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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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letzte Schrei verklungen war, der letzte Körper zu Boden fiel und der Tunnel wieder still wurde.
    Ich zählte dreißig Sekunden ab. Kein Laut. Sechzig Sekunden. Eineinhalb Minuten. Zwei. Immer noch blieb alles ruhig. Keine Schritte, keine hörbaren Bewegungen, keine Atemgeräusche. Totenstille.
    Vorsichtig spähte ich um die Ecke und biss mir entsetzt auf die Lippe.
    Die vier Maulwurfsmenschen lagen reglos da, ihre Waffen waren überall verstreut und die Taschenlampe strahlte trübe gegen eine Wand. Mitten in dem Lichtstrahl prangte ein leuchtend roter Fleck, der unter einem der leblosen Körper in den Beton hinabsickerte. Ich sah mich gründlich um, suchte nach einem fünften Schatten, aber im Licht der Lampe waren nur die toten Maulwurfsmenschen erkennbar. Der dunkle Fremde war verschwunden.
    Ganz langsam schob ich mich näher ran. Die Leichen wollte ich lieber nicht anfassen, aber die Taschenlampe war ein wertvoller Fund. Wenn ich den richtigen Tauschpartner dafür auftat, würde sie mich mehrere Tage ernähren können. Vorsichtig an einem blassen, schmutzigen Arm vorbeigreifend, schnappte ich mir die Beute, richtete mich auf und …
    … leuchtete direkt in das Gesicht des Fremden. Der nicht einmal zusammenzuckte. Nicht einmal blinzelte. Hastig wich ich zurück und wäre dabei fast über den Arm gestolpert, dem ich gerade noch ausgewichen war. Ich riss das Messer hoch. Der Fremde blieb reglos stehen, doch seine tiefschwarzen Augen verfolgten meinen hektischen Rückzug. Ich streckte Klinge und Taschenlampe in seine Richtung, stolperte bis zum Rand des Simses und bereitete mich darauf vor, in der Dunkelheit unterzutauchen.
    »Wenn du wegläufst, bist du nach drei Schritten tot.«
    Abrupt hielt ich inne. Mein Puls raste. Ich glaubte ihm. Ohne das Messer loszulassen, drehte ich mich um, starrte über die Leichen hinweg zu ihm hinüber und wartete darauf, dass er seinen nächsten Zug machte.
    Alles war vollkommen klar. Ich wusste, was mir in diesem Tunnel gegenüberstand und mich musterte, so reglos wie eine Statue. Ich war hier unten ganz allein mit einem Vampir. Und es gab niemanden, der mir helfen konnte.
    »Was willst du?« Das klang zittriger als geplant, dafür stellte ich mich breitbeinig hin und funkelte ihn trotzig an. Bloß keine Angst zeigen. Vampire konnten Angst spüren, zumindest behaupteten das alle. Wenn man nachts einem hungrigen Blutsauger über den Weg lief, hatte man nur dann eine Chance, diese Begegnung zu überleben, wenn man nicht wie eine Beute wirkte.
    Natürlich glaubte ich nicht daran. Ein Vampir würde einen immer beißen, ganz egal, ob man Angst vor ihm hatte oder nicht. Aber zumindest wollte ich ihm nicht auch noch diese Genugtuung verschaffen.
    Der Vampir neigte den Kopf. Eine winzige Bewegung, die ich gar nicht bemerkt hätte, wenn der Rest seines Körpers nicht so vollkommen reglos geblieben wäre. »Ich versuche zu entscheiden«, erklärte er mit dieser leisen, gelassenen Stimme, »ob du jemand bist, der einfach nur plündert und die Gespräche anderer belauscht, oder ob du dich aus dem Staub machen wirst, um dem Rest deines Clans zu verraten, dass ich hier bin.«
    »Sehe ich etwa so aus, als wäre ich eine von denen?«
    »Dann … gehörst du wohl zu den Plünderern. Die abwarten, bis ihre Beute tot und verzehrbereit ist, anstatt sie selbst zu töten.«
    Sein Tonfall blieb völlig unverändert. Noch immer klang er gelassen und unbeteiligt, während ich trotz meiner Angst spürte, wie die Wut in mir hochkochte. Zorn, Hass und Abscheu übernahmen das Kommando und verdrängten jede Vernunft. Am liebsten hätte ich mich auf ihn gestürzt. Was bildete sich dieser mordende, seelenlose Blutsauger eigentlich ein, mir Vorträge zu halten? »Tja, so etwas passiert nun mal, wenn man sein Vieh hungern lässt«, fauchte ich und kniff wütend die Augen zusammen. »Dann fällt es übereinander her, wusstest du das etwa nicht?« Ich deutete auf den leblosen Maulwurfsmann zu meinen Füßen und verzog angewidert die Lippen. »Aber ich bin nicht so wie die. Und ganz bestimmt esse ich keine Menschen. Das ist wohl eher euer Ding, schon vergessen?«
    Der Vampir musterte mich stumm, und zwar so lange, bis ich es bereute, ihn verspottet zu haben. Das war von Anfang an eine blöde Idee gewesen. Aber eigentlich war es auch egal. Ich würde bestimmt nicht vor ihm kriechen und betteln, falls er das von mir erwartete. Vampire hatten keine Seelen, kannten weder Emotionen noch Mitgefühl, an das man appellieren

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