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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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ein Penner.
    Thorne gestand sich ein, dass er nicht immer absolut ehrlich sich selbst gegenüber war. Wie hatte er auch nur einen Moment glauben können, dass es eine gute Idee war, wenn er verdeckt ermittelte? Hatte er sich das nur deshalb eingeredet, weil die anderen kein Geheimnis daraus machten, für wie schlecht sie diese Idee hielten? Vielleicht war durch das, was im letzten Jahr passiert war, was er getan und was man ihm angetan hatte, sein Urteilsvermögen für immer dahin. Als er elf oder zwölf war, hatte ihn sein Vater ein paar Mal zum Schlittschuhlaufen mitgenommen. Thorne hatte es gehasst. Silver Blades im Finsbury Park war nicht gerade das, was man sich unter einem romantischen Plätzchen vorstellte. Die Messerstechereien gehörten hierher wie das Eis. Thorne erinnerte sich, wie er sich am äußeren Rand der Bahn entlanggekämpft und sich Blasen zugezogen hatte. Von den größeren Jungs mit den Ohrringen und Föhnfrisuren war er geschubst worden. Wie er sich auf die Knie hochgerappelt und rasch die Hände vor den vorbeiflitzenden Kufen weggezogen hatte. Und wie dann sein Vater auf die Bahn geeilt war. Es war ihm peinlich gewesen, dass sein Vater gegen die Regeln verstieß und die Eisbahn mit Schuhen betrat. Er sah noch seinen Gesichtsausdruck vor sich, erinnerte sich, wie ihm selbst die Röte ins Gesicht stieg, als Jim Thorne auf den Jungen zuschlitterte, der ihn umgeschmissen hatte, und ihn gegen die Begrenzung stieß. Wie sein Vater ihm hoch half und ihm die Eiskristalle von den Klamotten wischte. Ihn zum Schlittschuhverleih brachte, um die Schlittschuhe zurückzugeben. Und ihm einen Hot Dog kaufte und eine Limo …
    Thorne war sich bewusst, dass Schuldgefühle solche faulen Erinnerungsblasen aufwühlten und zum Platzen brachten. Schuld vergiftete den Brunnen, der eigentlich süßes Wasser spenden sollte.
    »Mir geht’s gut, ehrlich, Victor. Ich hab nicht angerufen, um über ihn zu reden.«
    »Klar doch …«
    Thorne brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass die Vibration in seiner Tasche vom Handy kam. Er ging in eine Ecke und warf einen verstohlenen Blick auf das Display. Der verpasste Anruf war von Phil Hendricks gewesen. Ein besorgter Freund mehr und eine weitere Dosis falscher Zuspruch. Noch mehr von dem Gift.
    Thorne brauchte ein ungestörtes Plätzchen, um zurückzurufen. Er ging hinaus auf den Strand und lief nach Osten Richtung Fleet Street. Die City würde sich schnell leeren, wenn die Rushhour vorbei war. Nach dreißig Metern blieb er vor einem Zeitschriftenstand stehen, an dem die neueste Ausgabe des Standard aushing. Er las den Aushang.
    Worauf sich der Mann hinter dem Zeitungsstapel sofort vorbeugte. »Kauf dir eine oder verpiss dich …«
    Doch Thorne starrte nur auf die Schlagzeile.
     
    Ihm war kalt und klamm, als er aufwachte. Er war sich sicher, dass er im Schlaf geweint hatte.
    Die Ausgabe des Standard, für die Thorne geblecht hatte, lag neben seinem Schlafplatz. »Obdachlosenmorde: Met er mittelt verdeckt.«
    Ein paar Stufen tiefer saß Spike so wie vor zwei Abenden, kurz bevor die Scheiße begonnen hatte. Er wirkte high und glücklich und schaute Thorne volle zehn Sekunden an, bevor er merkte, dass dieser wach war, und auf Thornes Schlafsack deutete: »Neu … »
    »Ja. Nicht richtig neu, aber … »
    »Sieht gut aus. Braun …«
    Als Thorne nach seiner Entlassung in Charing Cross zu seinem Lager zurückgekommen war, konnte er seinen Schlafsack, den er in dem ganzen Durcheinander zurückgelassen hatte, nirgends finden. Diesen hier hatte er sich bei der Heilsarmee in der Oxford Street besorgt.
    Spike streckte einen Arm nach der Zeitung aus und schnappte sie sich. Thorne sah ihm zu und fragte sich, wie er wohl am besten reagierte, wenn Spike eine Bemerkung über die Schlagzeile machte. Doch der suchte sich sofort den letzten Teil und blätterte die Sportseiten durch.
    »Stehst du auf ’ne bestimmte Mannschaft?«, fragte Spike.
    »Auf die Spurs, weil ich ein Idiot bin. Und du?«
    »Southampton. Aber seit ein paar Jahren nicht mehr so.«
    »Kommst du aus der Ecke?«
    Spike legte den Standard beiseite. »Aus einem beschissenen Kaff am Meer in der Nähe.« Er strich die Falte in der Zeitung glatt, wo er sie zusammengelegt hatte. Und starrte in Thornes Richtung. »Konnte es nicht erwarten, aus dem Dreckskaff wegzukommen, um die Wahrheit zu sagen. Und die konnten es nicht erwarten, mich loszuwerden …«
    Klang ganz danach, als wäre Spike in Schwierigkeiten geraten, bevor er nach

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