Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)
kannst du nur!«, schrie Ingrid. »Sie ist nur ein kleines Mädchen!«
Leonid spürte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte, und sah den Teenager an. »Offensichtlich gefällt es ihr nicht, wenn ihr kleines Mädchen verbrannt wird, also mach mir noch einen schönen heißen Kaffee.«
»Okay!«, rief Ingrid und fuhr sich mit ihren blutigen Händen durchs Haar. »Du hast gewonnen. Ich gebe dir die Bankdaten.«
»Gut«, fand Leonid. »Aber du solltest nicht versuchen, mich hereinzulegen, sonst verbrenne ich sie mit etwas anderem als nur heißem Kaffee.«
Ingrid deutete auf das Wasser, mit dem sie sich die Augen ausgewaschen hatte.
»Gib ihr das.«
Der Teenager nahm die Schüssel und kippte Ning etwas Wasser auf die Verbrennung. Leonid schien das zwar nicht zu gefallen, aber er war mehr daran interessiert, Informationen aus Ingrid herauszubekommen, als den Jungen anzuschreien.
»Ich kenne die Nummern nicht auswendig«, sagte Ingrid. »In meinem Gepäck sind ein Adressbuch und ein Tagebuch. Auf ein paar Konten habe ich über den Computer Zugriff, auf andere nur per Telefon.«
»Kuban hat ihr Tagebuch und ihr Adressbuch schon durchgesehen. Da sind keine Bankangaben drin«, sagte einer der Schläger.
Ingrid schnaubte. »Glaubt ihr, ich schreibe sie so auf, dass jeder Idiot sie lesen kann, wenn ich sie verliere? Sie sind in einem einfachen Code versteckt, den Chaoxiang mir beigebracht hat. Außerdem brauche ich einen Stift und einen Taschenrechner.«
Der Schmerz von den Verbrennungen an ihrem Bauch ließ Ning schluchzen. Leonid befahl dem Teenager, Ingrids Sachen zu holen und einen Ersatzcomputer mitzubringen, damit sie ins Internet konnte.
»Ich kooperiere«, erklärte Ingrid. »Kannst du es Ning nicht wenigstens ein wenig bequemer machen? Nehmt ihr die Handschellen ab und gebt ihr etwas gegen die Verbrennungen!«
»Du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen«, entgegnete Leonid scharf.
»Ich muss mich auf die genauen Zahlen konzentrieren und locker klingen, wenn ich bei den Banken anrufe, um die Überweisungen zu tätigen. Wie soll das gehen, wenn sich meine Tochter vor Schmerzen windet?«
Das leuchtete Leonid ein und er nickte leicht.
»Wir machen es ihr etwas leichter«, erklärte er. »Essen, Toilette, ein paar Kleidungsstücke.«
»Danke«, nickte Ingrid.
»Bring das Mädchen raus«, befahl Leonid dem Schläger mit der blutigen Nase. »Aber nur ins Nebenzimmer. Ich brauche sie hier, falls ihre Mutter irgendwelche komischen Tricks versucht.«
Ning streckte sich, als ihre Handschellen gelöst und die Beinfesseln durchschnitten wurden. Zum ersten Mal seit fast sechs Stunden konnte sie sich frei bewegen, aber ihr tat alles weh. Sie hatte Blasen auf der Haut um ihren Bauchnabel herum, eine gebrochene Zehe, blutige Handgelenke und eine dunkle Schramme am Kinn, wo sie in den Split gefallen war.
Nings neu ernannter Wächter winkte sie zur Tür. Der nächste Raum war als eine Art Pausenraum für das Personal des Clubs eingerichtet. Es gab ein paar Stühle, ein Waschbecken, einen schmierigen Kühlschrank, angeschlagene Becher und wackelige Tische. An einer Seite war eine Toilette und Ning rannte geradewegs darauf zu.
Der Schläger bestand darauf, in der Tür stehen zu bleiben, hatte aber zumindest so viel Anstand, wegzusehen, als Ning pinkelte. Dann stellte sie sich vor den Spiegel und wusch sich rasch. Ihr Kinn und ihr Hals waren blutig.
Mit einem schmutzigen Stück Seife wusch sie sich das meiste Blut aus dem Gesicht und spritzte sich kaltes Wasser auf die Verbrennung. Als sie wieder in den Pausenraum kam, brachte der Teenager gerade Ingrids Gepäck herein. Unter einen Arm hatte er sich einen Laptop geklemmt.
Nings Wächter machte den Kühlschrank auf. Sie hatte erwartet, vergammeltes Brot und halb gegessene Nudelgerichte darin zu sehen, doch zu ihrer Überraschung war er voller Silbertabletts, die wohl für eine Veranstaltung im Tanzclub gedacht waren.
Sie hatte zu große Schmerzen, um Hunger zu verspüren, aber da sie seit dem Picknick im Flugzeug nichts mehr gegessen hatte und nicht wusste, wann sie wieder die Gelegenheit dazu bekommen würde, hielt sie es für das Beste, einen zellophanumwickelten Teller aus dem Stapel zu nehmen und ein paar Bissen Obst und etwas Kartoffelsalat mit fetten Lammstücken darin zu essen. Sie kaute langsam, während ihr Wächter beherzt zulangte.
»Kann ich meine Turnschuhe kriegen?«, fragte Ning.
Er sprach kein Englisch, daher wiederholte sie ihre
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