Tori und die verschwundene Stute
ist nämlich gestern noch was eingefallenâ, fuhr Sina fort. âVielleicht sollten wir Washington mal auf die Spur von Becky ansetzen.â
âWashington?â, fragte Tori. âSprichst du von unserem dusseligen Washington?â
âVersuchen kann man es ja malâ, meinte Juliana. âImmerhin ist er ein Hund.â
âDa wär ich mir nicht so sicherâ, sagte Tori. âAber einen Versuch ist es wert. Wir brauchen eine Geruchsprobe von Becky.â
Im AuÃenstall fanden sie eine alte Pferdedecke, die Sue Becky in kalten Nächten immer übergeworfen hatte. Juliana hielt sie Washington unter die Nase. Der Neufundländer schnupperte eifrig an dem Stoff und rannte dann los, als wüsste er genau, was sie von ihm wollten.
âIch sagâs euch: Der ist gar nicht so blöd, wie wir gedacht habenâ, jubelte Hannah, die inzwischen ebenfalls angekommen war.
Washington stob zielstrebig zum Ausgang, die Nase dicht am Boden. Manchmal hielt er plötzlich inne und schnüffelte angestrengt hier und da, während die Mädchen und Viktor vor Spannung den Atem anhielten. Danach rannte er wieder weiter, wobei er ein erstaunliches Tempo vorlegte.
âMan kommt ja kaum noch nachâ, keuchte Juliana.
Hinter dem Tor bog der Neufundländer nach rechts ab, jagte an der Grundstücksgrenze entlang und schlug dann die nächste StichstraÃe ein.
âEr führt uns zum Bolzplatzâ, rief Tori aufgeregt. âHab ichâs euch nicht gesagt? Ich hab gleich gewusst, dass die Jungen hinter diesem ganzen Mist stecken!â
Washington galoppierte jetzt in vollem Jagdfieber vor ihnen her. Seine Schlappohren wehten und die rosa Zunge hing weit aus seiner Schnauze. Er rannte über den leeren Platz zu dem kleinen Geräteschuppen am hinteren Ende des Grundstücks. Dort blieb er abrupt sitzen, bellte dreimal laut und legte den Kopf schief.
âSoll das heiÃen, dass Becky da drin ist?â, flüsterte Hannah.
Tori schlich auf Zehenspitzen zur Schuppentür und legte ihr Ohr an das Holz. âNichts zu hörenâ, erwiderte sie genauso leise.
âMach auf!â, sagte Sina.
Tori wollte die Schuppentür gerade öffnen, als sich die Klinke wie von Zauberhand nach unten bewegte. Bevor sie die Hand zurückziehen konnte, wurde die Tür aufgerissen.
Vor ihr stand Jonas Spitzer.
âHa!â Tori schrie vor Schreck so laut auf, dass er einen entsetzten Satz zurücksprang.
Washington hüpfte dagegen nach vorn. Er bellte und wedelte gleichzeitig.
Jonas hatte einen FuÃball unter dem Arm. Washington hatte gefunden, was er gesucht hatte.
McHopp!
Washington war stolz. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er sich wirklich nützlich gemacht und einen wichtigen Auftrag erfolgreich zu Ende gebracht. Er konnte nicht verstehen, warum die Mädchen jetzt nicht auÃer sich gerieten vor Begeisterung. Und warum keiner mit ihm FuÃball spielen wollte. Aber so waren die Menschen. Einfach unergründlich.
âWas willst du hier?â, fragte Jonas Tori.
âNichtsâ, entgegnete Tori. âSorry. Ich hab mich vertan.â
Sie musste den Schuppen gar nicht erst durchsuchen. Es war auf den ersten Blick offensichtlich, dass Becky nicht hier war.
Da gab es nichts als ein paar klapprige Holzbänke und die anderen Jungen, die sich jetzt hinter Jonas aufbauten und neugierig die Hälse reckten. Tori erkannte Marten und Nick. Und Kevin aus der Achten. Die anderen beiden kannte sie nicht. Ein groÃer, pickliger Kerl und ein kleiner Dünner, der ihr schon am Vortag aufgefallen war, weil er ständig nervös blinzelte.
âIhr glaubt wirklich, dass wir euren Gaul gestohlen habenâ, stellte Jonas fest. âDeshalb seid ihr doch hier, oder?â
âNein. Ich meine: ja.â Wie immer, wenn Tori verunsichert war, wurde ihre Stimme laut und schrill.
âWas denn nun?â
âDer Hund hat uns hierher geführt. Wir dachten, dass er eine Fährte aufgenommen hätte. Aber in Wirklichkeit wollte er nur â¦â
âWas? Was wollte er?â
âKeine Ahnung, was er wollte. Frag ihn doch selbst.â
Jonas blickte zu Washington, der sofort hoffnungsvoll zu wedeln begann.
âDas Pferd ist also immer noch nicht aufgetaucht?â
âSonst wären wir ja wohl kaum hier.â
âDu brauchst nicht so unfreundlich zu sein. Das Ganze ist doch nicht meine
Weitere Kostenlose Bücher