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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Lyons
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Hals aufstieg. Der Arm auf der Toilettenschüssel war eingeschlafen. Sie ließ ihn zu Boden gleiten. Allein diese kleine Bewegung setzte eine Schmerzexplosion frei, als hätte sie eine Handgranate gezündet.
    Die Migränemittel befanden sich im Medizinschränkchen über dem Waschbecken. Unendlich weit entfernt. Daneben stand das Phenergan, das ihr der Arzt gegen die Übelkeit verschrieben hatte. Auch dafür war es zu spät.
    Ihr Arsenal. Unerreichbar und deshalb im Moment auch keine Hilfe.
    Ihr verzweifelter Schrei hallte von den Kachelwänden wider, zerrte an ihrem Verstand. Millimeterweise tastete sie mit der Hand auf dem Boden nach vorn. Die Augen fest geschlossen, um den Schmerz einzudämmen und das Bild zu verdrängen, wie sie den Abzug ihrer Dienstwaffe drückte und die Kugel in Zeitlupe auf ihren Kopf zutrudelte.
    Auch nicht die stärkste Migräne würde einen Schuss von vierzig Kalibern aus voller Nähe überleben, dachte sie mit grimmiger Befriedigung. Diesen letzte Triumph über ihren Gegner konnte ihr niemand nehmen. Ganz die Tochter ihres Vaters.
    Warum eigentlich nicht? Die Ärzte hatten ihr schließlich gesagt, was eine Verschlimmerung der Schmerzen bedeuten würde. In seltenen Fällen zeigten sie eine Heilung an, eine Art letztes Aufflackern. Häufiger jedoch war die Ursache wucherndes Narbengewebe, bedeutete der Schmerz eine weitere Zerstörung ihres Gehirns, die nicht mehr rückgängig zu machen war. Dann konnte es nur noch schlimmer werden. Wenn ein Blutgefäß betroffen war und platzte, könnte sie sterben.
    Nein. Sie würde nicht aufgeben. Das waren nur Kopfschmerzen. Kein Grund, voreilige Schlüsse zu ziehen. Ein weiterer erstickter Schrei bahnte sich seinen Weg durch ihre zusammengebissenen Zähne, als ihre Finger endlich ertasteten, wonach sie gesucht hatte.
    Nicht die Glock. Die steckte in ihrer Handtasche im Wohnzimmer, glücklicherweise unerreichbar. Stattdessen schlang Caitlyn die Finger um den noch leicht feuchten Waschlappen, den sie heute Morgen auf dem Badewannenrand abgelegt hatte. Begierig zog sie ihn heran, wischte sich das Gesicht ab, sog den Lavendelduft ein – alles war besser als dieser beißende Gestank ihres Erbrochenen.
    Einen kurzen Moment lang wich der Schmerz zurück, schlug dann aber wieder umso heftiger zu. Caitlyn stopfte sich den Lappen zwischen die Zähne und biss hinein, während sie laut aufschrie.
    Sie war hilflos, vollkommen ausgeliefert, hatte einzig ihren zähen Willen, um sich dem Schmerz entgegenzustellen.
    Denk nach, reiß dich zusammen, konzentrier dich! Dränge ihn zurück!
    Das Gesicht einer Frau erschien vor Caitlyns geistigem Auge. Sarah Durandt blickte ihr mit empörtem ungläubigem Ausdruck entgegen. Skeptisch, voller Wut, weil niemand nach ihrem verlorenen Jungen und ihrem Ehemann suchte, schließlich schmerzverzerrt und schluchzend, als man ihr den Beweis zeigte, dass Wright sich ihren Sohn geholt und ihren Mann ermordet hatte. Sarah Durandt hatte damals geschwankt, der dortige Polizeichef hatte sie stützen müssen, doch sie war nicht zusammengebrochen.
    Stattdessen hatte sie den Kopf gehoben, Caitlyn wütend angestarrt und gesagt: »Finden Sie meinen Sohn! Sie müssen Josh und Sam finden. Ich werde nicht zulassen, dass dieses Ungeheuer die beiden für sich behält. Was Sie auch tun müssen, finden Sie sie!«
    Damals hatte Caitlyn die Mutter für ihre Kraft bewundert, doch gleichzeitig hatte Sarah ihr auch leidgetan. Oft genug hatte sie das Leid der Angehörigen nach einer Gewalttat erlebt, denen häufig auch das eigene Leben geraubt wurde.
    Sarahs Worte hatten damals auch nicht ihr gegolten, obwohl sie direkt an Caitlyn gerichtet gewesen waren. Sarah hatte sich selbst gemeint. Caitlyn hätte ohnehin nicht mehr viel für die Frau tun können. Ihre Arbeit bestand darin, einen Mörder zu fassen, ehe er wieder zuschlug, und nicht Leichen aufzuspüren. Jedenfalls hatten die Umstände sie schon bald von Snakehead Mountain und der Stadt Hopewell weggerissen, und damit auch von Sarah Durandts Tragödie, die damals Schlagzeilen gemacht hatte.
    Jetzt führten sie Caitlyn seltsamerweise wieder dorthin zurück.
    Die Migräne ließ ein wenig nach. Sie konzentrierte sich auf die neuen Puzzleteile, die ihr Clemens heute überbracht hatte. Ein verschwundener U. S. Marshal, ein vermisster Mann mit seinem ebenfalls vermissten Sohn, jede Menge Blut von beiden Männern am Tatort. Zu welchem Bild fügte sich all das zusammen?
    Um die Antwort darauf zu finden, war sie

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