Torchwood 2: Wächter der Grenze (German Edition)
überquert.
Der klare Klang von Sirenen erschallt irgendwo weit hinter ihm. Die Schatten auf den hohen Mauern beginnen, sich krabbelnd und scharrend in Bewegung zu setzen. Sie brauchen kaum Zeit, um die Entfernung zu überbrücken. Sie sind schnell wie ein wirbelnder Vogelschwarm, der in pfeilartigen Formationen dahinpeitscht.
Er rennt immer noch und schaut über die Schulter. Sie haben die Brücke erreicht. Sie sind auf der Brücke. Sie eilen auf ihn zu.
Einer springt …
James öffnete die Augen.
„Was zum Teufel war das denn?“, fragte Gwen.
James hatte Schwierigkeiten, zu erkennen, wo er sich befand. Es war nicht sein Schlafzimmer oder seine Wohnung, sondern ein kleiner Raum mit einem einzelnen Bett. Zwei Lampen waren auf eine niedrige Helligkeitsstufe eingestellt und sorgten für eine sanfte Nachtbeleuchtung. Eine Reihe medizinischer Apparate, auf denen einige Anzeigenleuchten flimmerten, füllte die Wand hinter dem Kopfende des Bettes.
Gwen saß neben ihm auf einem Stuhl.
Einer der Behandlungsräume, das war es. Einer der Behandlungsräume in der Basis, die sie nur gelegentlich für Gäste oder Langzeitinvaliden benutzten. Tosh hatte im Anschluss an Operation Goldenrod eine Woche lang in einem davon zugebracht.
Was war er, fragte er sich, Gast oder Invalide?
Er bewegte sich, und die Schmerzen in seiner Schulter und seinem Gesicht verrieten es ihm.
„Mach langsam“, sagte Gwen. „Hast du wieder geträumt?“
„Mmmh“, murmelte er. Sein Mund war trocken.
„Noch ein Traum bei dem Mann, der nicht träumt?“
Er räusperte sich. „Wie wär’s“, sagte er und schluckte, „mit etwas zu trinken? Der Mann, der nicht träumt, hat einen Mund, der lange nicht ausgespült wurde.“
Gwen reichte ihm einen Becher.
„Besser“, sagte er.
„Kannst du dich diesmal an etwas aus deinem Traum erinnern?“, fragte sie und stellte den Becher zurück auf den Nachttisch.
Er atmete tief ein. „Äh… eine Brücke“, sagte er schließlich. „Über einem Fluss.“
„Wo war sie?“
„In meinem Traum.“
„Ha, ha. Ich meine, war es eine real existierende Brücke, oder was?“
„Ich glaube, es war eine real existierende Brücke. Ja, ich bin mir sicher …“ Seine Stimme verstummte, und er schüttelte leicht den Kopf. „Nein, sie kann nicht echt gewesen sein. Sie war zu alt und zu übertrieben lang, um irgendwo zu existieren.“
„Sonst noch was?“
„Ich wurde gejagt, glaube ich.“
„Von was?“
„Den üblichen Albtraummonstern, die man nicht wirklich erkennen kann.“
„Und woher willst du das wissen“, fragte sie. „Wenn du nie träumst?“
„Ich habe oft genug zugehört, wenn Leute über ihre Träume gesprochen haben“, erwiderte James. Er sah zu ihr auf.
„Wie spät ist es?“, fragte er.
„Zwei Uhr morgens.“
„Du solltest im Bett sein. Du brauchst Schlaf.“
„Ich habe gedöst. Ich wollte hierbleiben.“
„Das ist nett. Das brauchst du aber nicht.“
„Vielleicht doch.“
„Ist alles in Ordnung?“, fragte James.
„Oh ja“, antwortete sie. „So in Ordnung, wie alles bei Torchwood normalerweise ist. Eine Sache wäre da aber.“
„Was?“
„Ich habe mich gefragt, ob du mir einen Gefallen tun könntest?“
„Was wäre das?“, fragte er.
„Könntest du in Zukunft versuchen, dich von riesigen Robotern fernzuhalten, die dich umbringen wollen? Das ist nämlich nicht gut für meine Nerven.“
„Okay“, versprach er lächelnd. „Komm her.“
Er umarmte sie, und sie rollte sich neben ihm auf der Kante des schmalen Betts zusammen.
Eine Weile lang lagen sie einfach nur so da. Schließlich, nachdem er ausgiebig darüber nachgedacht hatte, sagte er: „Gwen?“
Aber sie war bereits eingeschlafen.
Shiznay tapste mit ihrem Morgenmantel bekleidet im Dunkeln die Treppe hinunter. Sie war hundemüde, aber der Lärm hielt sie wach. Jemand hatte die Dunstabzugshaube in der Küche angelassen.
Die anderen schliefen in der Wohnung über dem Restaurant. Das Restaurant selbst lag im Dunkeln und wirkte wie ein Wald aus umgedrehten Stuhlbeinen auf den Tischen, der vom bernsteinfarbenen Schein der Straßenlaterne draußen vor dem Fenster beleuchtet wurde.
Es war sehr kalt. Sie spürte einen Luftzug.
Shiznay ging in die Küche. In der kühlen Luft hing ein Hauch von verschiedenen Gewürzen, Zwiebeln und Reinigungsmitteln. Die Edelstahltresen lagen blank und glänzend im Zwielicht. Die Silhouetten der Pfannen hingen von den Deckenleisten herab.
Die Dunstabzugshaube
Weitere Kostenlose Bücher