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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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Dr. Weyrich?«
    Der Mediziner wandte sich dem anderen Stahltisch und den darauf liegenden Körperteilen tierischen Ursprungs zu.
    »Es ist ein Jungtier. Acht bis neun Monate alt. Und es handelt sich um eine Zuchtziege. Die Art ist erst in den neunziger Jahren in der Nähe von Kassel entwickelt worden.«
    »Entwickelt?«, fragte Udo Brenner.
    »Ja. 1995 gab es in Witzenhausen ein Projekt der Universität Kassel. Man wollte eine neue Ziegenrasse für die Landschaftspflege züchten. Dazu kreuzte man erst eine Fleischziege mit einer Milchziege und die darauffolgende Generation mit den extrem robusten Kaschmirziegen. Heraus kam das hier.«
    Die Anwesenden starrten den Ziegenkopf ratlos an. Es war immer das Gleiche, dachte Zollanger. Informationen in tausend Richtungen. Aber keine klaren Anhaltspunkte.
    »Es handelt sich um eine sogenannte Witzenhäuser Landschaftspflegeziege. Hat überwiegend die robusten Gene der Kaschmirziege, aber dennoch ist die Milchleistung gut, und sie kann außerdem noch als Fleischziege genutzt werden.«
    »Also eine Frankensteinziege«, sagte Zollanger.
    »Oder die berühmte eierlegende Wollmilchsau«, legte Brenner nach.
    »Wenn Sie so wollen«, würgte Weyrich die unwissenschaftlichen Kommentare kühl ab.
    »Und wie kommt so ein Vieh nach Berlin?«, fragte Staatsanwalt Frieser.
    »Ganz einfach. Entweder, Sie fahren nach Witzenhausen und kaufen sich eines. Oder Sie gehen hier im Umland auf die Wochenmärkte. Im Internet werden die Tiere auch angeboten. Nicht nur Witzenhäuser. Auch die anderen Rassen, die hier verbreitet sind.«
    »Kostenpunkt?«
    »Achtzig bis hundert Euro. Je nachdem.«
    Zollanger ließ seinen Blick über die beiden Edelstahltische schweifen. Genforschung?, schoss es ihm durch den Kopf. War das eine Richtung, in die sich nachzudenken lohnte? Hatten sie es mit irgendwelchen radikalisierten Globalisierungsgegnern zu tun? Mit militanten Anti-Forschungs-Aktivisten?
Was ihr mit den Tieren macht, das machen wir mit euch.
Als er wieder aufschaute, kreuzte sein Blick den von Sina. Sie zog neugierig die Augenbrauen hoch. Aber er behielt seine Gedanken für sich. Es war viel zu früh für Spekulationen.
    Dr. Weyrich trug die weiteren Untersuchungsergebnisse über den Ziegenkopf vor. Aber nichts davon schien irgendwelche Ermittlungsansätze zu enthalten. Es war eben nur ein Ziegenkopf, wenn auch von einer künstlich erzeugten Rasse.
    »Kommen wir zum nächsten Objekt«, sagte Weyrich und fasste zusammen, was es zu dem menschlichen Arm zu sagen gab, der im Bauchraum des Lamms gefunden worden war. Sehr viel war es nicht. Er stammte zweifelsfrei vom Lichtenberger Torso. Er erleichterte die Eingrenzung der Altersbestimmung. Die Hand war feingliedrig, die Fingernägel gepflegt. Je länger Weyrich sprach, desto deutlicher wurde das Bild, das in den Köpfen der Zuhörenden entstand: eine junge Frau. Mitte bis Ende zwanzig. West- oder Mitteleuropäerin. Etwa einen Meter siebzig groß. Schlank. Frieser sprach als Erster eine klare Vermutung aus.
    »Osteuropäische Prostituierte. Frauenhandel.«
    Keiner widersprach. Aber kaum stand der Gedanke im Raum, schien er wenig überzeugend. Warum sollten Frauenhändler eines ihrer exekutierten Opfer derartig zur Schau stellen? Und warum gleich an zwei verschiedenen Orten? Zollangers Gedanken kreisten noch um diese Frage, als Weyrich bereits über Brandenburgische Schafrassen sprach. Zollangers Überlegungen wandten sich der Möglichkeit zu, dass sie es mit einer Abrechnungstat aus dem Milieu zu tun hatten. Das schockierend Brutale sprach dafür. Die Verhöhnung des Opfers über den Tod hinaus war dem oder den Tätern äußerst wichtig gewesen, so wichtig, dass dafür ein erhebliches Risiko in Kauf genommen worden war. Aber selbst wenn man die Brutalität des Milieus in Rechnung stellte … dieser Torso fügte sich einfach nicht in ein simples Schema.
    »… Bentheimer Landschaf«, hörte er Weyrich sagen. »Stammt ursprünglich aus Niedersachsen.«
    »Wie alt ist das Tier?«
    »Zirka zehn Monate.«
    »Todesursache?«
    »Wir sind nicht sicher. Das Tier wurde ausgeweidet, daher haben wir keine Möglichkeit, die Organe zu untersuchen. Es kann an einer Krankheit gestorben sein. Oder es wurde vergiftet. Spuren von stumpfer oder scharfer Gewalt konnten wir nicht feststellen. Allerdings haben wir Punktblutungen in den Augenbindehäuten gefunden. Das spricht für Ersticken.«
    »Ersticken«, wiederholte Udo Brenner tonlos. »Ein Schaf?«
    »Ja«, antwortete

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