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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Signor Mie-lais, allerdings war, nach Aussage von Signor Van Houston, Signor Mie-lais durchaus nicht böse auf Signor Greenleaf!«
    »Ich verstehe«, sagte Tom.
    »Ecco . . .«, sagte der Tenente abschließend. Sein Blick war starr auf Toms Hände gerichtet.
    Wenigstens bildete Tom sich ein, daß dieser Blick starr auf seinen Händen ruhte. Tom trug wieder seinen eigenen Ring, aber ob der Tenente nicht vielleicht doch irgendein Merkmal an den Händen wiedererkennen könnte? Kühn streckte Tom seine Hand zum Aschenbecher aus und zerdrückte den Stummel.
    »Ebbene«, sagte der Tenente und stand auf. »Recht vielen Dank für Ihre Unterstützung, Signor Ripley. Sie sind einer der sehr wenigen Menschen, von denen wir etwas über Signor Greenleafs Privatleben erfahren können. Die Leute, die zu seinem Bekanntenkreis in Mongibello gehörten, sind äußerst schweigsam. Ein italienischer Charakterzug, was wollen Sie machen! Sie wissen schon, die Angst vor der Polizei.« Er kicherte. »Ich hoffe, wir können Sie ein bißchen bequemer erreichen beim nächstenmal, wenn wir Sie etwas fragen möchten. Halten Sie sich doch ein bißchen mehr in den Städten auf und etwas weniger draußen auf dem Lande. Es sei denn, Sie haben sich unseren Feldern verschrieben, dann natürlich.«
    »Das habe ich!« sagte Tom herzlich. »Meiner Meinung nach ist Italien das schönste Land Europas. Aber ich will gern mit Ihnen in Kontakt bleiben, wenn Sie möchten, und Sie immer wissen lassen, wo ich mich aufhalte. Ich bin genauso sehr daran interessiert wie Sie, daß mein Freund gefunden wird.« Er sagte es, als wäre seinem unschuldsvollen Geiste bereits völlig entfallen, daß Dickie möglicherweise ein Mörder war.
    Der Tenente reichte ihm eine Karte mit seinem Namen und der Adresse seines Büros in Rom. Er verbeugte sich. »Grazie tante, Signor Ripley! Buona sera!«
    »Buona sera«, sagte Tom.
    Der jüngere Polizist legte grüßend die Hand an die Schläfe, als er hinausging, und Tom nickte ihm zu und schloß die Tür hinter ihm.
    Er hätte fliegen können - fliegen wie ein Vogel, zum Fenster hinaus mit ausgebreiteten Armen! Die Idioten! Rannten immer schön im Kreis drumherum, kamen nie darauf! Kamen nie darauf, daß Dickie vor dem Verhör zur Scheckfälschung davonlief, weil er zunächst einmal überhaupt nicht Dickie Greenleaf war! Das einzige, was sie erfaßt hatten, war, daß Dickie Greenleaf Freddie Miles ermordet haben könnte. Aber Dickie Greenleaf war tot, tot, mausetot, und er, Tom Ripley, war außer Gefahr! Er hob den Telephonhörer ab.
    »Bitte geben Sie mir das ›Grand-Hotel‹«, sagte er in Tom Ripleys Italienisch. »II ristorante, per piacere . . . Würden Sie mir bitte für halb zehn einen Tisch reservieren? Danke. Auf den Namen Ripley. R-i-p-l-e-y.«
    Heute abend würde er groß essen gehen. Und auf den mondbeschienenen Canal Grande hianusblicken. Und den Gondolas zuschauen, die gemächlich dahinglitten, so wie sie seit eh und je für verliebte Paare dahingeglitten waren mit ihren Gondolieres und Rudern, deren dunkle Umrisse sich gegen das im Mondlicht glitzernde Wasser abhoben. Plötzlich verspürte er nagenden Hunger. Er wollte etwas Köstliches, etwas Teures essen - die Spezialität des ›Grand-Hotels‹, was es auch sein mochte, Fasanenbrust oder petto di pollo, vorher vielleicht cannellonis, sahnige Soße über delikater pasta, und einen guten Valpolicella würde er trinken und dabei von seiner Zukunft träumen und Pläne schmieden, wohin er von hier aus gehen sollte.
    Als er sich umzog, kam ihm eine glänzende Idee: er müßte einen Briefumschlag besitzen, auf dem stünde, er dürfte nicht vor Ablauf von einigen Monaten geöffnet werden. Darin müßte sich ein von Dickie unterzeichnetes Testament befinden, mit dem Dickie ihm sein Einkommen und sein Vermögen vermachte. Na, wenn das keine Idee war!

23
    Venedig, 28. Februar
    »Lieber Mr. Greenleaf,
    ich darf annehmen, daß Sie es unter den gegebenen Umständen nicht übelnehmen werden, wenn ich Ihnen all das schreibe, was mir aus Dickies Privatleben noch bekannt ist - ich, der anscheinend einer der letzten war, die Dickie gesehen haben. Ich habe ihn um den zweiten Februar herum in Rom im Hotel ›Inghilterra‹ getroffen. Wie Sie ja wissen, war das nur zwei oder drei Tage nach dem Tode von Freddie Miles. Ich fand einen erregten und nervösen Dickie vor. Er sagte, er wollte nach Palermo fahren, sowie die Polizei damit fertig wäre, ihn wegen Freddies Tod zu verhören, und er

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