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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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einen Platz hinaus, der immer voller wurde, da sich die Rushhour bemerkbar machte. Und dunkler, da es bereits dämmerte. Sie fühlten sich ausgelaugt, während die Passanten auf den Straßen, die ihren Neun- oder Zehnstundentag hinter sich hatten, aufatmeten und sich noch einmal beflügelt fühlten.
    Auf dem Weg an der riesigen Abraham-Lincoln-Statue vorbei deutete Porter zurück zu den Fenstern im dritten Stock der Guildhall. »Sein Büro war furchtbar«, sagte sie. »Haben Sie den Schimmel gesehen? Und die Mausefalle neben dem Aktenschrank? Ich würde verrückt werden, wenn ich den ganzen Tag in so einem Loch arbeiten müsste.«
    Thorne sagte nicht, was er dachte: Sie arbeitete in einem solchen Loch. Sie alle taten das. Verbrachten endlose Stunden in den Häusern fremder Menschen und in beschissenen kleinen Büros. Im Fernsehen zeigten sie die Bullen gerne, wie sie mit ihren Informanten bei Hunderennen an lärmenden Menschentrauben vorbeibummelten, in Markthallen stritten oder einander in den frühen Morgenstunden in leeren Lagerhäusern Zigarettenwolken entgegenbliesen.
    Augenscheinlich ging’s dabei nur um die Atmosphäre …
    Die Wahrheit jedoch war grell ausgeleuchtet und schmutzigweiß. Sie klang wie das Verkehrsbrummen in der Ferne und klebte an den Schuhsohlen. Sie roch nach altem Blut oder frischer Scheiße, und alle Gasometer und Wolkenkratzer der Welt hätten nicht ausgereicht, sie auch nur annähernd packend rüberkommen zu lassen. Nicht dass einem nicht übel geworden wäre oder einem die Haare zu Berge standen von dieser Atmosphäre – in schwülen Wohnzimmern und beschissenen winzigen Büros. Aber das lag, um der Wahrheit die Ehre zu geben, nur selten an einem Gefühl der Bedrohung. Oder Gefahr.
    Die Menschen zu sehen, wie sie schluchzten und wüteten und logen. Wie sie zitterten und versuchten, ihren Kummer zu verbergen.
    Es war so etwas wie eine Mischung aus Peinlichkeit und Verlegenheit.
     
    Als er aus dem Bus stieg, schien er ganz angetan von sich. Als sei die Fahrt nach Hause ein Triumphzug aus gut gesetzten Pointen und aufwühlenden Berichten von sportlichen Großtaten gewesen. Mit Genugtuung stellte Yvonne Kitson fest, dass ein Blick auf die Wartenden genügte, um die Stimmung des jungen Mannes im Nu umschlagen zu lassen. Adrian Farrell in die Pommes zu pinkeln machte sie sehr, sehr glücklich.
    »Einen guten Tag in der Schule gehabt, Adrian?«
    Farrell sah durch sie hindurch. Er schenkte seinen Freunden keine Beachtung, die ihn riefen und winkten und an die Busfenster trommelten, als dieser los- und an ihm vorbeifuhr.
    »Heute Geschichte gehabt? Sie sagten doch, das sei Ihr Lieblingsfach.« Kitson redete im Gehen. Sie ging schnell, um Farrell einzuholen, der im Schatten der großen Laubbäume lief, die im Abstand von fünf Metern entlang des breiten Trottoirs gepflanzt waren. »Schon was vor fürs Wochenende? Natürlich erst, wenn die Hausaufgaben gemacht sind …«
    Farrell verlangsamte seinen Schritt, lief aber noch immer weiter und zog seinen grauen Rucksack etwas höher.
    »Was treiben Sie und Ihre Kumpel so am Samstagabend? Meine Kinder sind noch ein bisschen jünger als Sie, ich hab also wirklich keine Ahnung, was so läuft. Ich weiß nur so viel, dass ich noch alles vor mir habe. Damit meine ich natürlich den Fahrdienst.« Sie war drei, vier Meter hinter ihm. »Pub? Clubs? Oder was anderes?«
    Obwohl sie so liefen, kamen sie relativ langsam an der Reihe freistehender Häuser vorbei, die sehr weit zurückgesetzt von der Straße in großen Gärten standen. Kitson musste schneller gehen, um einem Jeep auszuweichen, der auf dem Trottoir zurückstieß, ohne sich groß umzusehen.
    »Dieser Student, der totgetreten wurde. Erinnern Sie sich, ich hab Ihnen von ihm erzählt?«, fuhr Kitson fort. »Er wurde an einem Samstagabend umgebracht. Am Samstag, dem siebzehnten Oktober letzten Jahres. Ich bin mir sicher, Sie können sich nicht mehr genau daran erinnern, was Sie an dem Abend gemacht haben, aber ich wette, es war ein netter Abend …«
    Farrell blieb nicht abrupt stehen, erst nach ein, zwei langsameren Schritten. Er brummte etwas vor sich hin, hob die Arme und ließ sie hilflos sinken. Er wirkte bemerkenswert kindisch in seiner Frustration und seinem Ärger.
    »Gut«, sagte Kitson und trat zu ihm. »Nicht, dass ich nicht locker hätte mit Ihnen Schritt halten können. Den ganzen Tag hinter drei Kindern her zu rennen hält fit.«
    »Das ist absolut lachhaft«, sagte Farrell. »Ich rede mit

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