worauf sie hinaus wollte, flüsterte er: »Mylady ist zu großzügig, sich meiner zu bedienen. Doch müssen wir die Transaktion vorsichtig angehen. Eine Münze nach der anderen.«
    Erfreut, weil er die nötige Intelligenz zeigte, nickte sie und drückte ihm das erste Goldstück in die Hand.
    »Vorsicht ist das oberste Gebot, da sind wir einer Meinung«, erwiderte sie genauso leise.
    Sie wusste, dass er sie um den wahren Tauschwert betrügen würde. Damit musste sie leben, denn wie sollte sie sonst an genügend Geld für die Flucht kommen?
    Die sich ergebende Wartezeit nutzte sie für weitere Vorbereitungen. Heimlich durchsuchte sie die Zeitung nach Artikeln und Anzeigen über Neuanglia, studierte den Flugplan und die Route. Gleichzeitig versuchte sie, sich darüber klar zu werden, wie sie unbemerkt zum Flugbahnhof gelangen konnte, und bereitete ein Ablenkungsmanöver vor. Damit sie am Tag des

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