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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Nanny Ogg immer angenommen, Weiß sei Weiß. Jetzt wußte sie es besser. Das Weiß von Lily Wetterwachs’ Kleid schien zu strahlen – in der Dunkelheit hättees vermutlich geglüht. Es bewies Stil. Es hatte Rüschen an den Ärmeln und war mit Spitzen besetzt.
    Und Lily Wetterwachs sah jünger aus – das mußte Nanny Ogg zugeben. Sie hatte Statur und Teint von Oma Wetterwachs, aber bei ihr wirkte beides weniger … abgenutzt.
    Wenn das Böse solche Konsequenzen hat …, dachte Nanny. Schon vor Jahren hätte ich ein wenig davon gebrauchen können. Der Sünden Sohn ist der Tod, doch früher oder später wird auch die Tugend auf diese Weise bezahlt. Aber wenigstens hat das Böse am Freitag früh Feierabend.
    Bei den Augen gab es keine Unterschiede. Irgendwo in der Wetterwachs-Genetik mußte sich ein Stück Saphir verbergen. Vielleicht sogar seit Generationen.
    Der Herzog war unglaublich attraktiv. Was kaum überraschen konnte. Er trug Schwarz, das galt auch für seine Augen.
    Nanny faßte sich, pflügte mit den Ellenbogen durch die Menge und blieb neben Oma Wetterwachs stehen.
    »Esme?«
    Sie griff nach Omas Arm.
    »Esme?« »Hm?« Nanny beobachtete, wie sich die Masse der Gäste einem Meer gleich teilte. Die Schneise reichte von der Treppe bis zum Sofa am anderen Ende des Ballsaals.
    Omas Fingerknöchel waren so weiß wie ihr Kleid.
    »Esme?« fragte Nanny Ogg. »Was passiert jetzt? Was machst du?«
    »Ich versuche, die … Geschichte … aufzuhalten«, erwiderte Oma Wetterwachs.
    »Und was stellt sie an?«
    »Sie … läßt … alles … geschehen.«
    Die Leute wichen noch weiter zurück und schufen einen Korridor, ohne sich dessen bewußt zu sein. Es geschah einfach.
    Der Prinz schritt langsam durch die Gasse. Hinter Lily schwebten vage Bilder in der Luft, als folgte ihr eine Prozession aus Geistern.
    Magrat stand auf.
    Nanny bemerkte einen regenbogenartigen Glanz in der Luft. Irgendwo schienen Rotkehlchen und Drosseln zu zwitschern.
    Der Prinz nahm Magrats Hand.
    Nanny Ogg sah zu Lily Wetterwachs, die noch immer auf der Treppe stand und wohlwollend lächelte.
    Dann versuchte sie, die Zukunft in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit zu rücken.
    Es war schrecklich einfach.
    Normalerweise hat der Weg in die Zukunft zahllose Abzweigungen, die zusammen ein überaus komplexes Labyrinth bilden. Deshalb können selbst hellseherisch begabte Personen wie zum Beispiel Hexen sich nur vage Vorstellungen von zukünftigen Ereignissen machen. Doch hier wanden sich Geschichten um den Baum der Ereignisse, gaben ihm eine neue Form.
    Oma Wetterwachs hätte ein Muster der Quanten-Unvermeidlichkeit selbst dann nicht erkannt, wenn es ihr auf einem Tablett serviert worden wäre. Die Worte »Paradigmen der Raum-Zeit« blieben ohne Bedeutung für sie. Das darf nicht mit Dummheit verwechselt werden. Es bedeutet nur, daß Oma Wetterwachs mit unsinnig klingenden Fachausdrücken nichts anfangen konnte. Sie wußte, daß es in der menschlichen Geschichte kontinuierliche Entwicklungen gab, vergleichbar mit dreidimensionalen Klischees – Geschichten.
    »Wir gehören jetzt dazu«, sagte Oma. »Und ich kann nichts daran ändern! Irgendwo muß es eine Stelle geben, an der man die Geschichte maßgeblich beeinflussen kann, aber ich finde sie nicht!«
    Die Kapelle spielte wieder. Walzermelodien erklangen.
    Magrat und der Prinz glitten allein über die Tanzfläche. Nach einer Weile wagten es einige Paare, sich ihnen hinzuzugesellen. Bald wirkte der Ball wie ein Mechanismus, den man gerade aufgezogen hatte. Es wurde wieder getanzt, und die Konversation ging weiter.
    »Bitte stell mich deiner Freundin vor«, ertönte Casanundas Stimme neben Nannys Ellenbogen. Leute strebten an ihnen vorbei zur Tanzfläche.
    »Es wird alles geschehen«, sagte Oma Wetterwachs und schenkte dem Zwerg überhaupt keine Beachtung. »Alles. Der Kuß, die Mitternacht schlagende Uhr … Ich sehe schon, wie Magrat hinausläuft und dabei einen gläsernen Schuh verliert.«
    »Der Kuß?« wiederholte Nanny und stützte sich auf den Kopf ihres Begleiters. »Bäh. Da könnte ich ja gleich eine Kröte ablecken.«
    »Sie scheint genau mein Typ zu sein«, fügte Casanunda hinzu. Seine Stimme klang nun etwas gedämpft. »Ich habe mich immer zu dominanten Frauen hingezogen gefühlt.«
    Die beiden Hexen sahen zum Paar. Magrat und der Prinz starrten sich weiterhin an.
    »Ich könnte sie stolpern lassen und zu Fall bringen«, sagte Nanny.
    »Kein Problem.«
    »Nein. So etwas sieht die Geschichte nicht

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