Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
eine Bestätigung von mir. Ich gab sie ihnen und erklärte, dass jedes Mal, wenn in den USA eine Hinrichtung stattfindet, die Reaktion bei uns so stark ist, dass in unseren nationalen Zeitungen oft mehr als nur eine Seite davon gefüllt wird.
Suzanne war erstaunt darüber, aber auch positiv beeindruckt. Stolz sagte sie: »Bruce beschäftigt sich damit, zum Tode Verurteilte zu verteidigen.«
Nun war ich beeindruckt. Bruce erzählte mir, dass aus seiner Arbeit in der letzten Zeit eine Art Kampf geworden sei. Sogar wenn er von der Schuld des Gefangenen überzeugt sei, versuche er, die Todesstrafe abzuwenden, selbst wenn er dazu tausende von Kilometern reisen und alle Auslagen aus eigener Tasche bezahlen müsse. »Dario«, sagte er kopfschüttelnd, »wenn Sie heute eine beliebige amerikanische Zeitung kaufen, werden Sie darin nicht den geringsten Artikel über diese Hinrichtung finden. Sie sind den Medien einerlei, weil auch das Publikum sich leider nicht dafür interessiert.«
Er erzählte mir nichts Neues. Ich beschrieb den Hanleys die enge Verbindung zwischen Italien und den USA, eine Verbindung, die dem Durchschnittsamerikaner im Allgemeinen unbekannt ist. »Alles, was in den USA geschieht, macht in Europa Schlagzeilen, weil ihr die Standards aufstellt, die wir später einmal befolgen werden. Seit dem Krieg habt ihr uns in allem beeinflusst, von den Kleidern über die Musik bis hin zu der Art und Weise, wie wir über uns selbst denken. Wenn wir das Fernsehen einschalten, öffnen wir praktisch ein Fenster mit Blick auf Amerika. Wir sehen eure Filme, Fernsehserien, Seifenopern und natürlich die Nachrichten von CNN. Eure Filmstars sind ein Teil unserer Popkultur. Eure Sportgrößen sind auch unsere Helden. Die Skandale eurer Präsidenten füllen auch bei uns die ersten Seiten der Klatschblätter.«
Suzanne schaute mich belustigt und zweifelnd an. »Also, bitte, Dario – es sieht ja so aus, als ob ihr hören würdet, wenn bei uns eine Fliege hustet.«
»Genau so ist es!«, sagte ich. »Und weil wir die USA als eine Art großen Bruder betrachten, machen uns viele der für euch alltäglichen Dinge Angst, beispielsweise der freien Waffenverkauf und die Todesstrafe.«
In der Hitze unserer Unterhaltung hatten wir unser ausgezeichnetes Essen vergessen. »Jede Nachricht von einer Hinrichtung in den USA«, fuhr ich fort, »stößt in unseren Massenmedien auf ein so starkes Echo, dass ich meine Kunden oft um weitere Auskünfte darüber bitte. Und immer erstaunt und erschreckt mich ihre Redaktion. Die meisten wissen gar nichts, nicht einmal über die jüngsten Hinrichtungen, während andere die Todesstrafe als etwas so Normales betrachten, dass es sie wundert, dass wir sie hier nicht auch haben. Ich sehe mich genötigt, ihnen zu erklären, dass die einzige westliche Demokratie, in der noch die Todesstrafe praktiziert wird, die Vereinigten Staaten sind!«
Bruce nickte. »Das ist das Problem; für viele Amerikaner hat es die Todesstrafe immer gegeben – sie ist ganz einfach ein Teil ihres Alltagslebens. Während der Rest der Welt nicht verstehen kann, dass Amerika, ein Vorbild für die Freiheit, noch heute eine Strafe anwendet, die Tyrannen und Diktatoren gebrauchten …«
»… jene Staaten eingeschlossen, die Amerika wegen Menschenrechtsverletzungen anklagt,« fügte ich hinzu. Der Kellner räumte unsere Teller ab. Ich hatte aufgegessen, ohne es zu merken!
»Für einen Europäer«, fuhr ich fort, »ist es wirklich schwierig, die Ideale der Demokratie mit der Verwendung der Todesstrafe in Einklang zu bringen. Wir haben Angst, dass die Todesstrafe andere, wichtigere Einrichtungen beeinflussen und die gesamte Gesellschaftsstruktur beeinträchtigen könnte.«
Eine neue Flasche Wein stand auf dem Tisch. Wann war sie uns gebracht worden?
»Genau darum kämpfe ich jeden Tag!«, sagte Bruce. »Aber wie kann ich ernsthaft mit Leuten diskutieren, die auf alten Grundsätzen beharren, wie beispielsweise ›Auge um Auge, Zahn um Zahn!‹? Gerade weil die Menschen in Amerika vom Verbrechen umgeben sind, sind die meisten davon überzeugt, dass die Todesstrafe das einzig wirksame Abschreckungsmittel ist!«
Ich füllte unsere Gläser nach und dachte daran, wie ängstlich viele meiner amerikanischen Kunden werden, wenn ich sie nachts durch die engen, dunklen Gässchen von Siena begleite – trotz meiner wiederholten Beteuerung, wir seien absolut sicher. Bestimmt sind wir hier in dieser Hinsicht im Vorteil. Außerhalb der großen
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