Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)
Mutter mit Krebs im Endstadium im Krankenhaus Saint-Joseph lag, man brauchte die Falle nur noch zuschnappen zu lassen. Viviane rief Lieutenant Juarez und die Brigadiers Escoubet und Gamoudi zu sich, um sie zu briefen.
Aber Escoubet, der alte Knurrhahn, murrte: » Einen Gangster einlochen, der seine todkranke Mutter besuchen kommt, das passt mir nicht, Commissaire. Können Sie nicht jemand anderen bitten?«
Lieutenant Juarez war seinerseits sehr kühl geblieben. Er sah Viviane verächtlich an. » Ohne mich, Commissaire. Und ich nehme die Konsequenzen der Entscheidung in Kauf.« Er verweigerte ihre Anordnung und wusste genau, was das für seine Personalakte bedeutete, aber er sprach mit Viviane, als würde er ihr helfen wollen, ihr Gesicht nicht zu verlieren: » Finden Sie eine andere Lösung. So ein Plan ist ein Desaster für das Image der Kripo und der Polizei im Allgemeinen. Ich sage das um Ihretwillen.«
Gamoudi nickte traurig und sprang auf, als es aus Viviane herausbrach: » Image? Wer verlangt denn von uns ein Image? Wir sind hier nicht in der Werbung! Oder in irgendwelchen Medien! Ihr haltet euch wohl für Pressefuzzis!«
Die drei seufzten, als würden sie einem alten Kämpfer zuhören, der von einer längst verlorenen Partie schwafelte. Sie jagte sie aus ihrem Büro, nur Gamoudi blieb noch kurz stehen. » Das ist nicht gut, Commissaire. Ich wil l ni cht Nein sagen, aber das wird uns kein Glück bringen.«
Mit hängenden Schultern ging er hinaus. Viviane nahm sich zehn Minuten, um in Ruhe darüber nachzudenken– natürlich rannte sie währenddessen nur hin und her, bis sie schließlich ins Großraumbüro stürzte. Alle hatten den bösen Blick von Männern, die sich untereinander abgesprochen hatten.
Sie sprach, wie Kommissar Navarro es im Fernsehen immer tat. Sie erwähnte die Wichtigkeit und die Umstände dieser Festnahme– völlig unnötig, denn alle waren informiert– und fragte mit einer schönen Mischung aus Gefühlen und Autorität nach mindestens zwei Freiwilligen für den nächsten Morgen. Sie war weniger überzeugend als Navarro: Niemand meldete sich.
Bevor sie wieder in ihre Höhle ging, warf sie Monot einen letzten, flehenden Blick zu, der seinem kurz begegnete. Das genügte, er hatte ihren Hilferuf erhalten. » Na gut, ich bin der Jüngste, also bin ich wohl dran.« Er stand auf, um Viviane zu folgen; kurz bevor er zu ihr hineinging, rief er: » Du wirst mich doch mit der Dame nicht alleine lassen, Gamoudi.«
Gamoudi stand ebenfalls auf. » O.k., aber ich sag’s Ihnen, das wird uns kein Glück bringen.«
Sie briefte die beiden für den nächsten Morgen: Treffen vor dem Eingangstor, bevor andere Besucher kamen.
Der Rest des Tages verlief in einem eisigen Klima geprägt von Zerwürfnis.
Freitag, 1 . Februar
Hinter großen schwarzen Brillengläsern versteckt kam Viviane pünktlich vor dem Krankenhaus an, ebenso Monot. Gamoudi sollte auch bald kommen, kam aber nicht.
Schließlich meldete er sich: » Ich hab heute kein Glück, Commissaire. Mein Škoda hat eine Panne, ein Loch in der Ölwanne, ich stehe bei Thiais. Ich lasse den Wagen hier stehen, um ihn am Wochenende reparieren zu lassen. Tut mir leid, aber ich hatte es ja gesagt, das bringt uns kein Glück…«
Gamoudis Škoda war eine Legende bei der Kripo: Jedes Mal, wenn der Wagen gebraucht wurde, hatte er eine Panne. Gamoudi hatte schon so viel in Ersatzteile investiert, dass es für zwei neue Autos gereicht hätte, aber er hing daran wie an einem alten Hund und konnte sich nicht entschließen, ihn im Stich zu lassen. Dafür ließ er jetzt seine Kommissarin im Stich.
Sie legte auf, genervt. Es blieb ihr nur übrig, Monot zu erklären, wie sie zu zweit erledigen würden, was für drei geplant war.
Er hörte zu, aufmerksam, verängstigt. » Und wenn der Typ nicht tut, was er soll, Commissaire?«
» Wenn er nicht tut, was er soll, wird er an seine Tasche greifen und schießen, dann müssen Sie zuerst schießen. Ich will nicht sagen schießen, um zu töten, aber schießen Sie ihm in den Arm, ins Bein. Ich werde bezeugen, dass es Notwehr war. War, sein würde, ist ja das Gleiche, nur in der Zukunft.«
Monot schien die Argumentation nicht zu überzeugen, aber es war keine Zeit mehr zum Diskutieren. Tolosa tauchte mit einem Komplizen auf. Der Ganove ging so langsam und schwerfällig, als handelte es sich um den Gang auf den Friedhof; er konnte einem fast leidtun, aber dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Viviane und Monot
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